Sanfter Zwang zum Sparen lohnt

In Deutschland besitzt nur jeder dritte Förderberechtigte einen Riester-Vertrag. Der Blick ins Ausland zeigt, dass auch nicht-finanzielle Anreize erhebliche Wirkung besitzen. Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) hat kürzlich die Mechanismen in Neuseeland, Schweden und Großbritannien untersuchen lassen und auf ihre Tauglichkeit für den deutschen Markt geprüft.

Ergebnis: Verhaltensorientierte Maßnahmen wie Opting-out-Modelle, bessere Kommunikation und Finanzbildung könnten die Eigenmotivation der Verbraucher erheblich steigern. Laut Studie „Förderung der privaten Altersvorsorge – Was wir vom Ausland lernen können“ beginnen die verhaltensbasierten Hemmnisse hierzulande bereits bei der Unwissenheit über die eigene Versorgungslücke. Finanzielle Anreize allein reichen offensichtlich nicht aus.

Neuseeland startete 2007 das staatlich und betrieblich geförderte KiwiSaver-Programm, eine Kombination aus freiwilliger Teilnahme und sanfter Verpflichtung. Zunächst werden alle Arbeitnehmer bei Antritt einer neuen Stelle automatisch ins Programm aufgenommen, bei dem der Arbeitgeber auch Entgeltumwandlung vornimmt. Nur von der dritten bis zur achten Arbeitswoche kann man wieder aussteigen, muss dazu aber selbst aktiv werden. Die ersten beiden Wochen gelten als eine zwangsweise auferlegte Bedenkzeit.

Ergebnis: 45 Prozent der Sparer gaben an, dass sie ohne automatische Aufnahme in das KiwiSaver-Programm nicht vorgesorgt hätten. Tatsächlich waren drei Jahre nach Auflage des Programms bereits 38 Prozent der Berechtigten und somit etwa die Hälfte aller Haushalte beigetreten. 15 Prozent bestätigten, dass sie das Programm ohne die zwangsweise auferlegte Bedenkzeit von 14 Tagen sofort wieder verlassen hätten.

Schweden gibt mit dem orangefarbigen Brief seit 1999 jedem Bürger einmal im Jahr den Gesamtüberblick über seine Ansprüche aus staatlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge. Zusätzlich wurde ein Internetportal eingerichtet (www.minpension.se), das umfassende Prognosen und Informationen bietet. Das schärft den Blick für realistische Alterseinkommen. Allerdings erfordert das schwedische Modell einen hohen Aufwand und ein Minimum an Finanzkenntnissen, mit denen es hierzulande nicht weit her ist.

In Großbritannien wurde 2005 eine Finanzbildungs-Initiative unter dem Motto „Make the Most of Your Money“ gestartet, die hauptsächlich während der Arbeitszeit im Unternehmen stattfindet. 4,6 Millionen Arbeitnehmer wurden bisher erreicht. 70 Prozent gaben hinterher an, einen besseren Überblick zu haben und 60 Prozent waren nach drei Monaten in Sachen Finanzen aktiv geworden. Das Rentensystem in Großbritannien besteht aus umlagefinanzierter staatlicher Grundsicherung sowie kapitalgedeckter betrieblicher und privater Altersvorsorge. Da die Briten traditionell zu wenig sparen, reagierte der Staat wie in Neuseeland mit einem Opting-Out-Modell für die Betriebsrente.

Auf Deutschland übertragen hieße das: Ein Gesamtkonzept aus finanzieller Förderung und verhaltensorientierten Maßnahmen wie Opting-Out, besserer Kommunikation und Finanzbildung muss her. Hauptaufgabe des Staates ist es, dem abwartenden Teil der Bevölkerung neuartige Anreize zur Vorsorge zu geben, ganzheitliche und verständliche Informationen zu organisieren und kompetente Beratung sicherzustellen. Die gesamte Studie kann zum Preis von 10 Euro im Internet bestellt werden.