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25.02.2008 - dvb-Presseservice

Gesundheitsfonds mit vielen Risiken und Nebenwirkungen

"Beim Gesundheitsfonds gibt es noch viel zu viele ungeklärte Fragen, bei der Einführung sollte Qualität vor Schnelligkeit gehen." Dieses Fazit zog Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender der Ersatzkassenverbände VdAK/AEV, auf einem Presseseminar in Berlin. Hoch problematisch sei vor allem die Konstruktion von Einheitsbeitragssatz und Zusatzbeitrag, der viele Kassen unabhängig von der eigenen Wirtschaftlichkeit in einen ruinösen Wettbewerb treiben könne, erklärte Ballast. "Legt die Bundesregierung aus politischen Erwägungen einen zu niedrigen Einheitsbeitragssatz fest, werden bereits mit Start des Fonds viele Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben müssen. Sinkt die Deckungsquote dann in der Folgezeit bis auf 95 % ab, wird schon alleine deswegen der Zusatzbeitrag auf durchschnittlich ca. 12 Euro im GKV-Durchschnitt ansteigen", prophezeite der VdAK-Chef. Bei Kassen mit vielen Härtefällen werde der Zusatzbeitrag dann noch deutlich höher liegen. Je höher die Unterdeckung des Fonds, desto größer sei die einseitige Belastung der Versicherten, so Ballast. Diese strukturbedingten Zusatzbeiträge seien für die Kassen nur begrenzt zu vermeiden. "Sie sind daher unsozial und wettbewerbsfeindlich".

"Der Fonds löst die Finanzrisiken der GKV nicht", so Ballast. Mit einem deutlichen Anstieg des Beitragssatzes müsse bereits ab 2009 gerechnet werden, wenn eine Ausgabendynamik von ca. 3 % je Versicherten unterstellt wird, wie sie im Durchschnitt der vergangenen Jahre jeweils zu verzeichnen war. Darüber hinaus berge die für 2009 vorgesehene Reform der ärztlichen Vergütung erhebliche zusätzliche Finanzrisiken, aber auch die Krankenhäuser forderten mehr Geld. Zwar könne momentan noch niemand genau sagen, wo der ausgabendeckende Beitragssatz 2009 tatsächlich liegen wird. Eine Größenordnung zwischen 15,3 % bis 15,5 % sei aus heutiger Sicht allerdings wahrscheinlich.

Hinzu kommen die unnötigen Kosten für die Verwaltung des Fonds und des Zusatzbeitrages. Allein die Administration des Zusatzbeitrags wird etwa 1,2 Mrd. Euro jährlich kosten, weil etwa 40 Mio. zusätzliche Beitragskonten eingerichtet werden müssen. Das entspricht etwa 0,12 Beitragssatzpunkten bzw. erfordert einen monatlichen Zusatzbeitrag von

2 Euro pro Mitglied. Auch die vorgesehene Härtefallprüfung bei einem Zusatzbeitrag über 8 Euro monatlich schluckt weitere 0,1 Mrd. Euro jährlich. Hinzu kommen die unnötigen Transferflüsse, die durch den Einzug der Beiträge durch die Krankenkassen, durch Überweisung der Beiträge an den Gesundheitsfonds sowie durch Rücküberweisung der "Zuweisungen" des Fonds an die Krankenkassen entstehen. "Lachender Dritte in diesem Verfahren sind die Banken", erklärte Ballast. Auch der Aufbau der gesetzlich vorgesehenen, aber ebenfalls noch nicht konkret definierten Schwankungsreserve dürfte pro Jahr etwa 1 Mrd. Euro, d. h. 0,10 Beitragssatzpunkte kosten, sofern man hierfür einen Zeitraum von etwa drei Jahren ansetzt.

Bei den Ersatzkassen verstärken die historisch bedingten Preisunterschiede im vertragszahnärztlichen Bereich das Problem. Die Politik habe es bislang versäumt, für einheitliche Punktwerte zwischen den Ersatzkassen und den anderen Kassenarten bei der Vergütung der zahnärztlichen Leistungen zu sorgen, so Ballast. Damit würden die Ersatzkassen bereits vor Start des Fonds mit 169 Mio. Euro belastet. Das entspricht unter Fondsbedingungen einem Zusatzbeitrag von monatlich 1 Euro je Mitglied.

Vor diesem Hintergrund forderte Ballast die Politik auf, den Start des Fonds zu verschieben, bis wenigstens mehr Transparenz über die konkreten finanziellen Wirkungen von Morbi-RSA, Insolvenzregelung, Ärztevergütung etc. sowie über die Berechnung und Wirkungen des Zusatzbeitrages hergestellt ist. "Wenn der Fonds nicht aufgegeben wird, so sollte er wenigstens im Rahmen einer mindestens ein- bis zweijährigen Konvergenzphase getestet werden." In dieser Phase würde das bewährte Finanzierungssystem mit kassenspezifischen Beitragssätzen und das in seinen Auswirkungen unbekannte Fondsmodell parallel laufen. Dringend erforderlich sei auch, dass der Gesetzgeber für gleiche Startchancen im Wettbewerb sorgt und die Preisunterschiede im zahnärztlichen Bereich nivelliert.



Frau Michaela Gottfried
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