Ab dem 1. Januar können Paare kirchlich heiraten, ohne vorher eine
zivilrechtliche Ehe beim Standesamt eingegangen zu sein. ARAG Experten erläutern
die Konsequenzen dieser Änderung des Personenstandsrechtes.
Otto von
Bismarck entkräftete 1875 den Einfluss der Geistlichkeit auf den Staat und
führte die Zivilehe vor der kirchlichen bindend ein. Somit war es Priestern
verboten, vor einer standesamtlichen Eheschließung eine Hochzeit in der Kirche
zu zelebrieren. Dieses Verbot hat der Gesetzgeber nach 133 Jahren ohne viel
Aufsehen gekippt. Ab dem 1. Januar 2009 können sich Paare auch dann kirchlich
trauen lassen, wenn sie vorher nicht auf dem Standesamt waren. Somit stehen die
Ehe nach Kirchenrecht und die bürgerliche Ehe jetzt vollkommen eigenständig
nebeneinander. Das hat weitreichende Auswirkungen auf die rechtliche Situation
der Eheleute.
Ehe oder nichteheliche Gemeinschaft
Auch die ARAG
Experten wissen: Eine Hochzeit ist immer eine fröhliche Angelegenheit; es ist
die Zeit danach, die schwieriger wird! Dies gilt besonders für Ehen, die
ausschließlich kirchlich, nicht aber zivilrechtlich geschlossen wurden. Diese
Paare befinden sich in einer Ehe, die nach staatlichem Recht als nichteheliche
Gemeinschaft eingestuft wird. Eheleute im bürgerrechtlichen Sinne sind somit nur
solche Paare, die vor dem Standesamt getraut wurden.
Nur-Kirchenehe
ARAG Experten befürchten, dass das Modell einer ausschließlich kirchlich
geschlossenen Ehe unter Umständen auch aus zweifelhaften Beweggründen gewählt
werden könnte. Zum Beispiel, um das Risiko eines Scheiterns der Ehe
vermögensrechtlich auf den schwächeren Partner abzuwälzen. Denn
Schutzbestimmungen für den Schwächeren im Falle einer Ehescheidung gibt es bei
der Nur-Kirchenehe genauso wenig wie Unterhalt oder einen Zugewinnausgleich. Ist
die Versorgungsgemeinschaft erst einmal zerbrochen, kann es durchaus passieren,
dass ein Partner mit gänzlich leeren Händen dasteht.
Standesamt lohnt
sich
Die zivilrechtlich bekundete Ehe hat aber nicht nur im Falle eines Scheiterns Vorteile. Auch während der Ehe genießen beide Partner verschiedene Privilegien. Dazu gehört neben dem Steuerfreibetrag auch das Ehegattensplitting. Besuchsrechte im Krankenhaus können dem Ehepartner genauso wenig verwehrt werden wie die Entscheidungsgewalt bei einer anstehenden Organspende oder der Totensorge. Nach Auskunft der ARAG Experten bleibt Paaren, die auf den Gang zum Standesamt verzichtet haben, all dies verwehrt. Mehr noch: Im Todesfall wird ein lediglich kirchlich angetrauter Ehegatte erbrechtlich behandelt wie ein Fremder. Wird der hinterbliebene Partner testamentarisch bedacht, zahlt er oder sie hohe Erbschaftssteuersätze; gibt es kein Testament, geht der trauernde Partner unter Umständen ganz und gar leer aus. Auch hinsichtlich einer Witwenrente wird die oder der lediglich kirchlich Angetraute vermutlich leer ausgehen. Ebenso können die Kinder betroffen sein. Während ein zum Zeitpunkt der Geburt standesamtlich mit der Mutter verheirateter Mann gesetzlich als Vater gilt, muss der lediglich kirchlich Verheiratete die Vaterschaft ausdrücklich anerkennen.
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