Maklerwechsel 3

30.09.2004 13:32:03

Zur Korrespondenzpflicht eine Veröffentlichung des VDVM aus 1997

KORRESPONDENZPFLICHT
des Versicherers mit/gegenüber dem Versicherungsmakler
- Kurzgutachten -

Die Frage, ob und inwieweit den Versicherer eine Korrespondenzpflicht gegenüber dem Versicherungsmakler (nachfolgend VM) trifft, hat sich insbesondere dann gestellt, wenn sich der VN während der Laufzeit des Versicherungsvertrages entschließt, sich zukünftig von einem (anderen) VM betreuen zu lassen. Zugespitzt hat sich diese Fragestellung in der Fällen, in denen ein Agent den Versicherungsvertrag vermittelt hatte, der VN aber nunmehr durch einen Makler betreut werden wollte. Die mit dem Schlagwort Korrespondenzpflicht zusammenhängenden Fragen sollen nachfolgend unter aufsichts-, zivil- und wettbewerbsrechtlichen Aspekten kurz dargestellt werden.
- I -

Der VN besitzt die generelle Freiheit auch während der Laufzeit eines Versicherungsvertrages sich dahingehend zu entscheiden, künftig von einem (anderen) VM betreut zu werden. Diese Freiheit des VN ist vor dem Hintergrund einer Wettbewerbsordnung zu sehen, in der der Kunde das Recht hat, den aus seiner Sicht leistungsstärksten ,,Betreuer" zu wählen. Aufsichtsbehördlich wird es deshalb als Mißstand angesehen, wenn Versicherungsvermittler den VN durch Sondervereinbarungen verpflichten, während der Laufzeit des Versicherungsvertrages die Betreuung nur durch den abschließenden Vermittler zuzulassen, um dadurch die Übertragung der Betreuung auf einen anderer Vertreter oder Makler zu behindern oder zu verhindern (vgl. BAV-Rundschreiben R2/78 vom 24.05.1978).
- II -

Die Frage nach der Korrespondenzpflicht gegenüber dem VM stellt sich für den Versicherer nur dann, wenn er vorher zu diesem Makler - in seiner Funktion als Makler - keinerlei geschäftliche Beziehung hatte, insbesondere also keine Courtagevereinbarung besteht. Andernfalls folgt bereits aus der Courtagevereinbarung, daß der Versicherer den VM als Ansprechpartner des VN für die von ihm betreuten Verträge akzeptiert und sein Verhalten dementsprechend ein- und auszurichten hat.

1.) Der Versicherer ist ohne vorherige geschäftliche Beziehung zunächst nicht verpflichtet, den (neu beauftragten) VM als seinen Geschäftspartner zu akzeptieren und ihm Courtage zu zahlen, da er nicht zu einer Zusammenarbeit gezwungen werden kann. Vor diesem Hintergrund bedeutet Betreuung in Rahmen eines Versicherungsverhältnisses, daß beide Vertragspartner, also auch der Versicherer, mit der Tätigkeit des Maklers einverstanden sind. Der Versicherer wird sich gegen die Betreuung durch einen VM im allgemeinen nicht sperren. Eine Weigerung wäre im übrigen nur dort anzuerkennen, wo sich der VM z. B. als unzuverlässig, fachlich inkompetent oder sonst ungeeignet erwiesen hat (bloße Vermutungen reichen insoweit nicht).

2.) Anders verhält es sich dagegen in dem Teilbereich der Kommunikation zwischen Versicherer und VN. Der Versicherer muß den beauftragten VM aufgrund einer Vollmacht als sog. Erklärungs- und Empfangsboten akzeptieren. Er darf dies nur von der Wirksamkeit der dem VM erteilten Vollmacht, nicht aber von der Wirksamkeit des Maklervertrags (denn die Vollmacht ist abstrakt) oder gar von der inhaltlichen Zweckmäßigkeit des Maklervertrags im Sinne des sog. ,,Punktekatalogs" abhängig machen (vgl. BAV GB 1985, 45). Notwendig ist eine eindeutige Bevollmächtigung des Maklers, die aber im allgemeinen aus einem umfassenden Maklerauftrag mit Vollmacht abzuleiten sein wird.

Der Versicherer ist danach verpflichtet, die Korrespondenz, die sich direkt an den Versicherungsnehmer wendet, mindestens auch über den VM zu leiten und umgekehrt Korrespondenz des VN über den VM zu akzeptieren. Diese den Versicherer treffende Korrespondenzpflicht leitet sich aus dem Versicherungsverhältnis ab. Es gehört zu den Nebenpflichten aus jedem Dauerschuldverhältnis, Korrespondenz so zu adressieren, wie der Partner dies im Hinblick auf seine eigenen Dispositionen wünscht (vgl. nur Prölss/Martin VVG-Kom., Nach § 48, 10, Rundschreiben des BAV R2/78). Dies bedeutet für den Versicherer auch nicht eine Korrespondenz mit einem eventuell "unliebsamen Dritten", weil der Versicherer in der Korrespondenz allein den VN ansprechen kann, nur muß er diese mindestens auch an den VM adressieren (vgl. LG München 1, VersR 1982, 753). Der Versicherer darf also nicht den VN gegen dessen Willen zwingen, die Korrespondenz selbst unter Arbeits- und Kostenaufwand an den Makler weiterzuleiten.
p
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß der schuldhafte Verstoß des Versicherers gegen die Korrespondenzpflicht gegenüber dem VM mögliche Schadensersatzansprüche des VN nach sich ziehen kann. Dies könnte beispielsweise bereits dann der Fall sein, wenn sich durch das Verhalten des Versicherers die Kommunikation verzögert (z. B. bei einer gemeldeten Summenerhöhung oder der Besichtigung durch einen Sachverständigen und der VN erleidet dadurch einen Schaden).

Die Korrespondenzpflicht des Versicherers besteht nur dann nicht, wenn im EinzelfaIl der VM unzuverlässig ist oder nicht über die fachlichen Voraussetzungen verfügt, also gravierende Gründe vorliegen, die eine einwandfreie, reibungslose Korrespondenzabwicklung nicht gewährleistet erscheinen lassen. Das Einschätzungsrisiko hierfür trägt aber allein der Versicherer, so daß eine Fehleinschätzung zu den oben beschriebenen Schadenersatzansprüchen führen kann.
- III -
p

Auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten ist die Korrespondenzpflicht von Bedeutung. So hat z. B. das LG Düsseldorf (r+s 1989, 33) entschieden, daß es gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoße, wenn ein Kündigungsschreiben, das durch den von dem VN beauftragten Makler verfaßt wurde, zum Anlaß genommen werde, unter Umgehung des eingeschalteten VM den Versuch zu unternehmen, mit dem VN erneut Geschäftsbeziehungen anzuknüpfen. Die Rechtfertigung für diese wettbewerbsrechtliche Ausprägung der Korrespondenzpflicht leitet das Gericht aus dem Grundsatz her, daß es gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoße, einen Mitbewerber dadurch herabzusetzen,. daß man dessen mit dem Kunden geschlossene Verträge (und die daraus resultierenden Verpflichtungen) nicht anerkenne und dadurch zum Ausdruck bringe, dieser Vertrag sei nicht rechtswirksam. Denn eine derartige herabsetzende Bezugnahme widerspreche dem Prinzip des Leistungswettbewerbs.

Der Verstoß gegen die Korrespondenzpflicht des Versicherers gegenüber dem VM kann deshalb u. U. auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche des VM für den Versicherer zur Folge haben.

Hamburg, im März 1994
Quelle: VDVM

[Name ausgeblendet]

Auf diesen Beitrag antworten...