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17.03.2008 - dvb-Presseservice

Krankenhaus Rating Report 2008:

Qualität und Wirtschaftlichkeit kein Widerspruch

In seiner vierten Ausgabe untersucht der Krankenhaus Rating Report erstmals den Zusammenhang zwischen Qualität medizinischer Dienstleistungen und Wirtschaftlichkeit des Krankenhausbetriebs. Das Ergebnis: Wirtschaftlichkeit wird nicht auf Kosten der Qualität erreicht. Es scheint sogar eine Verbindung zwischen Unwirtschaftlichkeit und Qualitätsproblemen zu geben. Die gemeinsame Studie des RWI Essen, der Institute for Healthcare Business GmbH und der ADMED GmbH ermittelt ferner die Folgen der erwarteten Finanzierungslücke von über einer Milliarde Euro. Nach einer Erholungsphase bis 2006 spitzt sich die Finanzlage vieler Kliniken seit 2007 wieder zu. Schließungen und Privatisierungen sind langfristig wahrscheinlich, ebenso eine verstärkte Zentrenbildung. Der effiziente Umgang mit knappen Ressourcen bleibt für die Kliniken eine große Herausforderung.

Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser

Steigende Tariflöhne, höhere Sachkosten insbesondere bei Lebensmitteln und Energie sowie ein größerer Personal- und Sachmittelbedarf aufgrund steigender Behandlungsfälle sind die drei wichtigsten Ursachen der Kostensteigerungen. Weil die Budgets von der Politik gedeckelt werden, öffnet sich schon in diesem Jahr eine Finanzierungslücke von 1,3 bis 2,2 Milliarden Euro. Das entspricht 2 bis 3% des bisherigen Budgets der Krankenhäuser. Bis zum Jahr 2006 war für viele Krankenhäuser eine wirtschaftliche Erholung möglich, konnten Gewinne erwirtschaftet und zum Teil sogar aus eigener Kraft Investitionen getätigt werden. Die Ergebnisse des Krankenhaus Rating Reports 2008 lassen aber eine spürbare Verschlechterung in der nahen Zukunft erwarten.

Die Ergebnisse des Ratings: 18% der Häuser im roten Bereich

Das Rating basiert auf einer Stichprobe von 471 Jahresabschlüssen für die Jahre 2005/2006, die insgesamt 701 Krankenhäuser umfassen. Nach Risiko für eine Insolvenz werden die Häuser in drei Kategorien (grün, gelb und rot) eingeteilt. 18% der Krankenhäuser liegen im roten Bereich, 16% im gelben, immerhin 66% im grünen Bereich. Für 2008 prognostiziert die Studie jedoch einen Anteil von 34% der Krankenhäuser im roten Bereich und eine Zunahme des Anteils der Häuser mit Verlusten von 23 auf 52%. Ohne Gegenmaßnahmen dürfte sich daher die Situation künftig erheblich verschlechtern. Der Anteil der Häuser im roten Bereich könnte dann bis 2020 auf 49% steigen.

Kleine Krankenhäuser schneiden im Rating signifikant schlechter ab als große oder mittelgroße, westdeutsche schlechter als ostdeutsche. Im roten Bereich liegen 22% der öffentlich-rechtlichen Häuser, aber nur knapp 17% der freigemeinnützigen und lediglich rund 14% der privaten Einrichtungen. Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen weisen ein durchschnittliches Rating auf, die Kliniken in Baden-Württem­berg und Ostdeutschland ein überdurchschnittliches. Die Krankenhäuser aller anderen Bundesländer stehen schlechter da als der Bundesdurchschnitt.

Auf Basis von Daten der Bundesgeschäftsstelle für Qualitätssicherung (BQS) untersucht der Report erstmalig den Zusammenhang zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität. Krankenhäuser mit qualitativen Auffälligkeiten weisen tendenziell auch ein schlechteres, zumindest kein besseres Bilanz-Rating auf. Dieses Ergebnis zeigt, dass eine höhere Wirtschaftlichkeit nicht auf Kosten der Qualität geht, sondern möglicherweise sogar mit höherer Qualität der medizinischen Dienstleistungen einhergeht.

In der Wachstumsbranche „Gesundheitswirtschaft“ streben viele Regionen danach, sich als führendes überregionales Gesundheitszentrum zu positionieren. Die Analyse von Patientenwanderungen gibt Aufschluss darüber, welche Städte in diesem Wettbewerb bisher besonders erfolgreich sind. Spitzenplätze erreichen München, Frankfurt am Main, Heidelberg und die Kernstädte des Ruhrgebiets.

Empfohlene Maßnahmen auf betrieblicher und politischer Ebene:

Mehr Effizienz, kein Sanierungsbeitrag, höhere Vergütung

Durch eine Kombination betrieblicher und politischer Maßnahmen könnte die relativ günstige Ausgangslage des Jahres 2006 wieder erreicht werden, wenn eine Marktbereinigung um 10 % der Krankenhäuser akzeptiert wird. Die Bundespolitik sollte ferner den Sanierungsbeitrag bereits in diesem Jahr wieder abschaffen und 2009 die Vergütung um 2,4 % erhöhen. Die Länder sollten ihre ohnehin knappen Investitionsfördermittel effizienter einsetzen und auf die monistische Krankenhausfinanzierung umsteigen, das bedeutet Finanzierung der Investitionen und der Betriebsausgaben aus einer Hand.

Gelingt es zusätzlich, „gesellschaftliche Effizienzreserven“ durch eine Erhöhung der Erwerbstätigenquote beziehungsweise der Zahl der Beitragszahler zu heben, beispielsweise durch eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und eine qualifizierte Zuwanderung, dann könnte langfristig die Vergütung der Krankenhäuser stärker als in der Vergangenheit angehoben werden. Zusätzliche Optimierungsmaßnahmen auf betrieblicher Ebene vorausgesetzt, könnte dann unter den 90% der im Markt verbliebenen Krankenhäuser langfristig der Anteil der Häuser im roten Bereich wieder auf rund 20% zurückgehen, der Anteil der Häuser mit Verlusten auf 14% schrumpfen und der Anteil der Häuser mit Überschüssen auf 70% steigen.



Herr Dr. Augurzky Boris
Tel.: (0201) 81 49-203

Rheinisch-Westfälisches
Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Hohenzollernstraße 1-3
45128 Essen
http://www.rwi-essen.de/

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