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19.04.2010 - dvb-Presseservice

AKW-Laufzeitverlängerung: Der Staat sollte nicht auf Milliarden verzichten!

Der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Ernst Pfister (FDP), hat heute vorgeschlagen, dass die Stromkonzerne für zehn Jahre längere AKW-Laufzeiten einen einmaligen Abschlag von 10,7 Milliarden Euro zahlen sollen (dpa-AFX, Meldung vom 16.04.2010, 11:20 Uhr: „Vorschlag: Knapp elf Milliarden für längere Atomlaufzeiten“) Dieser Vorschlag bezieht sich auf den im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigten Vorteilsausgleich, durch den ein Teil der bei einer Laufzeitverlängerung entstehenden Zusatzgewinne an den Staat abgeführt werden soll. Professor Dr. Manuel Frondel, Leiter des Bereichs Umwelt und Ressourcen am Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen, hält das Angebot des baden-württembergischen Wirtschaftsministers aber für keine gute Idee: „Mit einem derart geringen Abschlag würde der Staat auf viel Geld verzichten.“ Nach Berechnungen des RWI ermöglicht der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke um 10 Jahre gegenüber dem derzeit gültigen Ausstiegsbeschluss den Betreibern zusätzliche Erlöse von mehr als 70 Milliarden Euro. Um einen möglichst hohen Teil dieser „windfall profits“ abschöpfen zu können, schlägt Frondel eine Versteigerung der Erzeugungslizenzen nach dem Vorbild der erfolgreichen UMTS-Auktion vor. Die Erzeugungsrechte für jene Strommenge, die der politisch beschlossenen Laufzeitverlängerung entspricht, würden dabei Terawattstunde für Terawattstunde unter den bisherigen Betreibern der Atomkraftwerke versteigert. „Die Spielregeln dieser Auktion können vorab so festgelegt werden, dass sie einerseits das Stromkontingent weitgehend ausschöpft und dabei andererseits die Einnahmen der öffentlichen Hand maximiert werden“, so Frondel. Mit den Einnahmen sollte aus Sicht des RWI ein Beitrag zur Konsolidierung der Staatsfinanzen geleistet werden.

Eine ausführliche Begründung des Konzepts einer Laufzeit-Auktion enthält die von Prof. Dr. Manuel Frondel, Prof. Dr. Justus Haucap und Prof. Dr. Christoph M. Schmidt verfasste RWI-Position „AKW-Laufzeiten: Versteigern statt Verschenken! Ein Vorschlag zur Lösung der energiepolitischen Tragödie“. Eine Zusammenfassung finden Sie unter dieser Pressemitteilung, die RWI-Homepage bietet die Möglichkeit zum Download (http://www.rwi-essen.de/media/content/pages/publikationen/rwi-positionen/Pos_035_AKW-Laufzeiten-versteigern.pdf).

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RWI Position Nr. 35

AKW-Laufzeiten: Versteigern statt Verschenken! Ein Vorschlag zur Lösung der energiepolitischen Tragödie

von Manuel Frondel(www.rwi-essen.de/frondel), Justus Haucap und Christoph M. Schmidt(www.rwi-essen.de/schmidt)

RWI, 03/2010, 12 S./p., 5 Euro, ISBN 978-3-86788-194-4

Zusammenfassung

Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag auf eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke festgelegt. Dort wurde ebenfalls angekündigt, dass ein Teil der bei den Betreibern entstehenden Zusatzgewinne über einen Vorteilsausgleich abgeschöpft werden soll. Beide Maßnahmen, die Verlängerung der Laufzeiten ebenso wie die Abschöpfung der damit verbundenen „windfall profits“ im zwei- bis dreistelliger Milliardenhöhe, werden derzeit äußerst kontrovers diskutiert. Details sollen im Rahmen eines energiepolitischen Gesamtkonzepts festgelegt werden, das für Herbst 2010 angekündigt wurde.

Aus ökologischer und aus ökonomischer Sicht ist eine Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke sinnvoll: Einerseits kann damit Anforderungen des Klimaschutzes entsprochen, andererseits die Wirtschaftlichkeit der Stromerzeugung sichergestellt werden. Doch in der Bevölkerung ist die Akzeptanz für diese Lösung bisher gering. Das muss aber nicht so bleiben. Von großer Bedeutung dürfte sein, wie überzeugend Laufzeitverlängerung und Vorteilsausgleich begründet und institutionell gestaltet werden. Hier setzt unser Vorschlag an: In einer intelligent gestalteten Auktion sollten die Lizenzen zum zeitweiligen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke so versteigert werden, dass die Zusatzgewinne der Stromerzeuger so weit wie möglich abgeschöpft und die Einnahmen der öffentlichen Hand dadurch maximiert werden. Ein Erfolgsbeispiel für dieses Verfahren ist die Versteigerung der UMTS-Lizenzen zu Beginn der vergangenen Dekade.

Wenn die Politik die so entstehende Atomstrom-Dividende klug in die künftige Prosperität der Gesellschaft investiert, dann könnte aus dem derzeitigen Atomstreit ein neuer, zukunftsfähiger Atomkonsens werden – zum Wohle der Umwelt, der Verbraucher und der energieabhängigen Wirtschaft.




Herr Prof. Dr. Manuel Frondel
Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“
Tel.: 0201 - 8149-204
Fax:
E-Mail: manuel.frondel@rwi-essen.de

Referent für wirtschaftspolitische Kommunikation
Herr Nils aus dem Moore
Wissenschaftler im Kompetenzbereich „Öffentliche Finanzen“
Tel.: 030 – 202 15 98 15
Fax:
E-Mail: nils.ausdemmoore@rwi-essen.de

Rheinisch-Westfälisches
Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
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