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02.04.2007 - dvb-Presseservice

Kein Fahrverbot bei überlanger Verfahrensdauer

Nach mehr als zwei Jahren und einem Monat kann ein Fahrverbot seinen spezialpräventiven Charakter nicht mehr entfalten.

Die Kanzlei Hoenig Berlin berichtet über einen Beschluss Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 07.03.2006 (Az.: 4 Ss 28/06).

In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem:

"Das Fahrverbot dient als Denkzettel für nachlässige und leichtsinnige Kraftfahrer. Sie sollen vor einem Rückfall gewarnt werden. Auch soll ihnen ein Gefühl für den zeitweisen Verlust des Führerscheins und den Verzicht auf die aktive Teilnahme am Straßenverkehr vermittelt werden. Diese Warnungs- und Besinnungsfunktion kann das Fahrverbot auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter nur dann erfüllen, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Daher kommt eine Verhängung, die sich nach allgemeinen Strafzumessungserwägungen richtet, jedenfalls für sehr lange zurückliegende Taten nicht mehr in Betracht. Dies ist jedenfalls bei einem Zeitraum von einem Jahr und neun Monaten anzunehmen.

Etwas anderen kann nur dann gelten, wenn der Zeitablauf zwischen der Tat und der Verhängung des Fahrverbotes dem Angeklagten angelastet werden kann. Dabei ist das Ausschöpfen von Rechtsmitteln und anderen strafprozessualen Rechten durch den Angeklagten regelmäßig nicht als unlauter anzusehen.

Im zu entscheidenden Fall sind zwischen der Tat vom 19.08.2003 und der Berufungshauptverhandlung am 13.10.2005 fast zwei Jahre und zwei Monate vergangen.

Nach mehr als zwei Jahren und einem Monat konnte das Fahrverbot seinen spezialpräventiven Charakter nicht mehr entfalten. Eine Erhöhung der Geldstrafe infolge des Wegfalls des Fahrverbotes scheidet wegen des Verbotes der Schlechterstellung aus."

Drei Punkte erscheinen uns besonders erwähnenswert:

1. Zum einen reichen bereits 21 Monate aus, um die Unverhältnismäßigkeit eines Fahrverbotes ernsthaft zu diskutieren.

2. Zum anderen darf dem Angeklagten bzw. dem Betroffenen nicht angelastet werden, seine prozessualen Möglichkeiten genutzt zu haben. Wenn man sich im Prozeßrecht auskennt und weiß, wie Behörden und Gerichte arbeiten, kommt es - bei der heutige Überlastung der Gerichte - nicht allzu selten vor, daß die Zweijahresfrist erreicht wird.

3. Und schließlich soll nach dieser Entscheidung der Wegfall des Fahrverbotes nicht durch die Erhöhung der Geldstrafe bzw. der Geldbuße kompensiert werden. Häufig versuchen die Gerichte nämlich, den Betroffenen dazu zu bewegen, sich quasi vom Fahrverbot freizukaufen. Dem kann man nun mit dem zitierten Beschluß des OLG Hamm gut entgegen treten.

Eine gute Entscheidung - aus der Sicht der Verteidigung.



Kanzleiführung
Herr Carsten R. Hoenig
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Kanzlei Hoenig Berlin
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Die Kanzlei Hoenig Berlin ist eine Rechtsanwaltskanzlei für Strafrecht und Motorradrecht, deren Anwälte bundesweit auch in Verkehrsstrafsachen und Ordnungswidrigkeiten verteidigen.

Aktuelle Infos der Kanzlei zum Verkehrsrecht gibt es unter www.kreuzberger-verkehrsrecht.de