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16.03.2010 - dvb-Presseservice

Bundessozialgericht: keine Befreiung von der Rentenversicherung bei Handelsvertretern mit zusätzlichen Anstellungsverhältnis

Mit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 4.11.2009 (Aktenzeichen B 12 R 7/08 R) zerplatzt die Seifenblase eines eventuellen Umgehungsmodells für arbeitnehmerähnlicher Selbstständige: Handelsvertreter können durch teilweise Tätigkeit als Arbeitnehmer nicht der Rentenversicherungspflicht entgehen. Eine Handlungsmöglichkeit bleibt aber erhalten.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte vielen Handelsvertretern mit seinem Urteil vom 24.09.2008 (Aktenzeichen L 5 R 4034/07) vor dieser Entscheidung Hoffnung auf eine eventuelle Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gemacht. Denn Handelsvertreter sind als sogenanter „arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger“ rentenversicherungspflichtig, wenn sie selber regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. Im Wesentlich nur für einen Auftraggeber ist bereits tätig, wer zwar fünf Sechstel seines (selbstständigen) Einkommens von seinem (Haupt-) Auftraggeber, aber weniger als ein Sechstel seines Einkommens von einem weiteren Auftraggeber erhält. Das Landessozialgericht hatte jedoch entschieden, dass ein Handelsvertreter einen weiteren Auftraggeber hat, wenn er neben seiner selbstständigen Tätigkeit als Handelsvertreter bei einem Dritten Arbeitnehmer ist. In dem konkreten Fall bezog der Handelsvertreter in einem Jahr 57% und im darauf folgenden sogar nur 42% seines Einkommens aus selbstständiger Handelsvertretertätigkeit und den Rest aus seiner festen Anstellung. Damit sei der Handelsvertreter nicht mehr auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.

Das Bundessozialgericht urteilte anderes und hob die Entscheidung mit dem erst jetzt veröffentlichten Urteil vom 4.11.2009 wieder auf. Es genüge nicht, wenn ein Handelsvertreter noch zusätzlich bei einem anderen Unternehmen ein Angestelltenverhältnis habe. Das führe nicht dazu, dass die selbstständige Handelsvertretertätigkeit rentenversicherungsfrei sei. Das Bundessozialgericht fasst den Begriff des „Auftraggebers“ formal auf. Darunter könnten nur selbstständige Tätigkeiten verstanden werden. Ein Arbeitgeber ist damit kein weiterer Auftraggeber.

Rechtsanwalt Korn von der GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sieht trotz des Urteils aber immer noch Handlungsmöglichkeiten: „Wer aus dem Arbeitsverhältnis schrittweise in die selbstständige Handelsvertreter wechseln möchte, kann sich für drei Jahre von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Diese Zeit sollte der Handelsvertreter nutzen, um noch einen oder mehrere Anbindungen an andere Auftraggeber zu erhalten oder einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer anstellen zu können“.

Das Urteil hatte im Vorfeld der für zusätzliche Unsicherheiten gesorgt. Denn einige Pressemeldungen verkündeten vorschnell, das Bundessozialgericht habe entschieden, dass Handelsvertreter auch krankenversicherungspflichtig seien. Dies ist jedoch nicht der Fall: Das Urteil beschäftigt sich ausschließlich mit der Frage der Rentenversicherungspflicht von Handelsvertretern.



Herr Oliver Korn
Rechtsanwalt
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GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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