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20.06.2008 - dvb-Presseservice

Aktuelle Rechtsprechung zur betrieblichen Altersversorgung

Zillmerung bei Entgeltumwandlung doch erlaubt!?

Mit Urteil vom 27.02.2008 hat sich das Arbeitsgericht Siegburg (2 Ca 2831/07, nrkr.) erstmals ausführlich und sachgerecht mit der Zillmerung von Entgelt­umwandlungsverträgen befasst und diese für zulässig erklärt.

Ein ausgeschiedener Arbeitnehmer hat seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Rückzahlung der eingezahlten Beiträge verklagt, weil die Entgeltumwand­lungsvereinbarung aufgrund fehlender Wertgleichheit unwirksam sei. Interessanterweise hat derselbe Mitarbeiter die Einführung der Entgelt­umwandlung beim Arbeitgeber selbst begleitet.

Das Arbeitsgericht erkannte zunächst richtig, dass die Entgeltumwand­lungsvereinbarung unabhängig von der Wertgleichheit wirksam sei. Somit würde dem Arbeit­nehmer bei fehlender Wertgleichheit nur ein Schadens­ersatzanspruch zu­stehen. Aber auch die fehlende Wertgleichheit erkannte das Gericht nicht an, da der Versorgung ein aufsichtsrechtlich genehmigter Tarif zugrunde lag.

Bedeutung für die Praxis

Auch wenn das Urteil derzeit noch nicht rechtskräftig ist (Revision ein­gelegt), hat es unseres Erachtens große Bedeutung für die Praxis. Denn die Urteilsbegründung setzt sich ausführlich und sachlich mit der Zillmerung auseinander ohne zu sehr auf die besonderen Konstellationen des Einzel­falles (offensichtliche Kenntnis des Mitarbeiters von der Zillmerung) einzu­gehen. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch die nächste Instanz dieser Argumentation anschließt.

BMF-Schreiben zu „Nur-Pensionszusagen“

Am 16.06.2008 hat das BMF ein Schreiben zur sog. „Nur-Pensionszusage“ veröffentlicht. Eine solche liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer anstelle eines laufenden Gehaltes nur eine Pensionszusage erhält. Das BMF legt in diesem Schreiben fest, dass bei einer „Nur-Pensionszusage“ nicht von einer Vor­wegnahme zukünftiger Einkommensentwicklungen auszugehen ist und dass das vereinbarte Versorgungsniveau als von vornherein beabsichtigt gilt. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine arbeitgeberfinanzierte oder eine durch Entgeltumwandlung finanzierte Zusage handelt.

Bedeutung für die Praxis

Das BMF eröffnet mit dem Schreiben u.E. nicht die Möglichkeit eines beliebig hohen Niveaus der bAV ohne Berücksichtigung der Überversorgung. Das Schreiben bezieht sich ausdrücklich nur auf die „Nur-Pensionszusage“.

Das Schreiben gilt u.E. auch nicht für Gesellschafter-Geschäftsführer. Für diesen Personenkreis verweist das BMF ausdrücklich auf das BMF-Schreiben vom 28.01.2005, in dem eine Nur-Pension als verdeckte Gewinnausschüttung bewertet wird. D.h. bei der GGF-Versorgung bleibt es bei der bisherigen Prüfung auf Überversorgung.

Keine bAV-Kapitalleistung neben Gehaltszahlung

In einem aktuellen Urteil vom 05.03.2008 (I R 12/07) hat der BFH entschieden, dass eine ungekürzte Kapitalabfindung einer fälligen bAV-Rente nicht gezahlt werden darf, wenn der betreffende Mitarbeiter gleichzeitig auch noch Gehalt bezieht. Im dem Fall hatte ein GGF eine Zusage auf Altersrente ab Alter 65 Jahre, unabhängig vom Ausscheiden aus dem Betrieb. Diese Rente ließ sich der GGF durch eine einmalige Kapitalzahlung bei Rentenbeginn abfinden. Der BFH sah darin teilweise eine verdeckte Gewinnausschüttung. Denn ein ordentlicher Kaufmann hätte nach Meinung des Gerichtes den fehlenden Versorgungsbedarf aufgrund der noch laufenden Gehaltszahlungen bei der Berechnung der Kapitalabfindung berücksichtigt.

Bedeutung für die Praxis

Unseres Erachtens handelt es sich hierbei um eine Einzelfallentscheidung, die sich ausdrücklich nur auf die Kapitalisierung der zugesagten Rente trotz gleichzeitiger Gehaltszahlung bezieht. Denn der BFH hat in der Begründung ausdrücklich betont, dass die Zahlung einer Altersrente unabhängig vom Ausscheiden im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich möglich ist und körperschaftsteuerrechtlich nicht als unüblich einzustufen ist. Trotzdem empfehlen wir in der Praxis derartige Regelungen nicht gezielt zu vereinbaren, sondern sie auf Sonderfälle zu beschränken.

Eingeschränkter Insolvenzschutz bei der U-Kasse?

In einem erstaunlichen Urteil hat das LAG München bereits am 10.05.2006 (9 Sa 999/05) eine rückgedeckte U-Kasse verpflichtet, das für ein Trägerunternehmen gebildete Kassenvermögen an den Insolvenzverwalter des Trägerunter­nehmens auszuzahlen, obwohl die Arbeitnehmer vertraglich unverfallbare Ansprüche hatten.

Das Gericht sah (unseres Erachtens fälschlicherweise) in der Vereinbarung des Trägerunternehmens mit der U-Kasse einen Dienstvertrag, der die Abwicklung der von dem Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage zum Inhalt hatte. Da die Mitgliedschaft in der U-Kasse satzungsgemäß bei Insolvenz des Trägerunternehmens beendet wurde, sei nach Meinung des Gerichts auch der Dienstvertrag beendet worden. Die bereits getätigten Zuwendungen des Trägerunternehmens beurteilte das Gericht als Voraus­zahlungen, die bei Vertragsbeendigung zurückzuzahlen seien, weil ja noch keine Leistungen erbracht wurden. Ein gesetzlicher Vermögensübergang auf den PSV war im konkreten Fall nicht gegeben, weil die Anwartschaften nur vertraglich unverfallbar waren.

Bedeutung für die Praxis

Das Gericht verkennt leider die gesetzliche Konstruktion der U-Kasse. Eine U-Kasse ist eine selbstständige, soziale Einrichtung, die sich aus freiwilligen „Spenden“ (Zuwendungen) der Träger­unternehmen finanziert und aus ihrem eigenen Vermögen Versorgungs­leistungen erbringt, die sich nach einem oder mehreren verschiedenen Leistungsplänen richten. Deshalb bleibt zu hoffen, dass es sich bei dem Urteil um einen Einzelfall handelt. Für die Praxis hat das Urteil übrigens nur dann Bedeutung, wenn die Mitarbeiter bei Insolvenz des Trägerunter­nehmens nur vertragliche, aber keine gesetzlich unverfallbaren Ansprüche haben. In diesen Fällen sollten die Rückdeckungsversicherungen sicherheitshalber verpfändet werden.

50% Kostensteigerung berechtigt zur bAV-Kürzung

Steigen die Kosten eines Versorgungswerkes unvorhergesehen um mehr als 50% an, so ist der Arbeitgeber berechtigt, einseitig in die Regelungen korrigierend einzugreifen. Das hat das BAG mit Urteil vom 19.02.2008 (3 AZR 743/05) entschieden.

Ein Unternehmen hatte eine Gesamtversorgung (inkl. gesetzlicher Rente) zugesagt, deren Kosten durch permanente Kürzungen der gesetzlichen Rente um über 30% gestiegen waren.

Das Gericht unterstellte, dass die Zusage einer Gesamtversorgung die Bereitschaft des Unternehmens erkennen ließe, ein erhöhtes Kostenrisiko einzugehen, und die Kostensteigerung somit zumutbar wäre. Erst bei 50% unvorhersehbarer Kostensteigerung sei die „Opfergrenze“ erreicht, die einen einseitigen Eingriff ermöglicht.

Bedeutung für die Praxis

Mit dieser Entscheidung hat das Gericht neben der 3-Stufen-Theorie ein weiteres und konkreteres Kriterium für einseitige Verschlechterungen von Versorgungswerken geschaffen. Das Urteil verdeutlicht auch, dass einseitige Eingriffe nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen möglich sind.

Finanzielle Ausstattung von Rentnergesellschaften

Im Rahmen des Umwandlungsgesetzes ist es möglich, Pensionsverpflichtungen gegenüber Rentnern und unverfallbar ausgeschiedenen Mitarbeitern auch ohne deren Zustimmung auf eine sog. „Rentnergesellschaft“ auszugliedern.

Mit Urteil vom 11.03.2008 (3 AZR 358/06) hat das BAG nun entschieden, dass der frühere Arbeitgeber aber verpflichtet sei, die Rentnergesellschaft mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten. Hieraus müssen auch die Anpassungsverpflichtungen nach § 16 BetrAVG finanzierbar sein. Unterlässt der Arbeitgeber das, so macht er sich schadenersatzpflichtig.

Im entschiedenen Fall hatte das Unternehmen den Barwert der Pensionsverpflichtungen von einem Gutachter berechnen lassen unter Berücksichtigung eines Rechnungszinses in Annäherung an die IAS-Bilanzierung. Diesen Zins hielt das Gericht für deutlich überhöht und verlangte den Ansatz eines Zinses in Annäherung an die garantierten Rechnungszinsen von Versicherungsunternehmen.

Bedeutung für die Praxis

Die Verwendung eines marktüblichen Zinses bei der Auslagerung auf eine Rentnergesellschaft führt zu keiner tatsächlichen Enthaftung des Unternehmens. Um diese zu erreichen, muss die Rentnergesellschaft mit deutlich höheren Kapitalbeträgen ausgestattet werden, die auf Basis eines wesentlich niedrigeren Zinses zu berechnen sind.

 



Herr Andreas Buttler
Geschäftsführer
Tel.: 089/43607-300
E-Mail: andreas.buttler@febs-consulting.de

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