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24.08.2009 - dvb-Presseservice

Kinder radeln immer schlechter – UDV-Studie deckt schleichende Gefahr durch psychomotorische Schwächen auf – 100.000 Euro für Radfahrausbildung in den Jugendverkehrsschulen

Viele Kinder, vor allem im städtischen Bereich, haben im Vergleich zum Jahr 1997 deutliche psychomotorische Schwächen. Das wird bei der Fahrradausbildung sichtbar, die nahezu alle Grundschüler in der 4. Klasse absolvieren. Eine aktuelle Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) zeigt, dass sich die Fähig- und Fertigkeiten von Kindern im Grundschulalter weiter verschlechtert haben. Dabei fallen vor allem Stadtkinder, Mädchen mit Migrationshintergrund, übergewichtige und überbehütete Kinder auf. Um den Teufelskreis „Fehlende Bewegung – mehr Unsicherheit – weniger Fahrradpraxis – weniger Bewegung“ zu durchbrechen, müssten nach Ansicht von Siegfried Brockmann, Leiter der UDV, Schulen, Eltern und Lehrer gezielt Bewegungsdefizite erkennen und bekämpfen. Sicheres Radfahren, so Brockmann, ist das A und O für eine spätere sichere Teilnahme am Straßenverkehr.

Radfahrausbildung

Rund 95 Prozent aller Viertklässler legen pro Jahr die Fahrradprüfung ab. Einerseits ist die Radfahrausbildung ein wichtiger Teil der Mobilitäts- und Verkehrserziehung, anderseits werden durch sie auch psychomotorische Mängel schonungslos aufgedeckt. So beherrschen immer mehr Kinder wichtige Alltagssituationen des Radfahrens nicht, beispielsweise das Spurhalten beim Blick zur Seite oder nach hinten. Während bei einer Umfrage 1997 nur knapp die Hälfte der Fahrradausbilder (46 Prozent) angaben, die Körperbeherrschung und Radfahrfertigkeit habe abgenommen, waren es 2008 schon fast drei Viertel (72 Prozent). Gleichzeitig hatten 1997 nur 3 Prozent der Ausbilder angegeben, die Zahl der Kinder mit Mobilitätsdefiziten habe erheblich zugenommen. 2008 waren es immerhin schon 22 Prozent. Diese Defizite werden vor allem in Großstädten sichtbar. In der Erstuntersuchung 1997 gab es kaum Unterschiede zwischen Stadt und Land. In der aktuellen Studie waren die Radfahrausbilder in den Städten und Großstädten deutlich öfter der Meinung (83 bzw. 79 Prozent), dass die motorischen Schwächen zugenommen haben, als diejenigen im ländlichen Bereich und in Kleinstädten (70 bzw. 67 Prozent).

Ein großes Problem: Trotz der Zunahme der motorischen Defizite können diese während der Fahrradausbildung immer seltener ausgeglichen werden. So konnten 2008 nur noch halb so viele Einzelförderungen und Nachkurse durchgeführt werden wie 1997. Dabei ist die Radfahrausbildung in den vergangenen Jahren deutlich praxisnäher geworden. Es werden nicht nur „Trockenübungen“ auf abgesperrten Plätzen gemacht, sondern immer öfter wird ein Teil der Ausbildung im realen Straßenverkehr absolviert.

Jugendverkehrsschulen

Rund 1.100 Jugendverkehrsschulen gibt es in Deutschland. Sie sind ein maßgeblicher Träger der Fahrradausbildung. Deutlich abgenommen hat in den vergangenen Jahren die Rolle der festen Plätze gegenüber den „mobilen“ Jugendverkehrsschulen, die auch vor Ort, z. B. auf den Schulhöfen, Angebote zur Fahrradausbildung machen können. Die Jugendverkehrsschulen werden von viel ehrenamtlichem Engagement getragen, sind aber oft mit nur geringen finanziellen Mitteln ausgestattet. Um diese wichtige Arbeit der Verkehrs- und Mobilitätserziehung zu unterstützen, stellt die UDV jährlich 100.000 Euro zur Verfügung, die über die Verkehrswachten an die Jugendverkehrsschulen – vorwiegend für Reparaturmaßnahmen und Fahrradneuanschaffungen – verteilt werden.

Kinder als Radfahrer

Für viele Kinder hat die eigenständige Mobilität in den vergangenen Jahren abgenommen. Sie werden vermehrt mit dem Auto zur Schule gebracht oder müssen in ländlichen Gebieten schon früh mit dem Bus zur Schule fahren. Das Fahrrad ist für Kinder zwar immer noch wichtiger Garant für eigenständige Mobilität. „Stubenhockern“ fehlt aber die Praxis und macht das gelegentliche Radfahren dann um so gefährlicher. Deshalb sollten vor allem die Eltern in der Freizeit und an Wochenenden oder in den Ferien ausgiebige Radtouren mit ihren Kindern unternehmen, um deren Fähigkeiten, sich sicher auf dem Zweirad im Straßenverkehr zu bewegen, zu fördern.

Was muss getan werden?

  • Kinder brauchen viel Bewegung. Diese kann zuhause, in der Schule und im Sportverein gefördert werden.
  • Grundschulen müssen den Raum und die Zeit bieten, Mobilitätsdefizite von Kindern zu erkennen und auszugleichen.
  • Eltern sollten ihre Kinder nicht mit dem Auto zur Schule bringen, sondern zu Fuß.
  • Während der Fahrradausbildung sollte es genug Zeit für Einzelför-derung und Nachschulungen geben.
  • Für den sicheren Schulweg mit dem Fahrrad ab der Klasse 5 sollten Schulwegpläne erstellt und ernst genommen werden (siehe dazu Informationen unter www.udv.de).



Herr Klaus Brandenstein
Tel.: 030 / 2020-5883
E-Mail: k.brandenstein@gdv.de

Gesamtverband der Deutschen
Versicherungswirtschaft e.V
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http://www.gdv.de

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) (www.udv.de) im Gesamtverband der Deut-schen Versicherungswirtschaft (GDV) (www.gdv.de) forscht und berät seit über 50 Jahren im Dienste der Verbesserung der Sicherheit und der Unfallvermeidung auf Deutschlands Straßen. Sie ist gleichzeitig einer der größten Auftraggeber für universitäre und außeruni-versitäre Verkehrssicherheitsforschung. Die drei Fachbereiche „Verkehrsinfrastruktur“, „Fahrzeugsicherheit“ sowie „Verkehrsverhalten und –pädagogik“ arbeiten interdisziplinär zusammen. Die UDV pflegt den Austausch mit anderen in der Verkehrssicherheitsarbeit tätigen Institutionen. Die deutschen Versicherer bekennen sich damit ausdrücklich zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für die Verkehrssicherheit.