Streit um Partneranwälte eskaliert

Der Streit schwelt schon seit Jahren: Die Anwaltslobby beäugt misstrauisch Kooperationen von Kanzleien ihrer Zunft mit Versicherern, weil sie Dumpinghonorare fürchtet. Das Prinzip aus ihrer Sicht: Der Versicherer sichert sich einen Rabatt, im Gegenzug erhält der Anwalt Mandanten. Kompetente Anwälte hätten es nicht nötig, sich unterhalb der gesetzlichen Gebühren zu verdingen, so der der Deutsche Anwaltverein (DAV). Gleichwohl habe man vitales Interesse an bezahlbaren Rechtschutz-Policen.

Der DAV will Honorarrabatte von 25 bis 50 Prozent beobachtet haben. Die HUK-Coburg konterte schon im vergangenen Herbst mit einer Veröffentlichung ihrer Mustergebührenvereinbarung. Die zeigt, dass nur geringe Rabatte gewährt werden, und die auch nur bei außergerichtlichen Leistungen. „Selbstverständlich halten wir uns an die gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren für den gerichtlichen Bereich“, so HUK-Sprecher Alois Schnitzer. Im übrigen gehe es bei den Anwaltsempfehlungen nicht primär um Kostensenkung, sondern um den besten Service für den Kunden. „Die HUK arbeitet auch mit Anwälten zusammen, mit denen keine Hononorarvereinbarung besteht“, ergänzt Schnitzer.

Der Kuchen wird nicht größer

Das Problem liegt offensichtlich tiefer: Die Zahl der Anwälte ist auf 160.000 gestiegen und hat sich in den letzten 20 Jahren fast verdreifacht – der Kuchen jedoch wird nicht größer. Inzwischen hat die Rechtsanwaltskammer München die HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung auf unzulässige Einschränkung des Rechts auf freie Anwaltswahl verklagt und bekam vom OLG Bamberg Recht (Az.: 3 U 236/11). Der Versicherer hat Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt. „Das Urteil zwingt uns, unsere Kunden schlechter zu behandeln, als diese das erwarten und uns das notwendig erscheint“, begründete Dr. Ulrich Eberhardt, Vorstand der HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung, das Vorgehen.

Nach dem Urteil würden Kunden keine Vergünstigungen mehr bekommen, wenn sie sich für einen Vertragsanwalt aus dem Netzwerk der HUK-Coburg entscheiden. Bislang wurde dieser Tatbestand als schadenfrei eingestuft. Folge: In einem eventuellen neuen Rechtsstreit könnten Kunden die Selbstbeteiligung sparen.

Vertragsanwälte seien überwiegend hochqualifizierte und moderne Kanzleien, so Eberhardt. Diese Kanzleien würden jedoch „indirekt und subtil, allerdings völlig zu Unrecht aus dem eigenen Berufsstand heraus diskreditiert“. Der Vorstand verwahrte sich auch dagegen, dass Rechtsschutzversicherer als „Projektionsfläche für Versäumnisse in der berufspolitischen Entwicklung der Anwaltschaft herhalten müssen“.

Versicherer blicken nach Karlsruhe

Die Entscheidung des OLG  ist eine Schlappe für das Schadenmanagement der Rechtsschutzversicherer. Die Versicherer berufen sich darauf, mit der Empfehlung von Anwälten einem Kundenbedürfnis nachzukommen. Das Urteil deckt sich nicht mit der Auffassung von maßgeblichen Verbraucherschützern. Der Bund der Versicherten sieht in dem Belohnungssystem keine Einschränkung der freien Anwaltswahl. Das letzte Wort hat nun der BGH. Praktisch alle Versicherer schauen gebannt nach Karlsruhe: Viele verfahren seit mehreren Jahren mit deutlich stärkeren Anreizsystemen als die HUK-Coburg.