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11.08.2009 - dvb-Presseservice

Der aktuelle Rechtstipp: Teurer Mauerfall – Kindlicher Kletterreiz mit Folgen

Nicht alles, was Kinder wollen, sollten Erwachsene durchgehen lassen. Wer im Umgang mit dem Nachwuchs die nötige, eigene Sicherheitsverantwortung missen lässt, braucht sich später nicht zu wundern, wenn er vor Gericht leer ausgeht. Dies zeigt einmal mehr die jüngste Rechtsprechung. Diesmal in einer Entscheidung vom Thüringer Oberlandesgericht (OLG) in Jena unter dem Aktenzeichen 4 U 925/08.

Viele Erwachsene sind immer wieder fasziniert von der fast grenzenlosen Neugierde, die Kindern eigen ist. Die Kleinen erkunden auf ihre ganz eigene Art und Weise die Welt. Meistens, indem sie einfach alles ausprobieren. Dass sie dabei Gefahren weder für sich noch andere erkennen, ist normal. Ohne die ständige Aufsicht und auch Führung von Erwachsenen, vor allem in den ersten Jahren, wären Unfälle an der Tagesordnung.

Diese Erfahrung musste – wenn auch auf ziemlich schmerzliche Weise – eine Frau machen, die mit ihrer sechsjährigen Nichte unterwegs war. Auf ihrem Spaziergang entdeckte das Mädchen am Rand des Gehwegs eine Mauer, auf der es seinen Gang fortsetzen wollte. Die Tante hatte offensichtlich nichts dagegen. Das Mädchen kletterte auf die rund 40 Zentimeter hohe Mauer, die erkennbar aus nur lose aufeinander liegenden Sandsteinen bestand. In diesem Moment passierte das Malheur: Aus der Mauer löste sich ein Stein und traf die Tante am Schienbein. Der Mauerfall hatte weit reichende Folgen: Der Arzt diagnostizierte einen Schienbeinbruch.

Daraufhin verklagte die Frau die Stadt, zu deren Eigentum die Mauer gehört, auf Schadensersatz. Nach dem sie bereits in der Erstinstanz, vor dem Landgericht (LG) Mühlhausen, mit ihrem Anliegen gescheitert war, bekam sie auch vor dem Thüringer Oberlandesgericht (OLG) kein Recht. „Der Gesetzgeber verlangt, dass bei jedem Schadenersatzanspruch geprüft wird, ob ein Mit- bzw. Eigenverschulden des Geschädigten vorliegt“, weist Dr. Andreas Müller-Wiedenhorn, Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln, auf die rechtliche Grundregel hin. „Hat der Geschädigte den Schaden mitzuverantworten, hängt der Umfang eines möglichen Schadensersatzes ganz wesentlich davon ab, inwieweit er das Malheur mit verursacht hat“, fährt Müller-Wiedenhorn fort.  

In diesem Fall waren sich die Jenaer Richter mit den Kollegen der Vorinstanz einig: Sie stellten klar, dass die Tante den Unfall ganz überwiegend selbstverschuldet und daher keinen Schadensersatzanspruch hat. In ihrer Begründung stellten die Richter auf die mangelnde eigene Sicherheitsverantwortung der Frau ab. „Wer mit einem kleinen Kind unterwegs ist, muss damit rechnen, dass eine niedrige Mauer einen unwiderstehlichen Kletterreiz ausübt. Falls die Mauer dann auch noch erkennbar wackelig ist, heißt es, das Kind besser an die Hand zu nehmen. Ansonsten wird der Spaziergang zu einer doppelt wackeligen Angelegenheit: vor Ort und später vor Gericht“, fasst Müller-Wiedenhorn die richterliche Begründung zusammen.



Frau Jeannette Fentross
Tel.: 0221/348038-18
E-Mail: mueller-wiedenhorn@brunomedia.de

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