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22.11.2005 - dvb-Presseservice

Krankenhaus-Report 2005 erschienen / Schwerpunktthema: Wege zur Integration

Integrationsversorgung noch ein zartes Pflänzchen

Die Integrationsversorgung ist ein zartes Pflänzchen, das noch viel Pflege braucht, um für die Patienten Früchte zu tragen. Soll ein neuer Versorgungstypus entstehen, der mehr ist als nur eine Kooperation zwischen Krankenhäusern und ambulanten Ärzten, sind noch mehr Ideen, mehr Risikokapital und mehr Zeit nötig. So fassen die Autoren des heute erscheinenden Krankenhaus-Reports die Situation in den Projekten der integrativen Versorgung zusammen.  

Die neuen Regelungen zum Aufbau einer integrierten Versorgung hätten noch keine strukturbildende Kraft entwickelt. Zwar sei die Zahl der neu geschlossenen Verträge durchaus beachtlich. Tragende neue Formen der Integration seien aber noch nicht zu erkennen. Dazu seien das spezielle Budgetvolumen und der bisherige Zeitrahmen für die Neuentwicklung noch zu begrenzt. Die Herausgeber begrüßten daher die Ankündigung der großen Koalition, die Anschubfinanzierung für die Integrierte Versorgung bis 2008 zu verlängern.  

Krankenhäuser sollten Integrationsverträge nicht nur zur kurzfristigen Fallzahlsicherung gegenüber Konkurrenten nutzen. Aufgrund ihrer Organisationsfähigkeit und ihrer Bündelung von Kompetenzen hätten sie mehr Möglichkeiten innovative Modelle intergrierter Versorgung zu entwickeln, sagte Henner Schellschmidt vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) bei der Vorstellung des neuen Krankenhaus-Reports. Der Gesetzgeber müsse dafür allerdings dauerhaftere Rahmenbedingungen für den Aufbau von integrierten Systemen schaffen und damit die Grundlage für eine ausreichende Investition von Risikokapital, so WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber.  

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland, so Mitherausgeber Bernt-Peter Robra von der Universität Magdeburg, sei traditionell von einer starken Abgrenzung zwischen ambulantem und stationärem Leistungsbereich gekennzeichnet. Jeweils eigene Budgets und Abrechnungssysteme und eine unzureichende Kommunikation zwischen den beiden Sektoren würden die Situation weiter verschärfen. Die Folge sei, dass die Versorgung sich häufig an institutionellen Interessen orientiere und nicht allein am Wohl des Patienten.  

Kennzahlen der Krankenhausversorgung

Laut Krankenhaus-Report 2005 gab es im Jahr 2003 in Deutschland 2 197 Krankenhäuser (1,1 Prozent weniger als 2002), in denen knapp 17,3 Millionen Fälle (–0,8 Prozent) behandelt wurden. Damit sank erstmals seit Beginn der bundeseinheitlichen Krankenhausstatistik die Fallzahl in deutschen Kliniken. Gleichzeitig zeigen sich bei ambulanten (+25,8%), teil- und vorstationären Leistungen (+33,5% bzw. +21,2%) deutliche Anstiege gegenüber dem Vorjahr. Die DRG-Einführung im Jahr 2003 entfaltet hier ihre ersten Wirkungen.  

Die durchschnittliche Verweildauer lag bei 8,9 Tagen (2002: 9,2 Tage). Die Zahl der Betten betrug 541 901, das entspricht 657 je 100 000 Einwohner (–1,0 Prozent), die Betten waren nur noch zu 77,6 Prozent (2002: 80,1 Prozent) ausgelastet. Die Auslastung liegt damit deutlich unter der Planungsgröße von 85%. In Betten umgerechnet ergibt sich hieraus ein Bettenüberhang von über 47 000 Betten.  

Die pflegesatzfähigen Kosten der Krankenhäuser betrugen im Jahr 2003 insgesamt rund 55,7 Milliarden Euro. Ein Krankenhausfall verursachte damit durchschnittliche Kosten von 3 218 Euro. Die Kosten variieren zwischen den Bundesländern erheblich. Berliner Krankenhäuser sind mit durchschnittlich 4 011 Euro pro Krankenhausfall am teuersten, am unteren Ende finden sich Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit 2 811 bzw. 2 814 Euro.  

Ende 2003 arbeiteten gut 1,1 Mio Menschen in Krankenhäusern. In Vollzeit gerechnet waren dies 824 000 Stellen und damit 1,2% weniger als im Vorjahr. Von der Reduzierung ausgenommen war der ärztliche Dienst. Das Personal stieg hier erneut um 1,2 % (Vollzeitäquivalente). In Bezug auf Personen stieg die Zahl der Ärzte im Krankenhaus sogar um 2,0 %  

Die häufigsten Diagnosen bei Männern und Frauen

Kreislauf- und Krebserkrankungen sind die häufigsten Gründe für einen Krankenhausaufenthalt in Deutschland (15,9 % bzw. 11,1 %). Bei den Männern dominieren als Einzeldiagnosen die chronische ischämische Herzkrankheit, psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol und der Leistenbruch. Bei den Frauen sind die normale Entbindung, Brustkrebs sowie Herzinsuffizienz die drei führenden Diagnosen. Bei Männern zwischen 15 und 45 Jahren sind die psychischen und Verhaltenstörungen durch Alkohol sogar die Hauptursache für einen Krankenhausaufenthalt, bei den Frauen der gleichen Altersgruppe liegt diese Diagnose nur auf Platz 14.  

Für eine normale Entbindung lag eine Frau im Durchschnitt vier Tage im Krankenhaus. 84% aller Patienten verlassen innerhalb von 14 Tagen das Krankenhaus, knapp 62 % sind innerhalb von sieben Tagen wieder zu Hause. 16,5% aller Krankenhausfälle verursachen dagegen über 51% aller Krankenhaustage. Fast 405 000 Menschen verstarben in 2003 in einem Krankenhaus, das waren ca. 47% aller Todesfälle dieses Jahres.  

Insgesamt weisen die Einwohner aus dem Saarland und aus Sachsen-Anhalt die größten Krankenhaushäufigkeiten auf (22 397 bzw. 22 265 Krankenhausfälle je 100 000 Einwohner) und zwar unabhängig von der jeweiligen Altersstruktur. Deutlich geringere Hospitalisierungsgrade finden sich dagegen für die Einwohner der Stadtstaaten Hamburg und Berlin sowie für Baden-Württemberg (17 238 bzw. 17 981 bzw 17 679 Krankenhausfälle je 100 000 Einwohner.  

Erstmals Diagnosedaten aus dem Bereich Rehabilitation

Der Krankenhaus-Report veröffentlicht erstmals Diagnosedaten für den Bereich Vorsorge und Rehabilitation. Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes waren mit 36,3% aller Patienten der häufigste Grund für eine Vorsorge- oder Rehabehandlung. Es folgen Krankheiten des Kreislaufsystems (16,2%), Neubildungen (11,2%) sowie psychische und Verhaltensstörungen (11,1%). Krankheiten des Kreislaufsystems waren vor allem bei Männern Anlass für eine Vorsorge- oder Reha-Maßnahme, Frauen werden dagegen häufiger wegen Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes behandelt. Im Ländervergleich fällt eine höhere Behandlungsrate in Ostdeutschland gegenüber den westdeutschen Länder auf.  

Auf Seiten der Anbieter dominieren private Träger mit fast 60% Marktanteil. Gegenüber dem Vorjahr sank 2003 die Zahl der Einrichtungen (–2,0%), der Betten (–2,6%), der Fälle (–6,9%), der Auslastung (–3,0%) sowie des Personals (–2,4%) erneut. Die meisten Rehabetten stehen in Bayern, dort ist allerdings auch die Auslastung mit nur 69,1% am geringsten. Die meisten neuen Reha-Betten seit 1993 wurden in Ostdeutschland aufgebaut (22 000 von insgesamt 24 000). Allein in Mecklenburg-Vorpommern wurden 10 800 neue Betten eingerichtet, dort ist die Auslastung allerdings ebenfalls relativ schwach (71,1%).  

Erreichbarkeit von Krankenhäusern nur in wenigen strukturschwachen Gebieten ein Thema

Mit 2 197 Krankenhäusern stehen in Deutschland ausreichend Klinikkapazitäten zur Verfügung. Die Zahl der Kliniken sinkt jedoch kontinuierlich: Zwischen 1991 und 2003 ging sie um 8,9% zurück, die Zahl der Betten sogar um 18,6%. Mit dem Abbau verbindet sich die Sorge, dass Krankenhäuser nicht immer ausreichend erreichbar sind. Der Krankenhaus-Report enthält eine Analyse des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) zur Frage der Erreichbarkeit von Kliniken in Deutschland und den möglichen Folgen von Konzentrationsprozessen. Derzeit wohnen rund drei Viertel der Bevölkerung etwa 10 Minuten PKW-Fahrzeit vom nächsten Krankenhaus der Grundversorgung entfernt, nur 2,3% aller Einwohner benötigen mehr als 20 Minuten. Szenarien zur Erreichbarkeit bei struktruellem Wandel in der Krankenhausversorgung ergeben für einige strukturschwache Gebiete in Deutschland spezifische Problemlagen, so z.B. in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.  

Krankenhausärzte würden Patienten eher einweisen als ambulante Ärzte

Der Krankenhaus-Report geht der Frage nach, wie niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte über eine Einweisung bzw. Aufnahme ins Krankenhaus entscheiden. Anhand typisierter Fallbeschreibungen für zwei beispielhafte Beschwerdebilder wurde eine Stichprobe niedergelassener und Krankenhausärzte schriftlich gebeten einzuschätzen, ob eine Behandlung im Krankenhaus notwendig wäre oder nicht. Das Ergebnis: Bei gleichem Informationsstand über die Beschwerden eines Patienten würden Krankenhausärzte ihn deutlich häufiger in die Klinik einweisen als ihre niedergelassenen Kollegen.  

Erstmals Leistungsentwicklung im Krankenhausmarkt nach Einführung der DRGs analysiert

Mit der DRG-Vergütungsreform in Deutschland und damit auch dem Ziel erhöhter Leistungs- und Kostentransparenz in der stationären Versorgung werden neue Anforderungen an Analyse- und Berichtssysteme gestellt. Im vorliegenden Krankenhaus-Report wird erstmals das stationäre Leistungsgeschehen vor und während der DRG-Einführung 2002 bis 2004 umfassend auf der Basis von AOK-Daten untersucht. Auf Basis von ca. 16,8 Millionen Fällen werden die Effekte relevanter Einflussfaktoren auf zentrale Kenngrößen wie Fallzahl, DRG-Leistungsvolumen (Casemix) und gemittelter Fallschwere (Casemix-Index) betrachtet. Zum anderen erfolgt eine Strukturanalyse des DRG-Marktes mittels Komponentenzerlegung. Diese  Methodik, die hier erstmals für den Krankhausmarkt eingesetzt wurde, erlaubt es, Einflussfaktoren der Markveränderung zu identifizieren, systematisch in Teileffekte zu zerlegen und damit einer differenzierten Bewertung zugänglich zu machen.  

Erhebliche Änderungen in der Diagnosestatistik in Folge der DRG-Einführung

Die Einführung der Fallpauschalen (DRGs) im Jahr 2003 hat die Kodierpraxis in deutschen Krankenhäusern deutlich verändert. Anders als zuvor sind unter DRGs Informationen über Haupt- und Nebendiagnosen oder durchgeführte Maßnahmen vergütungsrelevant. Diese erheblich gesteigerte Bedeutung zeigt sich sehr deutlich in den neuen Daten der amtlichen Diagnosestatistik. Besonders auffällig sind die Veränderungen im Bereich der Geburtshilfe. So gibt es z.B. bei den Diagnosen ‚Dammriss unter der Geburt’ (+2 263,4%) oder ‚Sonstigen Verletzungen unter der Geburt’ (+1 858,3%) vierstellige Steigerungsraten im Jahresvergleich 2003 zu 2001. Der Verdacht einer erlösoptimierenden Kodierpraxis (Upcoding) lässt sich aber zumindest für den Bereich der Geburten nach weitergehenden Analysen mithilfe von Perinaltalstatistiken nicht erhärten. Für die Diagnoseangaben insgesamt muss allerdings sehr genau geprüft werden, inwieweit hier nur eine neue Dokumentationsqualität wiedergeben oder aber tatsächlich problematischen Vergütungsinteressen gefolgt wird.  

Krankenhaus-Report 2005

Der Leser erhält mit dem Krankenhaus-Report ein fundiertes Kompendium mit aktuellen Schwerpunktthemen und Diskussionsbeiträgen renommierter Autoren sowie mit umfassenden Daten über deutsche Krankenhäuser. Aktualisiert: die krankenhauspolitische Chronik mit den wichtigsten Entscheidungen bis ins Jahr 2004. Im Krankenhaus-Directory: DRG-Kennzahlen für über 1 600 Krankenhäuser auf Basis der Budgetjahre 2003 und/oder 2004.  

Jürgen Klauber, Bernt-Peter Robra und Henner Schellschmidt (Hrsg.): Krankenhaus-Report 2005 – Schwerpunkt: Wege zur Integration. ISBN: 3-7945-2408-X. 424 Seiten, 49,95 Euro. Schattauer-Verlag, Stuttgart.  

Incl. CD-ROM mit allen Abbildungen und Tabellen des Buches, allen Daten des Directories sowie der kompletten krankenhauspolitischen Chronik bis Juni 2005 mit Dokumenten zum Herunterladen ab 2004

 Dateien:

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 Links:

wido.de/khr_2005.html



N.N.
Herr Dr. Henner Schellschmidt
Tel.: 0228 843-393
Fax: 0228 843-144
E-Mail: wido@wido.bv.aok.de

Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO)
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