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15.06.2007 - dvb-Presseservice

„Ein bisschen schwanger“

Zeitschrift für Versicherungswesen
Nr. 12, 15. Juni 2007

Sparkassen als Makler – Ventillösungen in der Diskussion

Die EU-Vermittlerrichtlinie zwingt die deutschen Vermittler dazu, sich gegenüber ihren Kunden eindeutig zu positionieren: als Einfirmenvertreter, Mehrfachagenten oder Makler. Diese eindeutige Positionierung ist immer dann ein Problem, wenn das Profil der Vermittler bislang eher unscharf war- etwa bei den „Pseudomaklern“, die als Makler agierten, aber eigentlich Mehrfachagenten waren. Das gilt auch für Vertriebsorganisationen: Der unabhängige Finanzoptimierer“ aus Hannover positioniert sich jetzt als Mehrfachagent (und muss auch die vollmundigen Aussagen in seiner Werbung entsprechend abändern); der Heidelberger Akademikervertrieb schickt seine Vermittler dagegen nach einem Qualifizierungskraftakt als Makler zum Kunden.

Einen weiteren Grauzonenbereich gibt es im Bankvertrieb. In der Regel agieren hier die Kreditinstitute als Ausschließlichkeitsvertreter für ihren Versicherungspartner – was keine Diskussionen auslösen sollte, wenn die „Herrschaftsverhältnisse“ so eindeutig sind wie etwa bei der R+V oder der Allianz. Unübersichtlicher ist die Situation im bunten Lager der Sparkassen, wo der eigene Wille traditionell noch einen hohen Stellenwert hat. Hier gab es bislang mancherorts neben dem angestammten Versicherungspartner aus dem öffentlichen Lager schon immer „Ventillösungen“ über weitere Kanäle – in der Regel über eine Mehrfachvermittlertätigkeit auch für andere Häuser, etwa für die bei den „Öffentlichen“ heiß umstrittene Neue Leben.

Vertreter und Makler?

Mit der EU-Vermittlerrichtlinie müssen sich aber auch die Sparkassen klar positionieren: Entweder als Auschließlichkeitsvermittler für „ihren“ öffentlichen Partner – oder als Mehrfachagent, wenn sie ihren Kunden noch andere Angebote machen wollen. Einen dritten Weg geht ein großer öffentlicher Versicherer, der den Sparkassen über einen verbundeigenen Makler auch eine Maklerventillösung anbietet. Wenn der Kunde mit den Lösungen des öffentlichen Versicherers nicht zufrieden ist, kann er über Sparkassenmitarbeiter, die mit dem Makler einen extra Nebenberufler-(Tippgeber)Vertrag abgeschlossen haben, Produkte aus der ganzen Breite des freien Marktes bekommen. Die Sparkassen sparen sich bei dieser Lösung den Aufwand, den der Maklerstatus in Sachen Qualifikation, Haftung und Registrierung bedeutet, können aber trotzdem gegenüber ihren Kunden auf die Vorteile der Maklerwelt zurückgreifen.

Was am Ende wie „das Beste aus zwei Welten“ oder die Quadratur des Kreises in unruhigen Vertriebszeiten aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch als rechtlich ziemlich unsichere Konstruktion. Rechtsanwalt Dr. Frank Baumann, Spezialist für Vermittlerecht, hat dieses Konzept schon vor einiger Zeit in der "Zeitschrift für Versicherungswesen" als unvereinbar mit dem Transparenzgebot der EU-Vermittlerrichtlinie kritisiert: „Es verbietet sich, das sich jemand dem Kunden als Vertreter mit entsprechender Visitenkarte vorstellt, am Ende des Gespräches aber, falls er den Kunden mit den Produkten seines 'eigenen' Versicherers nicht zufrieden stellen kann, aus dem selbst gewählten Vermittlerrahmen herausspringt und auf die Angebotspalette des Maklers zurückgreift.“ (ZfV 7/2007, S. 218)

Riskante Ventillösung

Eine derartige „Ventillösung“ über einen Makler täuscht im Endeffekt sowohl die Kunden als auch die Registerbehörde und verstößt gegen die Informations- und Transparenzpflichten des Vermittlergesetzes. Wenn eine Sparkasse faktisch als Makler tätig, aber als Ausschließlichkeitsvermittler registriert ist, riskiert sie im Ernstfall ihre Registrierung – oder muss gegenüber ihren Kunden sogar wie ein Makler haften, wenn ein Schaden eingetreten ist.

Natürlich suchen die Sparkassen in der durch die Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie unübersichtlichen Lage nach Orientierung – und nach einer möglichst unaufwendigen Lösung. Natürlich stecken die Sparkassen bei der Positionierung heute in einer Zwickmühle. Auf die Verbundpartner eingeschworen, aber von verbundfremden Anbietern als starker Vertriebsweg umworben, müssen sie sich gleichzeitig in einem immer härteren Wettbewerb vor allem im hochwertigen Privatkunden- und Gewerbegeschäft gegen zunehmend stärkere Konkurrenz der großen Finanzkonzerne durchsetzen und deshalb oft auch zusätzliche Angebote im Köcher haben.

Aber der Gesetzgeber verlangt Eindeutigkeit, und die Zeiten der Winkelzüge und der rechtlichen Hilfskonstruktionen, um an diese Angebote zu kommen, sind vorbei. Wer mehr als nur die Produkte seines Verbundpartners anbieten will, muss sich gegenüber den Kunden klar aufstellen: als Mehrfachagent oder als Makler. „Ein bisschen schwanger“ geht in Zukunft nicht mehr – auch im Versicherungsvertrieb.



Herr Marc Surminski
Tel.: 040 / 473500
Fax: 040 / 4605870
E-Mail: info@allgemeiner-fachverlag.de

Zeitschrift für Versicherungswesen
Agnesstr. 1
22301 Hamburg
http://www.allgemeiner-fachverlag.de/

URL: www.deutsche-versicherungsboerse.de/pressespiegel/Ein-bisschen-schwanger-ps_5008.html