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11.02.2010 - dvb-Presseservice

Der aktuelle Rechtstipp

Unfall in der Mittagspause: Versichert auf dem Weg zur Freundin

Arbeitnehmer, die auf dem Weg zum Mittagessen bei Freund oder Freundin einen Unfall erleiden, sind gesetzlich unfallversichert. Dies geht aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz unter dem Aktenzeichen L 2 U 105/09 hervor.

Auch ein einsames Mittagessen macht zwar satt, aber nicht unbedingt glücklich. Wer hingegen gemeinsam mit Freund oder Freundin isst, dem schmeckt es meist doppelt so gut. Das wird sich auch der Steinmetzgeselle, der schließlich mit seinem Fall vor dem Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz landete, gedacht haben, zumal sein Arbeitgeber keine Kantine oder Vergleichbares anbot. Eines Tages kam der Arbeitnehmer und Motorradfahrer allerdings nicht bei seiner damaligen Freundin an. Auf dem Weg vom Betriebsgelände zu ihr verunglückte der Motorradfahrer während seiner Mittagspause schwer.

Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Ihre Begründung: Es habe sich nicht um einen versicherungsrechtlich geschützten Weg zur Nahrungsaufnahme gehandelt. Dafür habe die Zeit bei einer einfachen Fahrtstrecke von 13 Minuten gar nicht gereicht. Außerdem habe im Vordergrund der Wunsch des Arbeitnehmers gestanden, die Mittagspause in der Gesellschaft seiner Freundin zu verbringen. Er selbst hatte angegeben, dass ihm jede Minute mit seiner Freundin doppelt so lieb sei wie mit seinen Arbeitskollegen und er daher trotz der knappen Zeit in seiner Mittagspause dorthin fahre.

Schon die Vorinstanz, das Sozialgericht (SG) Koblenz, hatte der Berufsgenossenschaft widersprochen. „Grundsätzlich gilt, dass Wege zur Einnahme von Mahlzeiten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Schließlich dient das Essen der Erhaltung der Arbeitskraft“, weiß Dr. Andreas Müller-Wiedenhorn, Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek in Köln.

„Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Versicherte den Weg zur eigenen Wohnung, in ein Restaurant oder Ähnliches wählt. Schließlich sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, ihr Essen an der nächstmöglichen Stelle einzunehmen“, weiß der Kölner Anwalt Müller-Wiedenhorn. Auch konnten die Koblenzer Richter kein unangemessenes Verhältnis zwischen der Fahrtstrecke und der dafür benötigten Zeit sowie der verbleibenden Zeit zum Essen feststellen und verurteilten die Berufsgenossenschaft zur Entschädigung des Unfalls als Arbeitsunfall.

Gegen diese Entscheidung legte der Sozialversicherungsträger Berufung ein und scheiterte damit auch in nächster Instanz, vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz. „Die Richter machten auch hier klar, dass es in der Entscheidungsfreiheit des Versicherten liegt, wo und mit wem er sein Mittagessen einnehmen will“, fast Dr. Müller-Wiedenhorn die Quintessenz der LSG-Entscheidung zusammen. Die Berufung wiesen die LSG-Richter auch mit dem Hinweis zurück, dass eine zeitliche Obergrenze für den Weg zum Mittagessen, ab dem der Versicherungsschutz entfalle, nicht existiere. Ausschlaggebend sei allein, ob das Motiv für die Fahrt ausschließlich oder ganz überwiegend nicht die Nahrungsaufnahme selbst sei. Das treffe aber in diesem Fall nicht zu. Übrigens: Das Landessozialgericht (LSG) Mainz hat in diesem Fall Revision zugelassen.



Frau Jeannette Fentross
Tel.: 0221/348038–18
E-Mail: mueller-wiedenhorn@brunomedia.de

Heuking Kühn Lüer Wojtek
Magnusstraße 13
50672 Köln
http://www.heuking.de

URL: www.deutsche-versicherungsboerse.de/pressespiegel/Der-aktuelle-Rechtstipp-ps_17029.html