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16.09.2009 - dvb-Presseservice

HINTERGRUND: Die Josef-Bader-Saga

Der prominente bAV-Vermittler Josef Bader steht wegen eines krummen Pensionsdeals vor Gericht. Doch spricht einiges dafür, dass auch Versicherer in der Iveco-Affäre verstrickt waren.

Für Josef Bader war der Pensionsdeal mit dem Löschfahrzeug-Hersteller Iveco-Magirus vor sieben Jahren der Durchbruch. Mit dem Mega-Abschluss – eine Entgeltumwandlung für rund 2.000 Beschäftigte – wurde sein Vermittlerbüro Magus im Bayerischen Wemding zu einem der bekanntesten Vermittler für Produkte der betrieblichen Altersversorgung (bAV) im süddeutschen Raum.

Fortan musste Bader sich nicht mehr mit kleineren Mittelständlern zufrieden geben, sondern konnte dank des Iveco-Referenzabschlusses größere Unternehmen ansprechen. Auf der Jagd nach dem großen Geschäft organisierte Bader mehrere bAV-Veranstaltungen. Auf diesen erschien ein gewisser Andreas Märkl, seinerzeit Betriebsratschef von Iveco-Magirus, mehrmals als Referent. Einmal wurde das auskunftsfreudige Duo im deutschsprachigen Bloomberg-Fernsehen interviewt. Die Marketingoffensive ging voll auf. Magus gewann mehrere Unternehmen mit Tausenden von Beschäftigten, vor allem Automobilzulieferer. Zu allen Großversicherungen in Deutschland, die hungrig nach bAV-Geschäft waren, schmiedete Bader Beziehungen. Etliche Versicherer, unter anderen HDI-Gerling, die Nürnberger und Zurich machten nur allzu gerne Geschäfte mit Bader. Die Nürnberger pflegte dabei engste Beziehungen zu Bader.

„Nach so viel Erfolg hat Bader völlig den Realitätssinn verloren“

Im Jahr des Iveco-Deals gründete Bader ein zweites Unternehmen, das neben der Vermittlung von bAV-Produkten als „Clearing-Stelle“ fungierte. Eine geschickte Entscheidung, denn mit einer Clearing-Stelle gab Bader vor, Firmenkunden bei der Verwaltung von verschiedenen bAV-Plänen entlasten zu können. Als „Nebenprodukt“ winkte Bader das lukrative bAV-Beratungsgeschäft. Geboren wurde die „Deutsche Gesellschaft für betriebliche Altersversorgung (DGbAV)“.

Obwohl das Vermittlerunternehmen Magus die meisten Umsätze für ihn generierte, stellte Bader ausschließlich die DGbAV in den Vordergrund bei seinem Marktauftritt. So wurde das Unternehmen Anfang 2005 in der Anwesenheit vom Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl Finalist beim „Innovationspreis der deutschen Wirtschaft“. Ein größerer Coup war eine Messe in Berlin, die die DGbAV unter der Schirmherrschaft des Deutschen Arbeitgeberverbandes BDA veranstaltete. „Nach so viel Erfolg hat Josef Bader völlig den Realitätsinn verloren. Er fing an, sich für einen bAV-Gott zu halten“, berichten Leute, die Bader seit vielen Jahren kennen. „Sein Haus in Wemding gleicht einem Hof, wo er den König spielt, seine Frau Karin die Königin und sein Sohn Alexander den Fürsten.“ Baders Haus ähnelt tatsächlich einem Schloss, und auf einem zusätzlichen üppigen Grundstück gibt es eine Pferdezucht.

Allerdings dürfte Bader spätestens mit dem Beginn der Ermittlung der Staatsanwaltschaft wieder Bodenhaftung bekommen haben. Die Staatsanwaltschaft Ulm hat nämlich das ehemalige Duo Bader/Märkl sowie einen weiteren Versicherungsberater wegen des Verdachts der Bestechung bei dem Iveco-Deal angeklagt. Die Anklagen wurden erhoben, nachdem der Ex-Betriebsrat Märkl gestanden hatte, Zahlungen in Höhe von 300.000 Euro für die Einführung von zwei bAV-Plänen bei Iveco-Magirus erhalten zu haben. „Dadurch sei gewährleistet worden, dass hierbei das Maklerunternehmen (Magus, Anm. d. Red.) in unlauterer Weise bevorzugt worden sei“, hieß es in der Anklageschrift.

Bader beteuert unterdessen seine Unschuld. „Ich habe reichlich Dokumente, die meine Unschuld beweisen werden, und sie werde ich zum geeigneten Zeitpunkt vorlegen“, sagte er zu portfolio international. Der Prozess gegen ihn und die zwei weiteren Angeklagten wird voraussichtlich im Herbst beginnen.

Die Nürnberger war die Produktquelle für den krummen Iveco-Deal

Während bei den bisherigen Ermittlungen bAV-Vertriebsspezi Bader im Mittelpunkt stand, dürfte sich der Fokus der staatsanwaltlichen Ermittlungen bald auf die Produktgeberseite ausweiten. Im Fokus steht die Nürnberger Versicherung. Die bAV-Produkte für die Iveco-Beschäftigten kamen ausschließlich von ihr. Die Staatsanwaltschaft Ulm ermittelt derzeit, inwieweit das Unternehmen an der Schmiergeldaffäre beteiligt war. Schon im Frühsommer 2008 hatte die Staatsanwaltschaft die Zentrale der Nürnberger, den „Business Tower“ in der fränkischen Metropole durchsucht. Das vorläufige Ergebnis der Ermittlungen: Baders Geschäftspartner beim Iveco-Deal und in den Jahren danach war der Ex-Nürnberger-Direktor Norbert Plachta. Heute ist Plachta Vorstandschef bei der bAV-Beratungsfirma „UFB:UMU“. In der Eigendarstellung bezeichnet sich die UFB:UMU als „strategischer Partner“ der Nürnberger. Sitz des Unternehmens ist auch im Nürnberger Business Tower. Auf Anfrage will die Nürnberger Plachtas Beziehung zu Josef Bader nicht kommentieren. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Ulm habe man „in vollem Umfang“ kooperiert, heißt es bei der Versicherung.

Bei der Nürnberger genehmigte Plachta – mit dem Wissen des Vertriebsvorstands Hans-Joachim Rauscher – etliche Zahlungen an Bader, zunächst als Provision für den Iveco-Deal. Plachta organisierte aber auch Incentive-Zuschüsse für Innendienst- und Außendienstveranstaltungen in beträchtlicher Höhe. Geld gab es auch für „Incentives“ für Betriebsrat Märkl. Es gab weitere Beispiele für das enge Verhältnis zwischen der Nürnberger und Bader: Ein Sommerfest sollte 2003 in Wemding unter der Flagge der Nürnberger stattfinden. Plachta kommentierte seinerzeit: „Das Ganze unter dem Motto ‚Westernauftritt‘, also mit entsprechenden Gruppen. Kosten circa 30.000 Euro!“ Dass eine Versicherung Incentives für Finanzvermittler veranstaltet und auch finanziert, ist im Normalfall legal und nichts Ungewöhnliches in der bAV-Branche. Auf diese Art kann ein Produktanbieter, also die Nürnberger, seinen Produktvermittler, also Bader und seine Kollegen, bestens kennenlernen. Die Finanzvermittler werden auch zusätzlich motiviert. Beides ist gut für das Geschäft.

Es spricht allerdings einiges dafür, dass die Geschäftsverbindung zwischen Bader und der Nürnberger alles andere als normal war. Im Mittelpunkt steht bei den Ermittlungen die Frage, woher die Schmiergeldzahlungen in Höhe von 300.000 Euro stammen, die Märkl einräumt, für den Iveco-Deal kassiert zu haben. Laut der Staatsanwaltschaft Ulm erfolgten die Zahlungen beim ersten Pensionsdeal 2002 und bei der Ausweitung des Abkommens 2005. Nach Einschätzung von Branchenexperten ist es eher unwahrscheinlich, dass die 300.000 aus der Tasche des bAV-Vermittlers kam. Wahrscheinlicher ist, dass solche Zahlungen bei der Berechnung der Gesamtprovision einkalkuliert wurden. „Es hätte so laufen können: Eine Versicherung zahlt etwas mehr als 50 Promille, und das, was über 50 ist, wird fürs Schmieren eingesetzt“, so die Experten. Die Staatsanwaltschaft hat die Nürnberger nicht angeklagt. Für den Fall, dass bei den Gerichtsverhandlungen festgestellt wird, dass die Nürnberger und nicht Magus die Geldquelle war, kann die Versicherung wegen der Verjährungsfrist von fünf Jahren nicht mehr für die Schmiergeldzahlungen im Jahr 2002 strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt aber nicht für die Zahlungen im Jahr 2005. Zudem dürfte der Image-Schaden immens sein: für die Nürnberger Versicherung, aber auch für die gesamte bAV-Branche.

Trotz der juristischen Schwierigkeiten – gegen Bader läuft seit Anfang Juli ein anderes Verfahren wegen Untreue – haben die Nürnberger sowie andere Häuser wie die Zurich und Canada Life Baders Firmen die Treue gehalten. So machten die Produkte der Nürnberger zwischen Januar und November 2008 rund 55 Prozent des Geschäftsvolumens der DGbAV/Magus aus. Zweitwichtigste Produktquelle war die Zurich mit einem Anteil von rund 25 Prozent am Geschäftsvolumen. Im Januar 2009 stieg der Zurich-Anteil sogar auf 41 Prozent des Umsatzes – höher als der der Nürnberger mit 38 Prozent.

Zu der Frage, ob Baders juristische Probleme die Zurich beunruhige, sagte Konzernsprecher Bernd Engelien: „Uns ist kein juristisches Urteil bekannt, das uns derzeit zu neuen Überlegungen (bezüglich der DGbAV/Magus, Anm. d. Red.) veranlasst.“ Josef Bader kann also nur hoffen, dass er im Herbst vom Landgericht Stuttgart freigesprochen wird. Wenn nicht, ist es eher unwahrscheinlich, dass ihm seine loyalen Partner aus der Versicherungswirtschaft weiter beistehen werden. Auch die geschäftshungrige Assekuranz schmückt sich ungern mit schwarzen Schafen.

Von: Jan F. Wagner, Chefredakteur Online

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