Durch die zu starke Förderung der Privatrente hat die Regierung die bAV ins Abseits gestellt. Das ist ein Problem, weil die bAV dringend gebraucht wird.
FRANKFURT - Ohne Komplexität können die Deutschen nicht leben. Das gilt für das Steuersystem, für neue Telefonanschlüsse oder für Fahrten mit der Deutschen Bahn.
Auch in der Altersvorsorge schlägt die Komplexität mit aller Wucht zu.
Dabei ist Thema im Prinzip einfach. Es gibt drei Lösungen, oder in der Sprache der Experten, „Säulen“: die obligatorische staatliche Rente (erste Säule), die betriebliche Altersversorgung (bAV)
(zweite) und private Rentenversicherungen (dritte). Bis 2005 waren die Säulen leicht zu verstehen und klar voneinander getrennt.
Aber Deutschland wäre nicht Deutschland, wenn man die Altersvorsorge auch nicht kompliziert machen würde. Seit dem Alterseinkünftegesetz (AEG) 2005 spricht man nicht mehr von „Säulen“ sondern
von „Schichten“. Seitdem findet sich die nach Bert Rürup benannte Privatrente in derselben Schicht wieder wie die staatliche Rente. Die bAV und die Riestersche Privatrente, staatlich gefördert wie das
Rürup-Produkt, machen die zweite Schicht aus.
Mit dem AEG wollte die Bundesregierung den Selbstständigen bei der Altersvorsorge helfen, und zwar in Form der Rürup-Rente. Warum Riester nicht dafür taugte, mögen Zyniker mit der Vorliebe für
Komplexität erklären, aber das AEG hatte vor allem mit den mächtigen Interessen der Versicherungswirtschaft zu tun. Denn die Versicherer und ihre Finanzvermittler bekamen nicht nur ein weiteres
Produkt.
Die Verwischung der Grenzen in der Altersvorsorge bringt auch eine Aufwertung der Privatrenten mit sich, die wegen der Provisionen und ihrer individualistischen Natur teurer sind als die
bAV. Die Rechnung ging auf: Es gibt inzwischen mehr als 13 Millionen Riester-Verträge.
Wie es sich aber nun herausstellt, hat Berlin mit dem AEG einen Fehler gemacht. Im Ergebnis hat die Politik durch die zu starke Förderung der Privatrente die bAV ins Abseits gestellt. Das ist
ein Problem. Denn die bAV wird gebraucht. Nur: acht Jahren nach der Einführung der Entgeltumwandlung unter dem Altersvermögengesetz hat die bAV weder einen hohen Deckungsgrad erreicht noch ist die
Beteiligungsquote zufriedenstellend. Deswegen warnen Experten immer noch von der Gefahr der Altersarmut.
Von der negativen Entwicklung sind bAV-Experten nicht überrascht. Sie weisen zu Recht darauf hin, dass die bAV die Menschen viel besser absichern kann. Dafür nennen sie drei Gründe: Der
Arbeitgeber kann sich finanziell beteiligen, durch Gruppen-Verträge werden die Risiken besser und kostengünstiger gesteuert und die Qualität der Beratung ist höher. Ein renommierter bAV-Experte bringt
es auf den Punkt: „Die Bundesregierung muss die 13 Millionen fehlgeleitete Menschen zu der bAV bringen.“
portfolio institutionell newsflash 31.03.2010/jan/maa
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