Vertrieb muss auf Risiko der Fondsschließung hinweisen

Muss man bei der Vermittlung von Investmentanteilen auf das Risiko hinweisen, dass der Fonds geschlossen werden kann oder dass die Kapitalanlagegesellschaft die Rücknahme der Anteile zumindest aussetzen kann? Mit dieser Frage haben sich jüngst verschiedene Gerichte auseinandergesetzt und sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen.

Das Landgericht Frankfurt/Main kam mit Urteil vom 23. März 2012 zu der Ansicht, dass es sich bei der Möglichkeit, die Rücknahme von Anteilen auszusetzen, um einen „grundsätzlich aufklärungsbedürftigen Umstand handelt“. Denn mit der Aussetzung besteht ein „nicht unerhebliches Kapitalverlustrisiko“, das für diese Anlageform typisch sei und welches der Anleger regelmäßig nicht erkennen könne (Az.: 19 O 334/11).

Unterschiedliche Beurteilung der Vergangenheit

Ähnlich hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 10. Mai 2012 entschieden. Ein offener Immobilienfonds sei 2008 keine sichere Anlageform mehr gewesen, die man Anlegern mit geringer Risikobereitschaft ohne Hinweis auf die Risiken hätte empfehlen dürfen (Az.: 27 O 627/11). In der Beratung hätte auf die die konkrete Gefahr der Schließung offener Immobilienfonds im Allgemeinen und des Wertverfalls von Immobilien im speziellen hingewiesen müssen. Der Anlageberater habe unzureichend über negative Presseberichte informiert, wozu er verpflichtet gewesen wäre, außer: Er teilt dem Anleger mit, dass er dies bewusst nicht tut.

Das Landgericht Bonn sieht die Sache dagegen ganz anders. Zwar wurde mit Urteil vom 18. Januar 2012 die Schadenersatzklage des Anlegers abgewiesen. Aber der Anlageberater sei nur verpflichtet, über die wesentlichen Umstände zu informieren. Risiken rein theoretischer Natur müssten nicht erwähnt werden (Az.: 2 O 204/11). Im März 2007 sei nach Ansicht der Richter das Risiko, dass es zur Aussetzung der Rücknahme über den gesetzlich zulässigen Zeitraum und in Folge sogar zur Abwicklung der Fonds kommen würde, nicht absehbar gewesen. Auch Erfahrungen aus der Vergangenheit fehlten. Es gab keine nachhaltige Gefährdung für Anleger.

Härtere Beratungspflicht seit der Finanzkrise

„Bisher waren vergleichbare Klagen meist gescheitert“, sagt der auf Kapitalanlagevermittler spezialisierte Rechtsanwalt Dietmar Goerz, Geschäftsführer der Kanzlei GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft. Aber vor der Finanzkrise war das Risiko von Fondsschließungen bloße Theorie. Deshalb habe wohl kaum jemand darüber aufgeklärt.

„Aber ein Anlageberater verletzt die Beratungspflichten, wenn er Anleger nicht ausreichend über die Risiken informiert, verlangt das Wertpapierhandelsgesetz“, erinnert Goerz. Man mag sich darüber streiten, ob und wann in der Vergangenheit auf eine eventuelle Fondsschließung hingewiesen werden musste. „Da dieses Risiko nunmehr nicht mehr rein theoretisch ist, müssen Anleger jetzt in jedem Falle darauf hingewiesen werden“, so Goerz.