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15.07.2009 - dvb-Presseservice

Ersatzkassen fordern gerechtere Finanzierung Bürokratiekosten von rund 700 Mio. Euro vermeiden!

Wettbewerb statt Zwang zu Einheitsverträgen

Die Ersatzkassen erwarten, dass die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wieder gerechter gestaltet wird. In einem gemeinsamen Positionspapier fordern sie die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Christian Zahn, Vorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek), betonte auf einer Pressekonferenz: „Die Lasten haben sich eindeutig zu Ungunsten der Versicherten verschoben.“ Durch Selbstbeteiligungen und durch den Sonderbeitrag von 0,9 Prozent sei die hälftige Finanzierung von Versicherten und Arbeitgebern in der GKV schon längst Vergangenheit. Nun drohe eine weitere Lastenverschiebung durch die Zusatzbeiträge. Gerade ein pauschaler Zusatzbeitrag sei sozial ungerecht, da er besonders die Versicherten mit geringem Einkommen überproportional belastet. Darüber hinaus würden durch die Führung von zusätzlichen Beitragskonten enorme Bürokratiekosten entstehen. Für die Erhebung des Zusatzbeitrags müssten 50 Millionen neue Versichertenkonten geschaffen und gepflegt werden, so Zahn. „Wir fordern daher, dass der Zusatzbeitrag einheitlich und verpflichtend nur noch prozentual erhoben wird.“ Der Beitrag würde auf den Sonderbeitrag aufgeschlagen und wie gewohnt im Quellenabzugsverfahren an die zuständige Krankenkasse überwiesen. „Dieses Verfahren ist sozial gerechter und reduziert die Bürokratiekosten erheblich!“, so der Verbandsvorsitzende.

Zahn betonte, spätestens im nächsten Jahr drohten flächendeckend Zusatzbeiträge in der GKV. Der finanzielle Druck in der GKV sei immens. „Die Wirtschaftskrise ist in der GKV angekommen.“ Dem Gesundheitsfonds fehlten nach aktueller Schätzung drei Milliarden Euro. 2010 könnte die Deckungslücke darüber hinaus weiter anwachsen. Auch wenn die fehlenden Gelder noch durch ein Liquiditätsdarlehen finanziert werden könnten: „Im Jahr 2011 kommt die Stunde der Wahrheit, dann müssen die Darlehen wieder zurückgezahlt werden.“ Dann müssten die Versicherten über die Zusatzbeiträge die Zeche für die Konjunkturkrise zahlen. Als Sofortnahme forderte Zahn deshalb, den geplanten Steuerzuschuss von 14 Milliarden Euro vorzuziehen und bereits ab 2010 in voller Höhe an den Gesundheitsfonds auszuzahlen. Die darüber hinaus gehenden Einnahmedefizite, die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise entstünden, müssten durch einen Bundeszuschuss gedeckt werden. „Das Liquiditätsdarlehen wurde konzipiert, um unterjährige Schwankungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, auszugleichen, nicht aber um strukturelle Mindereinnahmen zu kaschieren“, so Zahn.

Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des vdek, forderte eine bessere Steuerung der vorhandenen Ressourcen und neue Versorgungskonzepte, um die Probleme der Zukunft in den Griff zu bekommen. „Die Ärzte machen es sich zu einfach, wenn sie reflexartig neues Geld fordern“, betonte Ballast. Nicht Rationierung könne die Antwort auf die Mengen- und Qualitätsprobleme im Gesundheitswesen sein, vielmehr ist Wettbewerb der Schlüssel für eine verbesserte Ressourcensteuerung. Ballast wünscht sich neue Ideen, kreative Konzepte und engagierte Ärzte und andere Leistungserbringer, die bereit sind, neue Wege in der Versorgung zu gehen. Neben den Kollektivverträgen, die die Grundlage für eine flächendeckende Versorgung der Versicherten sind, müssen Selektivverträge das kollektivvertragliche System ergänzen. „Es muss sichergestellt sein, dass alle Versicherten eine medizinische Versorgung nach einheitlichen Kriterien bekommen. Selektivverträge sind der Innovationsmotor in der Versorgung. Um Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsanstrengungen zu fördern, müssen die Rahmenbedingungen flexibler werden – hierzu gehören praxistaugliche Bereinigungregelungen der Arzt- und Krankenhausbudgets, um Doppelfinanzierungen auszuschließen“, betonte Ballast.

Mehr Wettbewerb bedeutet aber nicht, neue Monopole zu schaffen. Ballast kritisierte, dass durch die im Gesetz verpflichtend vorgeschriebene hausarztzentrierte Versorgung eine neue Machtkonzentration auf Seiten der Hausarztverbände entsteht. Das zentrale Ziel einer qualitativen Verbesserung der Versorgung wird dabei verfehlt. Finanzmittel werden verschwendet, statt die Qualität zu verbessern. Wozu die Leistungserbringer ihren neuen Machtzuwachs nutzen, mussten wir in den letzten Wochen erkennen: Voraussichtlich 1.800 Verträge werden jetzt über die Schiedspersonen zu regeln sein. „Die Ersatzkassen fordern daher, die Verpflichtung zum Abschluss von Hausarztverträgen nach Paragraf 73b SGBV in der nächsten Legislaturperiode unverzüglich aufzuheben“, betonte Ballast.

Für die nächsten Jahre sehen die Ersatzkassen den demografischen Wandel als eine der größten Herausforderungen für die GKV. Eine „alternde“ Gesellschaft benötigt eine Veränderung des Versorgungsangebots. Altersassoziierte Erkrankungen (wie etwa Hypertonie und Diabetes) sowie chronisch-degenerative Erkrankungen (wie Demenz und Parkinson) nehmen mit dem Alter zu und erfordern eine stärkere geriatrisch ausgerichtete Versorgung. „Trotzdem muss der demografische Wandel nicht zu einer Kostenexplosion führen: Die meisten Kosten entstehen immer noch in den letzten zwei bis drei Lebensjahren“, erläuterte Ballast. Es müsse aber darauf geachtet werden, neue Versorgungsangebote nicht nur zusätzlich zu schaffen, sondern auch bestehende Angebote wegen nachlassender Nachfrage zurückzufahren.

Als Sofortmaßnahme forderte Ballast die Reduzierung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel, wie es in fast allen EU-Mitgliedsstaaten bereits üblich ist. „Es ist niemandem zu erklären, warum für Arzneimittel der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben, für Schnittblumen, Taxifahrten und Hundefutter jedoch ein ermäßigter Steuersatz zu Grunde gelegt wird. Durch die Reduzierung der Mehrwertsteuer könnte die GKV noch in diesem Jahr 3,7 Milliarden Euro einsparen“, so Ballast.



Frau Michaela Gottfried
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