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11.01.2008 - dvb-Presseservice

Evaluation von Hausarztverträgen der Ersatzkassen: Erste Zwischenbilanz in fünf Regionen

Die hausarztzentrierte Versorgung (HZV) zeigt bisher noch uneinheitliche Trends. Dies betrifft die Steuerungs- bzw. Lotsenfunktion des Hausarztes wie auch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der hausarztzentrierten Versorgung. Zu diesem ersten Zwischenergebnis kommt das AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, Göttingen, in einer aktuellen wissenschaftlichen Analyse, die das Institut im Auftrag des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) für fünf Ersatzkassen im November 2007 durchgeführt hat. Die Evaluation bezieht sich auf HZV-Verträge, die in Hessen (DAK, TK, KKH, HMK, HEK), Niedersachsen (DAK, HMK), Nordrhein (DAK, TK, KKH, HMK, HEK), Nordwürttemberg (DAK, TK, HMK, HEK) und Westfalen- Lippe (DAK, HMK) mit den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) abgeschlossen wurden. Ausgewertet wurden zunächst nur die Daten aus den Jahren 2005 und 2006, allerdings soll die gesamte Studie den Zeitraum 2005 bis 2008 umfassen. Da sich die meisten HZV-Versicherten erst im zweiten Halbjahr 2005 eingeschrieben haben, sind noch keine großen Effekte der HZV in den Ergebnissen für 2005 zu erwarten.

Die Auswertung des AQUA-Instituts ist die erste regionenübergreifende wissenschaftliche Evaluation dieser Art zu den Hausarztverträgen nach § 73 b SGB V. Grundlage der Analyse sind Routinedaten der beteiligten Krankenkassen aus der ambulanten und stationären Versorgung. Um zu berücksichtigen, dass in die HZV eingeschriebene Versicherte, verglichen mit allen übrigen Versicherten über 18 Jahren, im Durchschnitt fast vier Jahre älter und häufiger chronisch krank sind, wurde für die Evaluation eine Kontrollgruppe von Patienten mit gleicher Morbiditäts-, Geschlechts- und Altersstruktur gebildet. Von insgesamt 57 Kennzahlen wurden zehn als besonders aussagekräftige Indikationen bestimmt, mit denen Aussagen zu den Themenbereichen „Koordinierung der Versorgung“, „Qualität der Versorgung“ und „Kostenentwicklung/ Wirtschaftlichkeit“ gemacht werden konnten. Ingesamt hatten sich in allen fünf Bundesländern 613.645 Versicherte in einen Hausarztvertrag eingeschrieben, das ist ein Anteil von 11,5 % bezogen auf alle Einschreibeberechtigten. Der Anteil der eingeschriebenen Ärzte lag zum 31.12.2006 bei 36,4 % (7.168 Ärzte).

Im Einzelnen kommt das AQUA-Institut zu folgenden ersten Zwischenergebnissen:

„Koordinierung der Versorgung“:
Die gewünschte Lotsenfunktion durch den Hausarzt entwickelt sich bei beiden Versichertengruppen unterschiedlich: Während der Anteil der Facharztkonsultationen mit Überweisungen zwischen 2005 und 2006 bei den HZV-Versicherten mit 46,3% gleich geblieben ist, verringerte sich dieser Anteil in der Kontrollgruppe von 39,1% auf 36,1%. Vor dem Hintergrund der vertraglichen Verpflichtung für die Versicherten, Leistungen der Fachärzte nicht direkt in Anspruch zu nehmen, ist dieser Wert jedoch nicht zufriedenstellend. Augenärzte und Gynäkologen wurden in den Berechnungen nicht berücksichtigt.

„Qualität der Versorgung“:
Der Anteil der Versicherten, die an den Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen teilnehmen, als einer  der Indikatoren in diesem Bereich, ist bei den HZV-Versicherten von 14,7% auf 23,2% gestiegen, in  der Kontrollgruppe stieg er von 10,4% auf 18,3%. Bei weiteren Indikatoren, welche z. B. die Qualität der Arzneiverordnungen bzw. die leitliniengerechte Versorgung beurteilen, gibt es uneinheitliche Entwicklungen.

„Kostenentwicklung/ Wirtschaftlichkeit“:
Die Leistungsausgaben (stationäre Versorgung, Heil- und Hilfsmittel, Arzneimittel) waren bei HZVTeilnehmern pro Versicherten im Jahr 2005 um € 28,47 und im Jahr 2006 um € 14,05 geringer als bei der Kontrollgruppe. Für eine Gesamtbeurteilung der Wirtschaftlichkeit müssen diese Einsparungen mit den Mehrausgaben für ärztliche Betreuungspauschalen nach den HZV-Verträgen (je HZVVersicherten € 12,72 in 2005 und € 24,79 in 2006) und ggf. dem Erlass der Praxisgebühr, je nach den Satzungen der jeweiligen Ersatzkassen (€ 10,- pro Quartal), für die Versicherten verrechnet werden.

Prof. Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des AQUA-Instituts erklärte: „Jetzt gibt es ein Koordinatensystem, mit dem man die hausarztzentrierte Versorgung, soweit aus Routinedaten möglich, abbilden kann. Daraus können Erkenntnisse für die weitere inhaltliche Ausgestaltung und Umsetzung, wie z.B. Anreize für Versicherte und Hausärzte, abgeleitet werden. Dazu bietet die Evaluation des AQUA-Instituts die geeignete wissenschaftliche Basis.“

Für das Jahr 2008 ist unter anderem an eine Überarbeitung des Indikatorensatzes gedacht, um zukünftig Kennzahlen zur Patientensicherheit und Qualität der Versorgung verstärkt in den Fokus der Evaluation zu stellen.



Herr Björn Broge
Tel.: 0551 - 789 52 22
E-Mail: B.Broge@aqua-institut.de

AQUA - Institut für angewandte Qualitätsförderung
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