Allianz von Silikon-Skandal betroffen

Es geht um Implantate, die mit Kochsalz gefüllt waren. Zum Einsatz kam statt des genehmigten spezifischen Silikongels das billigere Industriesilikon, das unter anderem als Dichtungsmasse in der Baubranche verwendet wird.  Hersteller war „Poly Implant Prothèse“ (PIP) aus Frankreich. Die „gepanschten“ Implantate reißen mitunter auf. Erste Krebsfälle stehen damit in Zusammenhang. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sind in Deutschland bislang 25 Fälle von beschädigten PIP-Implantaten bekannt.

Das Unternehmen meldete Insolvenz an, nachdem die französische Agentur für die Sicherheit von Gesundheitsprodukten  im März 2010 Vertrieb, Export und weitere Verwendung von Brustimplantaten mit Silikongel von PIP untersagt hatte. Inzwischen erreicht der Skandal auch deutsche Firmen. So hatte der Chemiefabrikant Brenntag (Mülheim) das Silikonöl zugeliefert. Und die französische Niederlassung der Allianz-Versicherung hatte die Geschäfts-Haftpflichtversicherung von PIP seit 2005 inne. Dazu sei sie vom staatlichen Bureau Central de Tarification (BCT) als Zwangsversicherer zugewiesen worden, berichtet die Financial Times Deutschland (FTD). Auf dem französischen Markt hatte sich zuvor kein Anbieter zur freiwilligen Deckung gefunden.

„In Frankreich ist es in diesem Fall vorgesehen, dass Versicherer vom BCT verpflichtet werden, medizinische Haftpflichtrisiken zu schreiben, die sonst keine Versicherungslösung gefunden haben“, bestätigte auf Nachfrage von „dvb-aktuell“ eine Sprecherin der Allianz France. Im Jahr 2005 hatte das BCT der Allianz demnach auferlegt, Haftpflichtrisiken von PIP zu versichern. Allerdings wolle die Allianz nicht für die Opfer aufkommen, weil PIP nicht die technischen EU-Anforderungen erfüllt habe und somit Betrug vorliegt. Und dies sei stets Vorsatz, bei dem die Haftpflichtversicherung nicht einspringt. Die Allianz ihrerseits hatte bereits im Juli 2010 den Insolvenzverwalter von PIP verklagt, weil er „vorsätzlich falsche Aussagen gemacht hat“. Wie zu hören ist, soll es dazu am 2. Februar 2012 die erste Anhörung geben.

Aus Sicht der Opfer ist die Lage fatal. Sammelklagen bei Material- oder Produkthaftungsfällen sind in Deutschland nicht möglich. Auch in Frankreich dürfte auf diesem Weg nichts zu holen sein, da PIP insolvent ist. Weil Besitzer Jean-Claude Mas, nach dem Interpol fahndet, offenbar mit großer krimineller Energie vorgegangen war, kann man Vorsatz unterstellen. Bei Vorsatz muss der Haftpflichtversicherer eigentlich nicht zahlen.

In der Kritik steht auch der TÜV Rheinland, der offenbar keine Produktprüfung im eigentlichen Sinne vorgenommen, aber die „Produktdokumentation der Implantate“ geprüft hatte. In dieser Dokumentation gab es keinen Hinweis über Änderungen beim verwendeten Silikon. Die Gutachter wurden offenbar auch getäuscht. Die Brustimplantate trugen weiterhin die von der EU vorgesehene CE-Kennzeichnung für Medizinprodukte. „Wenn Krankenhäuser zugelassene Materialien verwenden, dürfen sie darauf vertrauen, das sie in Ordnung sind", sagte Jörg Bechert vom Versicherungsmakler Aon der FTD.