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11.10.2006 - dvb-Presseservice

Booth: "Der Klimawandel stellt ein neues und ernstes Risiko dar"

Allianz und WWF haben untersucht, wie sich das Wetterrisiko infolge des Klimawandels in den USA ändert. Allianz.com News sprach mit Clement Booth, Vorstandsmitglied der Allianz AG, über die Ergebnisse.

Allianz.com News: 2005 war das bisher teuerste Jahr für die Versicherungsbranche. In der Karibik verursachten Hurrikans versicherte Schäden in Höhe von 40 Milliarden US-Dollar. War das ein Alarmzeichen für die US-amerikanischen Versicherungsgesellschaften?

Booth: Das letzte Jahr war nicht das erste schlimme Jahr. Etwa alle zehn Jahre verdoppeln sich die Versicherungsschäden durch Naturkatastrophen. Das ist nicht allein die Folge der höheren Frequenz von Wetterereignissen, sondern hängt auch mit der regen Bautätigkeit in Küstenregionen und weiteren Gebieten mit hohem Risiko zusammen.

Die Versicherungsbranche musste zweistellige Milliardenbeträge für die Schäden aus Wetterkatastrophen zahlen. Viele Unternehmen nahmen dies zum Anlass, sich aus diesem Geschäft zurückzuziehen, beispielsweise nach dem Hurrikan "Andrew" 1992. Es wird erwartet, dass der Klimawandel diese wirtschaftliche Herausforderung verschärft.

Sollte davon abgeraten werden, in den stark gefährdeten US-Küstengebieten Neubauten zu errichten?

Booth: Die Versicherungen sollten bei den Debatten um Landverbrauch, Siedlungsplanung und Bebauungsordnung ihren Einfluss geltend machen und damit zur Lösung des Problems beitragen. Gemeinsam mit der Regierung können sie für bessere Bauordnungen sorgen mit dem Ziel, Großschäden vorzubeugen. Sie können auch mit ihren Kunden offen über die wahren Risiken in einer bestimmten Gegend reden, etwa an der Küste oder in einem Gebiet mit regelmäßig auftretenden Waldbränden, und die Kunden für das Problem sensibilisieren.

Gibt es ausser Hurrikans noch andere klimaverursachte Risiken in den USA?

Booth: Durchaus. Wir müssen unter anderem davon ausgehen, dass, das Waldbrandrisiko klimabedingt wächst, und zwar in vielen Gegenden der USA. Temperaturanstieg, trockeneres Klima und die Erfolge bei der Brandvermeidung in den letzten Jahrzehnten haben dazu geführt, dass viel hoch entzündbares Brennmaterial verfügbar ist. Das Risiko wird nochmals dadurch gesteigert, dass die Siedlungstätigkeit in Gebieten mit dichtem Waldbestand zunimmt. Dadurch wächst die Anzahl an Gemeinden, die durch Waldbrände bedroht sind.

Wie sieht es mit der Flutgefahr aus?

Booth: Der Klimawandel beeinflusst den Wasserkreislauf und damit auch die Gefahr von Überschwemmungen. Gletscher schmelzen, Tauwetter setzt früher als gewohnt ein, und die Winterniederschläge fallen immer öfter als Regen und nicht als Schnee. Alle diese Phänomene erhöhen das Risiko von Springfluten sehr früh im Jahr. Dies und die Tatsache, dass die US-Regierung das Überflutungsrisiko durch nicht marktgerechte, öffentlich subventionierte Preise versichert und dadurch eine Fehlsteuerung des Siedlungsverhaltens stattfindet, hat eine gravierende Folge: Die wirtschaftlichen Verluste infolge von Überschwemmungen werden weiterhin erheblich sein.

Was sollten Versicherer tun?

Booth: Wir müssen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse stärker in unsere Katastrophenrisikoplanung einbeziehen. Tatsächlich sind die Erkenntnisse aus Wetterkatastrophen wie die Hurrikans "Andrew" 1992 und "Katrina" 2005 erheblich. Wir führten daraufhin ausgeklügelte Risikomodelle ein, die uns erlauben, die Kosten eines möglichen Schadens abzuschätzen.

Ein Dilemma aber bleibt uns nicht erspart: Diese Modelle arbeiten mit Zukunftsannahmen, die auf Daten aus der Vergangenheit beruhen. Wissenschaftler sagen aber, dass der Klimawandel in Zukunft Frequenz und Schadenträchtigkeit von Wetterkatastrophen steigern wird. Wir müssen also einen Weg finden, diese neuesten Wissenschaftsprognosen in unsere Modelle zur Risikoplanung einzubauen.

Können Versicherer helfen den Klimawandel einzudämmen?

Wir können den Klimawandel nicht aufhalten, aber als Versicherer haben wir ein starkes Eigeninteresse daran, uns nicht allein mit Szenarios zu beschäftigen, die auf die Frage "Was wäre wenn?" antworten. Wir müssen auch das Problem der Treibhausgasemission ansprechen, das zur Erderwärmung führt und damit auch Auswirkungen auf Wetterkatastrophen hat.

Aus diesen Gründen investiert die Allianz in saubere Energien und verringert die Treibhausgasemissionen der Gruppe erheblich. Unsere US-amerikanische Tochtergesellschaft Fireman's Fund plant die Einführung einer Versicherung für gewerbliche Kunden, die "grüne", also energieeffiziente Gebäude belohnt mit der Folge, dass der Kunde seine Energiekosten kürzt und gleichzeitig der Treibhausgasausstoß verringert wird, also die Ursache für Erderwärmung und Klimawandel.

Ist die Versicherungsbranche überhaupt in der Lage, Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu beherrschen?

Booth: Sicher. Wir sind eine kreative Branche, dessen Kernkompetenz das Risikomanagement ist. Wir haben Lösungen für Risiken unvorstellbarer Dimension gefunden, etwa das Terrorrisiko nach dem 11. September 2001. Dadurch ermöglichten wir, dass damals der Flugverkehr aufrecht erhalten blieb. Mit ebensolchem Einfallsreichtum werden wir unseren Kunden helfen, Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu beherrschen.

Es ist im Übrigen auch so, dass die Assekuranz immer schon Entscheidendes dazu beigetragen hat, dass Unternehmen und Gesellschaft neue Risiken verstehen. Wir geben "Frühalarm", wenn Sie so wollen. Der Klimawandel stellt ein neues, aufkommendes Risiko dar, das ernst zu nehmen ist. Davon sind wir überzeugt. Wir glauben auch, dass dieses Risiko in den kommenden Jahrzehnten ganz oben auf der Liste wichtiger Versicherungsthemen stehen wird. Wir tragen hier eine besondere Verantwortung, meine ich, und müssen die Öffentlichkeit über das neue Risiko aufklären und Lösungen bereitstellen, damit unsere Kunden auch in Zukunft in sicheren Gebäuden und Unternehmen wohnen und arbeiten.



Gesellschaftliche Kommunikation: Sprecher
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