Aktuelle Schlaglichter des Schaden- und Leistungsmanagements

Wennin den Topf also weniger hineinkommt, kann man daraus auch weniger auszahlen.Und so suchen die Versicherer nach unterschiedlichen Möglichkeiten, dasSchaden- und Leistungsmanagement effizienter zu gestalten, auf die im Folgendenausführlicher eingegangen wird. Dazu kommen Sondereffekte, wie die Umsetzungder VVG-Reform, die Folgen der Finanzmarktkrise oder aber auch die zunehmendenSchäden aufgrund von Piraterie in der Transportversicherung.

VVG-Reform: Herausforderungen bei der Umsetzung des quotalenLeistungskürzungsrechts

DasInkrafttreten der VVG-Reform im vergangenen Jahr, respektive der Wegfall des "Alles oder NichtsPrinzips", wird voraussichtlich zu einer erhöhten Schadenreservierungbei den Versicherern führen. Der Grund dafür liegt in der quotalenLeistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei grober Fahrlässigkeit seitens des Versicherungsnehmers. DiesesThema beschäftigt im Moment die Schadenabteilungen aller Sachversicherer ammeisten, denn bislang mangelt es an Erfahrungen und entsprechenden klarenVorgaben, wie das neue Recht in der täglichen Arbeit der Schadenregulierung umgesetztwerden soll. Nebenbei erwähnt besteht womöglich ein Vorteil für alleVersicherungsunternehmen, die bereits vor dem 01. Januar 2008 grobeFahrlässigkeit in die Versicherungspolice aufgenommen und dies entsprechend indie Preiskalkulation des Versicherungsproduktes einbezogen hatten.

Schadenbearbeitung und Kundenzufriedenheit - direkte Abhängigkeitenerneut bestätigt

Die Kundenzufriedenheit bei derSchadenabwicklung stand im vergangenen Jahr erneut im Fokus einiger Studien.Diese belegen, dass die Unternehmen zwar erkennen, dass eine oberflächliche undunpersönliche Schadenregulierung zu Kundenverlusten führt, bei derkundenorientierten Schadenregulierungjedoch nach wie vor ein hohes Verbesserungspotenzialauf Seiten der Versicherer besteht. So waren, laut Umfrage des Automobilclubsvon Deutschland (AvD), nur rund 20 Prozent der Kunden zufrieden mit der Schadenbearbeitungim Kfz-Bereich.

DieOptimierung der internen Prozesse der Schadenbearbeitung steht als Dauerthemanach wie vor auf der Agenda zahlreicher Versicherungsunternehmen. WesentlicheStoßrichtungen sind hier die Zusammenarbeit mit externen Partnern (Stichwort ‚Schadennetzwerke’) sowie das Anbietenvon zusätzlichen Serviceangeboten (sogenannte Assistance-Leistungen). Vor allem Lebensversicherer sind Vorreiterbeim Outsourcing von Teilbereichen der Leistungsbearbeitung und -abwicklung.Vorteile sind, dass einerseits Fixkosten vermieden werden und Dienstleisterandererseits professioneller und damit auch wirtschaftlicher arbeiten.

Aspekte des Schadenmanagements in ausgewählten Versicherungszweigen

Inder jüngsten Vergangenheit stellten die neuen Dimensionen der Piraterie und die damit verbundenenhohen Schadenzahlungen die Schadenabteilungen der Transportversicherer vor große Herausforderungen. Um diese zubewältigen, werden die Versicherer gegenüber den Reedern in Zukunft nicht mehrnur als Leistungserbringer im Schadenfall auftreten, sondern auch gemeinsam mitden Schiffsbesatzungen präventive Schutzmaßnahmen erarbeiten.

AmBeispiel der Elementarschadenrisikenzeigt sich, dass nur durch die Kooperation der Versicherungswirtschaft, desStaates und der Versicherungsnehmer eine risikogerechte Deckung dieser Risikenmöglich ist. Großes Potenzial sehen die Schadenversicherer auch in derZusammenarbeit mit Wettergutachtern, die es ermöglicht, exakte Analysen undAussagen bspw. von Sturm- oder Hagelschäden zu treffen. Infolgedessen könnenVersicherer die Glaubhaftigkeit der Schadenforderung untersuchen und gegebenenfallsVersicherungsbetrug aufdecken.

Einsparpotenziale durch Betrugserkennung und -abwehr

ImZusammenhang mit der Betrugsermittlung und -erkennung zeigt sich im Vergleichdeutscher und angelsächsischer Versicherer, dass im zuletzt genannten MarktVersicherungsbetrug resoluter und stringenter bekämpft wird. Dabei stehen derSchutz der ehrlichen Kunden und deren vermeidbare zusätzliche Belastung durchbetrügerische Schadenmeldungen im Vordergrund.

Sohat beispielsweise die Association of British Insurers, eine Institution, diemit dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) verglichenwerden kann, bereits 2007 einschneidende Maßnahmen zur Reduzierung desVersicherungsbetrugs gefordert, da dadurch 2006 jeder Haushalt jährlich mit 650Pfund belastet wurde. In diesem Zusammenhang wurden unter anderem Richtlinien zur Zusammenarbeit mit Privatdetektiven erarbeitet, auf derenGrundlage die Aufdeckung von Betrugsfällen verbessert werden soll, ohne dabeidie Privatsphäre des Versicherungsnehmers zu verletzen.

Indeutschen Versicherungsunternehmen gilt es zukünftig, die Betrugsabwehr nicht ausschließlich auf professionelle Betrüger zukonzentrieren, da auf diesem Gebiet aufgrund der fortgeschrittenenBetrugsbearbeitung kaum noch Optimierungspotenziale bestehen. Aufgabe derVersicherer ist es, insbesondere dem gelegentlichen Betrug durch Versicherungsnehmer("Betrug durch Amateure")und dem Betrug durch Mitarbeiter des Innen- und Außendienstes entgegenzuwirken.Eine bedeutende Rolle spielen dabei die neuen technischen Möglichkeiten, dieden Versicherungsunternehmen die Chance einer zunehmenden Automatisierung der Betrugserkennung sowie -verarbeitung und somitauch einer verbesserten Kosten-Nutzen-Relationen bieten. Mit Hilfe entsprechenderSoftwareprodukte kann Expertenwissen automatisiert und dadurch auffälligeSchadenmeldungen, so genannte Dubiosfälle, identifiziert werden. Ausgangspunktaller Veränderungen sollte eine strategische Neubewertung desBetrugsmanagements und die Einbindung in die Unternehmensphilosophie sein.

DerNutzen einer verbesserten Betrugserkennung spiegelt sich neben reduzierten Schadenbelastungenfür das Unternehmen, der Abschreckung professioneller Betrüger und derVermeidung von Wiederholungstaten, auch in dem Imagegewinn für den Versichererdurch den Schutz der ehrlichen Versicherungsnehmer wider.

Aktives Personenschadenmanagement mit Reha-Dienstleistern

NachAngaben des Statistischen Bundesamtes ist 2008 die Zahl der (polizeilicherfassten) Verkehrsunfälle mit Personenschäden im Vergleich zum Vorjahr um 4,8Prozent auf 319.813 Fälle gesunken. Die Zahl der Verletzten ist sogar um 5,5Prozent zurückgegangen und beträgt 407.859 Fälle. Erfahrungen zeigen jedoch,dass die Zahl der Verkehrstoten (2008 minus 9,7 Prozent) zu Lasten der Zahl derSchwer- und Schwerstverletzten sinkt.

Damiteinhergehend steigen die Kosten der Versicherer, insbesondere für Nachsorge und Rehabilitation derSchwerstverletzten. Expertenmeinungen sprechen von bis zu 150.000 Euro proEinzelfall, die bei einem "schweren Personenschaden" auflaufen. Nebenden rein körperlichen Verletzungen spielen psychischeStörungen nach Verkehrsunfällen (betrifft circa ein Drittel der Opfer) eineimmer größere Rolle, werden jedoch immer noch oft unterschätzt. Immer mehrKfz-Haftpflichtversicherer stellen sich auf diese Herausforderungen ein undbieten dem Geschädigten auf freiwilliger Basis ein umfangreiches Personenschadenmanagement an.

Dazuarbeiten die meisten Versicherer mit speziellen Rehabilitationsdienstleistern zusammen. Im ersten Schritt ist dasZiel des Personenschadenmanagements, die medizinische Versorgung, Behandlungund den Heilungsverlauf zu steuern und damit zu optimieren. Daran schließt sichdie berufliche und gesellschaftliche Reintegration des Unfallverletzten an, umdamit einen möglichst positiven weiteren Lebensweg zu eröffnen.

Den Interessenkonflikt - einerseits dieHöhe der Schadenssumme zu begrenzen, andererseits großzügige Hilfen anzubieten- umgehen Versicherer, indem sie mit den Reha-Managern strikt neutraleDienstleister einschalten. Wichtigster Aspekt für ein erfolgreiches Reha-Managementist das Vertrauen des Geschädigten.Daher dürfen die vom Rehabilitationsdienst erhobenen Daten nur zum Zweck derRehabilitation weitergegeben werden. Der beauftragte Rehabilitationsdienst mussvom Versicherer personell und organisatorischunabhängig und in der Bearbeitung weisungsfreisein.

DieVorteile für den Versicherer liegen klar auf der Hand: Durch die frühzeitigeund gezielte Steuerung der Versorgung ergeben sich durchaus Einsparpotenziale,die im Durchschnitt zwischen zehn und 15 Prozent liegen. Im Idealfall ergibtsich jedoch eine Win-win-Situation: Der Versicherer vermeidet Kosten, und derGeschädigte bekommt gleichzeitig eine optimale Rehabilitation. Nicht zuunterschätzen ist, dass das Reha-Management inzwischen zu einem wichtigenImagefaktor geworden ist.

DieserText ist ein Auszug aus dem gleichnamigen aktuellen Themendossier der VersicherungsforenLeipzig, welches unter folgendem Link zum Download zur Verfügung steht:

http://www.versicherungsforen.net/fs/vfl/media/themen/versicherungsforenthemendossiers/200 9_3/2009nr05mr1_schadenmanagement.pdf
 

Kathleen Joost

VersicherungsforenLeipzig

joost@versicherungsforen.net

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