Altersvorsorge noch immer unterschätzt
Deutsche verspielen Steuerentlastung und riskieren Renteneinbußen
Die Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 hat hohe
Wellen geschlagen. Anders verhält es sich bei einer Steuerentlastung, mit der
die Bundesregierung die Altersvorsorge der Deutschen beflügeln wollte - sie ist
in der Bevölkerung kaum wahrgenommen worden. Die Bundesbürger nutzen die heute
angebotene Förderung nicht und riskieren damit, im Alter in eine Vorsorgefalle
zu laufen.
Arbeitnehmer verfügen heute aufgrund einer Steuerentlastung durch das Alterseinkünftegesetz
Anfang 2005 über ein erhöhtes Nettoeinkommen, das sich von Jahr zu Jahr weiter
erhöht. Die gesparten Steuern sollten - so der Plan der Bundesregierung - für
die private oder betriebliche Altersvorsorge verwendet werden. Dieses Ziel
wurde laut einer repräsentativen Befragung von TNS Infratest im Auftrag des
Deutschen Ring allerdings weit verfehlt. Denn neun von zehn Arbeitnehmern
bemerken diese Steuerentlastung gar nicht. Die Mehrheit der übrigen Befragten
hat zwar das gestiegene verfügbare Einkommen registriert, nutzt es aber nicht
für die Altersvorsorge. Nur 3,7 Prozent der Berufstätigen legen die Steuerersparnis
tatsächlich für das Alter zurück. Was die Bundesbürger übersehen: Der
Finanzminister hat im Alterseinkünftegesetz die Steuerentlastung mit einer
späteren Belastung verknüpft. Er verzichtet heute zwar auf Steuern beim Gehalt.
Dafür werden jedoch Rentenzahlungen in der Zukunft höher besteuert als bislang.
Die Deutschen müssten also schrittweise mehr für das Alter sparen, damit im
Ruhestand nach dem Steuerabzug das gleiche übrig bleibt.
Die milliardenschwere Steuersenkung zur Stimulierung der Altersvorsorge ist bei
den Deutschen nahezu wirkungslos verpufft. Dieser Umstand gestaltet sich für die
Bürger bis ins Jahr 2040 zu einer anwachsenden Belastung. Denn seit dem 1.
Januar 2005 werden alle Bestandsrenten und die im Jahr 2005 neu gewährten
Renten zu 50 Prozent besteuert. Der vom Fiskus erfasste Rentenanteil wird bis
2020 jährlich um zwei Prozentpunkte, danach bis 2040 um einen Prozentpunkt per
anno angehoben. Ein Bürger, der 2020 in Rente geht, muss somit 80 Prozent
seiner Rente versteuern.
Der Staat will den Bürgern jedoch helfen, eine Versorgungslücke gar nicht erst
entstehen zu lassen. So werden die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten für
Altersvorsorgeaufwendungen schrittweise erhöht. Bis 2025 können die Aufwendungen
sogar zu 100 Prozent abgezogen werden. Werden diese Erhöhungen des
Nettoeinkommens in eine staatlich geförderte Altersrente investiert, können die
späteren Belastungen meist kompensiert werden. Die Rentenfalle kann so umgangen
werden.
Steuergeschenk verpufft: Höheres Nettoeinkommen wird kaum wahrgenommen und daher
verkonsumiert
Wird die aktuell gewährte Steuerminderung nicht genutzt, geben die Bürger den
Ausgleich für die Nachbesteuerung leichtfertig aus der Hand - und die Zusatzbelastungen
sind erheblich. Es würden meist ein bis zwei Monatsrenten pro Jahr komplett
ausfallen, sagt der Unternehmensberater und Experte für Altersvorsorge Dr.
Wolfgang Drols. Diese Versorgungslücke sollte unbedingt geschlossen werden -
sonst sinkt der Lebensstandard. Diese Gefahr kann für viele Deutsche zur
bitteren Realität werden - das zeigen die aktuellen Umfrageergebnisse von TNS
Infratest im Auftrag des Deutschen Ring. Nur etwa 42 Prozent der Westdeutschen
und knapp neun Prozent der Ostdeutschen sind bereit, ihr höheres Nettogehalt
für eine zusätzliche Altersvorsorge zu verwenden. Daraus ergibt sich ein beunruhigendes
Bild: Entweder verspüren die meisten Deutschen keine Steuerentlastung oder sie
geben das Geld mehrheitlich für den Konsum aus. Der Bund hat damit
unbeabsichtigt eine Altersvorsorgefalle aufgebaut. Er verzichtet mit der
staatlichen Förderung jedes Jahr auf Milliarden - allerdings ohne dem Ziel, die
ergänzende Altersvorsorge der Deutschen zu
verbessern, wirklich näher zu kommen.
Diejenigen, die am stärksten betroffen sind, reagieren am verhaltensten
Dass die Pläne der Bundesregierung nicht aufgehen, wird besonders bei den 30
bis 39-Jährigen deutlich. Von den Befragten dieser Altersgruppe haben nicht
einmal zehn Prozent eine Erhöhung ihres Nettogehalts zu Beginn des Jahres 2006
festgestellt. Nur 1,8 Prozent aus dieser Gruppe denken daran, einen Teil ihres
gestiegenen Einkommens für das Alter zurückzulegen. In keiner Generation ist
die Bereitschaft, zusätzlich für das Alter vorzusorgen, geringer - und das,
obwohl diese Gruppe besonders stark vom demografischen Wandel betroffen ist.
Die staatliche Grundrente wird bei weitem nicht ausreichen, um den
Lebensstandard halten zu können. Umso wichtiger wird für diese Bürger die
private oder betriebliche Altersvorsorge.
Die Datenbasis
Die empirischen Daten dieser Studie wurden von TNS Infratest erhoben. Die Auswertung
basiert auf insgesamt 1.006 Interviews und ist bevölkerungsrepräsentativ.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Herr Thomas Wedrich
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