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07.12.2005 - dvb-Presseservice

Das VVG der Zukunft - die Zukunft für Lebensversicherer, Krankenversicherer und Vermittler

Am 11.11.2005 fand vor gut 200 Teilnehmern in den Räumen der Humboldt-Universität zu Berlin die 14. Öffentliche Veranstaltung des Vereins zur Förderung der Versicherungswissenschaft an den Berliner Universitäten statt. Sie stand unter der Überschrift "Das VVG der Zukunft – die Zukunft für Lebensversicherer, Krankenversicherer und Vermittler".

Das Versicherungsvertragsgesetz der Zukunft: Re-Regulierung versus Deregulierung

Unter dem Motto „Das VVG der Zukunft – die Zukunft für Lebensversicherer, Krankenversicherer und Vermittler“ fand am 11. November die 14. Öffentliche Veranstaltung des Vereins zur Förderung der Versicherungswissenschaft an den Berliner Universitäten in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Die Reformierung des Versicherungsvertragsgesetzes wird grundlegende Änderungen für den Versicherungsvertrieb sowie die Produkte Lebensversicherung und private Krankenversicherung mit sich bringen, sowohl für den Versicherungskunden als auch die Versicherungswirtschaft.

In seinem einführenden Vortrag stellte Herr Ministerialrat Volker Schöfisch aus dem Bundesjustizministerium die möglichen Auswirkungen des sich noch in der Entstehung befindlichen Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) insbesondere auf die Versicherungsvermittler und die Lebensversicherung dar. Die Umsetzung der entsprechenden EG-Richtlinie wird für Versicherungsvermittler, aber auch Berater, umfangreiche Neuregelungen enthalten. So muss beispielsweise dem Kunden gegenüber erklärt werden, ob der gegebene Rat auf einer ausgewogenen Grundlage, also der Einholung einer im Verhältnis zur erwarteten Prämie ausreichenden Anzahl von Angeboten, beruht. Dass auch sog. Versicherungsberater nun z. B. bei Vertragsanpassungen unter die Richtlinie fallen, wurde sowohl von Vertretern der Versicherungsvermittler als auch der Versicherungsmakler begrüßt. Offen ist bislang, ob die entsprechende Aufsicht bei den Gewerbeämtern, bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder in der Selbstverwaltung der Versicherungswirtschaft liegen solle.

In der anschließenden, von Herrn Dr. Marc Surminski geleiteten Podiumsdiskussion befürwortete Gerald Archangeli vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute die privatwirtschaftliche Regelung, bezweifelt aber, ob die Dokumentations- und Beratungspflichten letztendlich nicht den wirtschaftlich sinnvollen Rahmen sprengen werden. Ist es z. B. Aufgabe des Vermittlers, die Urlaubswünsche des Kunden zu erfragen, um ihm im Falle einer Reise nach Schweden eine Kfz-Versicherung zu empfehlen, die auch durch Elche verursachte Unfälle abdeckt? Wer würde am Ende über die Vielzahl der gespeicherten Informationen verfügen können? Während sich hier für die Vermittler gravierende Veränderungen, insbesondere bei der Haftung, ergeben, sind diese für die Versicherungsmakler bereits heute Realität. Die Gleichstellung mit den Maklern, für die sich nach dem neuen VVG kaum Änderungen ergeben, wurde daher auch vom Vertreter des Instituts der Versicherungsmakler, Herrn Hans-Ludger Sandkühler, begrüßt: Das neue VVG bietet für den Versicherungskunden und die Versicherungsvertriebe vor allem Chancen auf eine bedarfsgerechte Beratung anstelle des bloßen Produktverkaufs. Hier sollten die Qualitätsmakler und –vermittler – anders als Vertriebe, die nur den Anschein erwecken Makler zu sein – profitieren können.

Für die Lebensversicherungen werden sich vor allem Veränderungen bezüglich der Berücksichtigung der stillen Reserven bei der Berechnung der Überschussbeteiligung ergeben. Schon die aktuelle Rechtsprechung des BGH verlangt eine stärkere Beteiligung der Kunden an dem durch ihre Prämien bedingten Kapitalanlageerfolg. Das Frühstorno stellt ein weiteres großes Problem bei Lebensversicherungsprodukten dar. Hier dürfen aber nicht nur die Interessen des durch Stornierung ausscheidenden Versicherungsnehmers berücksichtigt werden, wie übereinstimmend sowohl von Ministerialrat Schöfisch als auch von Prof. Dr. Armbrüster der Freien Universität Berlin und Prof. Dr. Gründl von der Humboldt Universität festgestellt wurde. Vielmehr sollten keinesfalls die „vertragstreuen“ Kunden durch ungerechtfertigt hohe Zahlungen an die aus dem Versicherungskollektiv ausscheidenden Kunden geschädigt werden. Die negativen Effekte unter anderem auf die private Altersvorsorge wären sonst nur schwer abschätzbar. Unbestritten seien auch die derzeit mangelnde Transparenz der Lebensversicherungsprodukte und die geringen Rückkaufswerte nach einem Frühstorno, die das Kündigungsrecht indirekt aushebeln und durch mangelnde Wechselmöglichkeiten den Wettbewerb auf dem Lebensversicherungsmarkt ausschalten. So ist der Rückkaufswert aufgrund des Abzuges der Abschlusskosten zu Beginn der Vertragslaufzeit in der Regel Null. Der Gesetzgeber tendiert zur Lösung des Frühstornoproblems mit Hilfe der Streckung der Abschlusskosten über einen Zeitraum von fünf Jahren, Prof. Dr. Schwintowski schlägt hier sogar die Streckung über die gesamte Vertragslaufzeit vor. Problematisch könnte beides für den Vertrieb werden, der dann den Verlust einer der ertragsreichsten Provisionsquellen befürchtet.

Die Vertreter der Versicherungswissenschaft, Prof. Armbrüster, Prof. Gründl und Prof. Schwintowski sehen eine mögliche Lösung der Probleme des Frühstorno insbesondere in stärkeren Informationspflichten der Versicherungsunternehmen; Informationen, die sich auch auf den bislang eher unbekannten Zweitmarkt erstrecken sollten. Prof. Gründl schlägt vor, die Rückkaufswert-Problematik auf einfache Weise zu lösen. Lebensversicherer sollten unterschiedliche Policen mit vorher definierten Rückkaufswerten, die ihrerseits nicht an der Höhe des Deckungskapitals festgemacht werden müssten, anbieten und dem Markt und damit dem Kunden die Entscheidung über hohe oder niedrige Stornoleistungen überlassen. Prof. Gründl betonte die in diesem Fall steigenden Anforderungen an das Risikomanagement des Versicherungsunternehmens. Auch die von der VVG-Reformkommission vorgeschlagene „salomonische“ Lösung, also die hälftige Aufteilung des ungezillmerten Deckungskapitals, könnte aufgrund der einfachen Umsetzbarkeit in der Praxis eine von vielen Alternativen zum bisherigen System sein.

Die private Krankenversicherung leidet wie auch die gesetzliche Krankenversicherung unter den steigenden Gesundheitskosten. Daher wurde von der Vertreterin des Verbandes der PKV, Frau Sybille Sahmer, die voraussichtliche Einführung des Wirtschaftlichkeitsgebots unterstützt. Heute ist es den privaten Krankenkassen nicht möglich, Kosten durch direkte Abrechnung etc. zu steuern. Für gleiche Behandlungen gelten oftmals unterschiedliche Abrechnungsbeträge für die private und die gesetzliche Krankenversicherung. Trotz der Wichtigkeit der Thematik erscheinen die endgültigen Regelungen des VVG hinsichtlich der Portabilität der Altersrückstellung bei einem Wechsel des Krankenversicherers noch offen. Hier muss ein Kompromiss zwischen Entmischung des Kollektivs durch Mitnahme der kalkulierten Altersrückstellung und der schwer zu berechnenden individuellen, prospektiven Altersrückstellung gefunden werden. Möglich wäre eine Differenzierung der zu transferierenden Alterungsrückstellung nach dem historischen Schadenverlauf der letzten Jahre oder die vorherige vertragliche Fixierung und Einpreisung unterschiedlicher Wechseloptionen.

Im Rahmen der Jahrestagung des Berliner Fördervereins wurde in diesem Jahr bereits zum fünften Mal der Berliner Preis für Versicherungswissenschaft übergeben. In Anerkennung ihrer hervorragenden Dissertationen, die Herr Prof. Gründl in seiner Laudatio würdigte, überreichte der Vorsitzende des Vereins, Herr Wolf-Rainer Hermel, Urkunden und ein Preisgeld von je 4.000 € an die beiden Preisträger:
Dr. Dominik Klimke, Freie Universität Berlin. Thema der Dissertation: Die halbzwingenden Vorschriften des VVG – Ihre Missachtung und ihr Verhältnis zur Kontrollen nach BGB (§§ 305 ff.)
Dr. Oliver Riedel, Universität Gießen. Thema der Dissertation: Allokationswirkungen realer Umwelthaftungsregelungen bei Risikoaversion und unvollständigem Schadenersatz.

stud. rer. pol. Sebastian Bauch, Humboldt-Universität zu Berlin



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