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20.11.2007 - dvb-Presseservice

Innovation oder Schein-Innovation? Spitzenverbände der Krankenkassen setzen auf neuartige Analyse- und Bewertungsmethode für Arzneimittel

Innovation oder Schein-Innovation? Nur teurer oder auch besser? Dies ist eine der Schlüsselfragen in der seit vielen Jahren andauernden Debatte über die steigenden Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel. Dabei ist unstrittig: Eine der zentralen Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, den Versicherten den Zugang zu modernster und innovativer Medizin zu ermöglichen. Gleichzeitig gilt das gesetzliche Gebot der Wirtschaftlichkeit. Deshalb stellen sich bei jedem neuen Arzneimittel stets zwei dringliche Fragen: Wie ist sein therapeutischer Stellenwert im Vergleich zu den verfügbaren Behandlungsalternativen und ist eine Therapieumstellung unter dem Gesichtspunkt eines zusätzlichen Nutzens für die Patientinnen und Patienten gerechtfertigt? Die Antwort der Spitzenverbände der Krankenkassen auf diese Frage ist EVITA.

EVITA – Evaluation innovativer therapeutischer Alternativen

EVITA ist ein neues Instrument zur Evaluation Innovativer TherapeutischerAlternativen, welches im Auftrag der Spitzenverbände von einem internationalen Expertenteam entwickelt wurde. Mit diesem Analysetool ist die schnelle Bewertung eines neu eingeführten Arzneimittels auf Grundlage der verfügbaren Literatur in unmittelbarer Nähe zu dessen Markteinführung möglich. EVITA liefert Erkenntnisse zum therapeutischen Stellenwert (Innovationsgrad) und zu der Frage, ob die in der Regel massive Produktwerbung, die eine Markteinführung stets begleitet, mit den Studienergebnissen in Einklang steht. EVITA ist für die Spitzenverbände eine Entscheidungshilfe, welches der zahlreichen Steuerungsinstrumente (z. B. Therapiehinweis, Zweitmeinungsverfahren, Festlegung von Erstattungshöchstgrenzen) für das bewertete Produkt am besten geeignet erscheint. Dabei ist EVITA keine Konkurrenz zu den Bewertungsverfahren des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), sondern erlaubt den Spitzenverbänden im Gemeinsamen Bundesausschuss, ggf. Aufträge an das IQWiG schneller und präziser als bisher zu fassen.

Nutzen und Nebenwirkungen abwägen

Neu zugelassene Arzneimittel müssen die Kriterien von Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit erfüllen. Diesen Nachweis erbringen die Hersteller durch klinische Studien, in denen der neue Wirkstoff in der Regel nur gegen Placebo (ein Scheinpräparat ohne spezifische Wirkung) getestet wurde. Die Laufzeit dieser Studien beträgt meist nur wenige Wochen bis Monate und die Zahl der in den Studien behandelten Patienten ist relativ klein. Mit Hilfe der Zulassungsstudien wird somit nur selten der zusätzliche Nutzen neuer Arzneimittel gegenüber der bisherigen Standardtherapie belegt. Hierzu sind vergleichende klinische Studien erforderlich, die über einen ausreichenden Zeitraum die für die Patienten relevanten Ziele untersuchen.

Angesichts des Mangels an hochwertigen Studien zum Zeitpunkt des Markteintritts werden neue Arzneimittel in Deutschland häufig primär nach pharmakologischen Kriterien eingeordnet (z. B. Klassifikationsschema „Fricke und Klaus“ des jährlich erscheinenden Arzneiverordnungs-Reports). Das neue Bewertungssystem EVITA geht demgegenüber davon aus, dass von einer Innovation im Arzneimittelsektor nur gesprochen werden darf, wenn durch qualitativ gute klinische Studien eine Überlegenheit gegenüber dem bestehenden Behandlungsstandard belegt worden ist oder bisher keine Behandlungsmöglichkeit besteht. Entscheidendes Kriterium ist der klinisch bedeutsame Fortschritt, der sich aus der gemeinsamen Betrachtung des Erreichens gesetzter Behandlungsziele und des Ausmaßes unerwünschter Wirkungen zusammensetzt.

Wie arbeitet EVITA?

EVITA vergibt nach Sichtung der wissenschaftlichen Literatur im Sinne eines Punktesystems positive Bewertungspunkte, die ein Medikament durch einen therapeutischen Nutzen erreichen kann und negative Bewertungspunkte aufgrund seines Profils unerwünschter Wirkungen.

Entscheidende Kriterien für die Punktevergabe sind

  • die methodische Qualität der vorliegenden Studie
  • die Art der verwendeten Studienziele (Beeinflussung von Sterblichkeit und Krankheitsfolgen versus Korrektur von Surrogaten (z. B. Laborwerte)
  • die Testung gegen einen vorhandenen Standard
  • das Ausmaß unerwünschter Wirkungen

Am Ende des Bewertungsprozesses wird der Punkte-Score des EVITA-Instruments mit den getroffenen Bewertungen sowie einer Auflistung sämtlicher zugrunde gelegter Quellen in eine Internet-Plattform eingestellt. Diese Plattform wird im Laufe des kommenden Jahren online gestellt und ist dann für jedermann einsehbar. EVITA soll auf diesem Weg zu einem transparenten dialogischen Instrument der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel werden. Der Bewertungsprozess kann jederzeit wieder aufgenommen werden, sobald neue Studien vorliegen und insoweit sehr schnell festgestellt werden, ob sie das Gesamtergebnis beeinflussen können. Gesundheitsökonomische Überlegungen sind in EVITA nicht enthalten. EVITA ist kein Sparinstrument, sondern dient der fachlichen Bewertung der vorhandenen Evidenz und dreht sich um die Kernfrage: Gibt es für ein neues Arzneimittel gute Argumente, die für einen klinisch bedeutsamen therapeutischen Fortschritt sprechen?

Um eine Innovation handelt es sich nur dann, wenn auch belegt ist, dass ein neues Arzneimittel dem Kranken auch unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen tatsächlich besser hilft als der bisherige Therapiestandard. Es geht also stets darum, den zusätzlichen Nutzen zu bewerten.

EVITA wurde im Auftrag der Spitzenverbände von den beiden schwedischen Wissenschaftlern Professor Dr. Lars Nilsson (Guest professor at the University of Gothenburg, Chairman of the board of NEPI, The Swedish Network of Pharmacoepidemiology) und Professor Dr. Arne Melander (Professor of Pharmacoepidemiology, Lund University, Head of NEPI) sowie Prof. Dr. Bernd Mühlbauer (Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie, Klinikum Bremen-Mitte), Isabel Püntmann (Institut für Klinische Pharmakologie, Klinikum Bremen-Mitte) und Prof. Dr. Norbert Schmacke (Leiter der Arbeits- und Koordinierungsstelle Gesundheitsversorgungsforschung, Universität Bremen) entwickelt und wird künftig unter der Federführung von Prof. Schmacke die jeweils in den Markt gekommenen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen bewerten.

Diese Presseerklärung sowie weitere Unterlagen zu EVITA finden Sie auch unter www.gkv.info



Herr Florian Lanz
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