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20.02.2008 - dvb-Presseservice

MDK-Qualitätsprüfungen und -Prüfberichte unzureichend: Sie treffen keine Aussagen zur tatsächlichen Qualität der Pflege von pflegebedürftigen Menschen

Pflegewissenschaftler legen Gutachten vor und kritisieren mangelnde wissenschaftliche Basis

"Gegenwärtig liegen zur Messung von Ergebnisqualität weder wissenschaftliche Erkenntnisse noch nennenswerte Forschungsergebnisse vor". So heißt es in einem neuen Gutachten zur Qualität des MDK-Prüfverfahrens, auf dessen Grundlage die Qualität von Pflegeeinrichtungen und -diensten beurteilt und in Berichtsform dargestellt werden soll. Die Verfasser der Studie, die Pflegewissenschaftler Prof. Dr. Stefan Görres und Prof. Dr. Martina Hasseler, weisen nach, dass das Verfahren für Prüfberichte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zu wenig wissenschaftlich fundiert ist.

Ihre fachliche Bewertung: "Die MDK-Prüfberichte sind kaum dazu angetan, eine Orientierungshilfe für die Nutzer, also die Betroffenen selbst oder deren Angehörige, zu bieten", wenn diese etwa eine angemessene Pflege oder Betreuung suchen. Und im Folgenden: "Die Prüfberichte treffen kaum Aussagen über die tatsächliche Lebenssituation pflegebedürftiger Menschen".

Weitere wesentliche Ergebnisse sind:

- "Gute Pflege" - von der in der öffentlichen Diskussion um Transparenz und Pflegequalität häufig die Rede ist und deren Messung und Darstellung Ziel der MDK-Berichte sein sollte - "wird an keiner Stelle definiert oder
evaluiert."

- "Der Prüfkatalog der MDKen ist insgesamt zu wenig pflegewissenschaftlich fundiert und entspricht nicht ausreichend den Gütekriterien der Objektivität und Reliabilität" (Überprüfbarkeit), schreiben die Gutachter. Prüfverfahren ohne derartige Grundlage sind nicht aussagekräftig und vergleichbar. In den Berichten findet sich dementsprechend "ein hohes Maß an Subjektivität der Verfasser", so die Gutachter.

- "Es besteht der Eindruck, dass das Prüfinstrument auf einem defizitorientierten Verständnis von Pflegequalität aufsetzt und sich an einem zweckorientierten und funktionalistischen Paradigma orientiert." "Durch das Fehlen einer logisch nachvollziehbaren Präsentation der Stärken und Schwächen bleibt unklar, inwieweit die festgestellten Mängel folgerichtig sind. Zudem erfolgt die Ableitung von vorgeblichen Schwächen durch teils problematische Schlussfolgerungen. Aus einzelnen Beobachtungen und Auffälligkeiten werden pauschalisierende Rückschlüsse gezogen."
 
Hintergrund: Bereits seit einem Jahr arbeiten die Pflegewissenschaftler an einer Bewertung von Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) im Auftrag der Hamburgischen Pflegegesellschaft, in der die Verbände der Hamburger Pflegeeinrichtungen der Arbeiterwohlfahrt, des Caritasverbandes, des Deutschen Roten Kreuzes, des Diakonischen Werkes und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sowie des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) und des ZHP zusammengeschlossen sind.

Gegenstand der Studie war die Frage, wie die Aussagekraft der Prüfberichte bezüglich der Ergebnisqualität der Einrichtungen einzuschätzen ist. Außerdem prüften die Experten, wie aussagekräftig die im Prüfbericht befindliche abschließende Bewertungsmatrix ist, und ob die Empfehlungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen bezüglich der festgestellten Mängel folgerichtig sind.
 
"Das Gutachten bestätigt unsere Kritik an dem defizitorientierten MDK-Prüfverfahren, weist auf die erheblichen Schwächen dieses Verfahrens hin und stellt klar: Gute Pflege ist mit diesem Instrument nicht zu ermitteln. Wir stehen nach wie vor für Transparenz in der Pflege, allerdings muss diese Transparenz die Ergebnis- und Lebensqualität der Pflegebedürftigen und deren Angehörige spiegeln und Stärken und Schwächen der Pflegeeinrichtungen gleichermaßen aufzeigen", so Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V. 

"Das Gutachten leistet einen wichtigen Beitrag, um die Qualitätsdebatte zu Pflegeeinrichtungen in Deutschland neu fachlich und fundiert auszurichten. Für die Zukunft dürfen nicht mehr subjektive Aussagen der Prüfer auf Basis von wissenschaftlich nicht abgesicherten Indikatoren und eines nicht ausreichend getesteten Prüfinstrumentes darüber befinden, ob ein Pflegeheim oder ein Pflegedienst als gut oder schlecht klassifiziert wird. Die Vertreter der Pflegewissenschaft sind jetzt gefordert, Indikatoren für ein Prüfverfahren zu entwickeln, das dem Anspruch, gute Pflege festzustellen, auch genügt. Es darf nicht mehr dem MDS allein überlassen bleiben, ein Prüfverfahren zu entwickeln. Die Pflegewissenschaft, die Pflegekassen, die Verbände der Leistungserbringer und der MDS müssen zusammenwirken, um ein wissenschaftlich anerkanntes Prüfverfahren mit verwertbaren Ergebnissen einzuführen. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch", erklärt Klaus-Peter Stenzig, Vorsitzender der zuständigen Sozialkommission der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e.V., zusammenfassend.

BAGFW und bpa vertreten zusammen über zwei Drittel aller Pflegeeinrichtungen in Deutschland.  Das Gutachten können Sie auf unserer Website herunterladen.



Herr Bernd Tews
Tel.: 030 / 30 87 88 60
E-Mail: presse@bpa.de

bpa - Bundesverband
privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
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http://www.bpa.de