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05.12.2006 - dvb-Presseservice

„Krankenkassen werden zur Risikoselektion gezwungen sein“

Köhler warnt vor den Folgen der Gesundheitsreform

Berlin, 1. Dezember 2006 – „Die Gesundheitsreform verschlechtert die Versorgung der Patienten dramatisch, unter anderem weil sie zur Risikoselektion führt. Die Krankenkassen müssen versuchen, ihre jeweilige Zusatzprämie so gering wie möglich zu halten, damit ihnen die Versicherten nicht davonlaufen. Wenn sie nicht pleitegehen wollen, können sie das nur schaffen, indem sie sich vor allem um gesunde Mitglieder bemühen.“ Vor diesem Szenario hat heute der Vorsitzende des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Köhler, im Rahmen der Vertreterversammlung seiner Organisation in Berlin gewarnt.

Wegen des geplanten Basistarifs in der privaten Krankenversicherung hätten viele Arztpraxen zudem bald mit schweren Finanzproblemen zu kämpfen. Vielen Praxen gingen deshalb im Jahr über 22.000 Euro verloren. Statt 917 Euro pro Privatversicherten erhielten sie nur die 375 Euro, die sie im Durchschnitt für die Versorgung von gesetzlich Versicherten bekämen. Insgesamt fehlten der Vertragsärzteschaft jährlich 2,1 Milliarden Euro. Die Folge seien Rationierung und Abwanderung von Ärzten ins Ausland.

Köhler lehnte die geplante Insolvenzregelung für gesetzliche Krankenversicherungen ab. Käme die tatsächlich, würde auch über die Kassen eine wahre Pleitewelle hinwegfegen, die zudem deren Landesverbände erfassen könnte. In diesem Falle blieben die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) auf ihren Forderungen sitzen, die Vertragsärzte gingen leer aus. Versicherte, deren Kasse mit der Insolvenz ringe, würden nur noch gegen Vorkasse behandelt. Darauf müssten die Vertragsärzte wegen ihrer eigenen prekären Finanzlage wohl beharren.

Die im Gesetz vorgesehene Vergütungsreform für niedergelassene Ärzte bezeichnete der Vorstandsvorsitzende als unsäglich. Die Regelungen seien widersprüchlich – soweit man sie überhaupt verstehe. Die Budgetierung bleibe, obwohl die Regierung deren Ende versprochen hätte. Die Preise seien künftig weder fair noch fest, die betriebswirtschaftliche Kalkulation – Basis der derzeitigen Gebührenordnung – falle weg. Ärzte derselben Fachrichtung würden in derselben Region für dieselbe Leistung höchst unterschiedliche Vergütungen erhalten. Das Konzept sei weder transparent noch nachvollziehbar.

„Das Gesetz wimmelt nur so von Widersprüchen, handwerklichen Fehlern, technisch undurchführbaren Vorschriften und verfassungsrechtlich bedenklichen Passagen. Das hat die Mammutanhörung im Gesundheitsausschuss deutlich gemacht“, erklärte der KBV-Chef. Es sei erstaunlich, mit welchem Autismus der Regierungsapparat über berechtigte Einwände hinweggehe. Es sei verheerend, dass gefühlte 80 Prozent der Bundestagsabgeordneten nicht hinter dem Gesetz stünden, ihm aber dennoch zuzustimmen gedächten.

Köhler forderte den Gesetzgeber auf, die KVen als Vertragspartner bei selektiven Verträgen zuzulassen. Der Wettbewerb um eine bessere Versorgung würde dadurch belebt und nicht gehindert.



Pressesprecher
Herr Dr. Roland Stahl
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Kassenärztliche Bundesvereinigung
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