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31.03.2008 -
dvb-Presseservice
Continentale und INTER erheben Verfassungsbeschwerde gegen die Gesundheitsreform
Die Continentale Krankenversicherung a.G., Dortmund, und die
INTER Krankenversicherung aG, Mannheim, haben heute Verfassungsbeschwerde
gegen das Gesundheitsreformgesetz (GKV-WSG) erhoben. "Die Gesundheitsreform
greift in vielerlei Hinsicht in die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte
der privat Krankenversicherten und der Krankenversicherungsunternehmen
ein. Unsere Beschwerden sind die einzige logische Antwort, um erheblichen
Schaden vom gesamten Gesundheitssystem, von den privat Krankenversicherten
und der Versicherungsbranche abzuwenden" so Rolf Bauer, Vorstandsvorsitzender
der Continentale Krankenversicherung, und Bernd Jansen, Vorstandsvorsitzender
der INTER Krankenversicherung, in einer gemeinsamen Erklärung. Continentale
und INTER werden vertreten durch Prof. Dr. Heinrich Wilms und Rechtsanwalt
Dr. Theo Langheid.
Die Verfassungsbeschwerden von Continentale und
INTER richten sich gegen eine Vielzahl von Rechtsänderungen durch das
Gesundheitsreformgesetz, die überwiegend ab dem 1.1.2009 in Kraft treten werden, insbesondere:
Basistarif
Die privaten Krankenversicherer
sollen ab 2009 verpflichtet werden, einen nicht kostendeckenden Basistarif einzuführen. Selbst Personen, die bereits erkrankt sind, müssen zu Lasten der
Versichertengemeinschaft ohne Einschränkungen im Basistarif versichert
werden. Die für die Finanzierung der Leistungen nicht ausreichenden Beiträge
müssen von allen Bestandskunden ausgeglichen werden. Der Staat will sich
hierdurch seiner sozialen Verantwortung entziehen und wälzt die finanziellen
Folgen auf die Privatversicherten ab, die - anders als die Mitglieder der
gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) - bereits die Last der eigenen
Vorsorge für das Alter tragen. Die Einführung des Basistarifs stellt eine
Verletzung der Grundrechte der Berufsausübung und der Eigentumsgarantie
dar.
Portabilität von Alterungsrückstellungen
Der Gesetzgeber
führt für den Versichertenbestand ein einmaliges, auf das erste Halbjahr 2009
befristetes Wechselrecht in den Basistarif eines
anderen Versicherungsunternehmens unter Mitnahme der an diesem Tarif orientierten Alterungsrückstellung ein. Das verändert nachträglich die
kalkulatorische Basis des Systems der privaten Krankenversicherung, da der
Verbleib der mitzugebenden Alterungsrückstellungen zugunsten des bisherigen Versichertenkollektivs einkalkuliert war. Für
Versicherungsverträge, die ab dem 01.01.09 neu abgeschlossen werden, gilt ein
erweitertes unbefristetes Wechselrecht. Das neue Wechselrecht begünstigt junge gesunde Versicherungsnehmer, da nur diese ohne Risikozuschläge
oder Leistungsausschlüsse in Normaltarife weiterwechseln können. Die Mitgabe
der Alterungsrückstellung geht zu Lasten von alten und kranken Versicherten,
für die sich ein Wechsel in den Basistarif eines anderen Unternehmens
nicht lohnt, die wegen der Risikoprüfung nicht in Normaltarife anderer
Versicherer wechseln können und die darüber hinaus die entstandene Lücke in
der Alterungsrückstellung durch höhere Prämien finanzieren müssen.
Verletzt werden sowohl die verfassungsrechtlich verankerte Eigentumsgarantie
als auch das rechtsstaatliche Prinzip des Vertrauensschutzes und die Freiheit
der Berufsausübung.
Kündigungsrecht
Durch die Gesundheitsreform
wird jegliches Kündigungsrecht der Versicherer ausgeschlossen. Selbst bei betrügerischem Erschleichen von Versicherungsleistungen ist eine Kündigung
durch den Versicherer nicht mehr möglich. Bei Nichtzahlung der Beiträge
besteht weiterhin in fast vollem Umfang Versicherungsschutz. Die redlichen
Versicherten müssen Versicherungsleistungen für säumige Beitragszahler und
andere sich nicht vertragstreu verhaltende Versicherte finanzieren. Diese
Regelung eliminiert das Prinzip der Privatautonomie im Bereich der privaten
Krankenversicherung und verstößt somit gegen die Freiheit der Berufsausübung
und das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit.
Übertragung
sozialstaatlicher Aufgaben
Durch den Basistarif hat der Gesetzgeber die
privaten Krankenversicherer verpflichtet, infolge eines Kontrahierungszwangs
auch nicht versicherbare Risiken zu übernehmen. Damit überträgt er einen
Bereich der allgemeinen Daseinsvorsorge, der in der Pflicht des Staates
steht, auf eine mit diesem Vorsorgeanspruch nicht im Zusammenhang stehende
private Sondergruppe: Die privaten Krankenversicherer und deren Versicherungsnehmer. Im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung
geschieht dies ohne steuerliche Zuschüsse. Der Gesetzgeber legt damit eine
verdeckte verfassungswidrige Sonderabgabe fest. Auch hier liegen Verstöße
gegen die Freiheit der Berufsausübung, die Eigentumsgarantie und das
Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit vor.
Rolf Bauer und Bernd
Jansen: "Die verfassungswidrigen Eingriffe in die Grundrechte der privaten Krankenversicherer und insbesondere ihrer Versicherten sind so zahlreich und
schwerwiegend, dass es für uns zu dieser Verfassungsbeschwerde keine
Alternative gibt. Dies schulden wir besonders unseren Bestandsversicherten.
Wir sind zuversichtlich, dass das Gesundheitsreformgesetz auf diesem Weg im Interesse des gesamten Gesundheitssystems in den angegriffenen Punkten
aufgehoben, zumindest aber zugunsten unserer Versicherten deutlich verändert
werden wird."
URL: www.deutsche-versicherungsboerse.de/pressespiegel/Continentale-und-INTER-erheben-Verfassungsbeschwerde-gegen-die-Gesundheitsreform-ps_8660.html