MDK-Qualitätsprüfungen und -Prüfberichte unzureichend: Sie treffen keine Aussagen zur tatsächlichen Qualität der Pflege von pflegebedürftigen Menschen
Pflegewissenschaftler legen Gutachten vor und kritisieren mangelnde wissenschaftliche Basis
"Gegenwärtig liegen zur Messung von Ergebnisqualität weder wissenschaftliche Erkenntnisse noch nennenswerte Forschungsergebnisse vor". So heißt es in einem neuen Gutachten zur Qualität des MDK-Prüfverfahrens, auf dessen Grundlage die Qualität von Pflegeeinrichtungen und -diensten beurteilt und in Berichtsform dargestellt werden soll. Die Verfasser der Studie, die Pflegewissenschaftler Prof. Dr. Stefan Görres und Prof. Dr. Martina Hasseler, weisen nach, dass das Verfahren für Prüfberichte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zu wenig wissenschaftlich fundiert ist.
Ihre fachliche Bewertung: "Die MDK-Prüfberichte sind kaum dazu angetan, eine Orientierungshilfe für die Nutzer, also die Betroffenen selbst oder deren Angehörige, zu bieten", wenn diese etwa eine angemessene Pflege oder Betreuung suchen. Und im Folgenden: "Die Prüfberichte treffen kaum Aussagen über die tatsächliche Lebenssituation pflegebedürftiger Menschen".Weitere wesentliche Ergebnisse sind:
- "Gute Pflege" - von der in der öffentlichen Diskussion um Transparenz und Pflegequalität häufig die Rede ist und deren Messung und Darstellung Ziel der MDK-Berichte sein sollte - "wird an keiner Stelle definiert oder
evaluiert."
- "Der Prüfkatalog der MDKen ist insgesamt zu wenig pflegewissenschaftlich fundiert und entspricht nicht ausreichend den Gütekriterien der Objektivität und Reliabilität" (Überprüfbarkeit), schreiben die Gutachter. Prüfverfahren ohne derartige Grundlage sind nicht aussagekräftig und vergleichbar. In den Berichten findet sich dementsprechend "ein hohes Maß an Subjektivität der Verfasser", so die Gutachter.
- "Es besteht der Eindruck, dass das Prüfinstrument auf
einem defizitorientierten Verständnis von Pflegequalität aufsetzt und sich
an einem zweckorientierten und funktionalistischen Paradigma
orientiert." "Durch das Fehlen einer logisch nachvollziehbaren Präsentation
der Stärken und Schwächen bleibt unklar, inwieweit die festgestellten
Mängel folgerichtig sind. Zudem erfolgt die Ableitung von vorgeblichen
Schwächen durch teils problematische Schlussfolgerungen. Aus einzelnen
Beobachtungen und Auffälligkeiten werden pauschalisierende Rückschlüsse
gezogen."
Hintergrund: Bereits seit einem Jahr arbeiten die
Pflegewissenschaftler an einer Bewertung von Qualitätsprüfungen des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) im Auftrag der Hamburgischen
Pflegegesellschaft, in der die Verbände der Hamburger Pflegeeinrichtungen der
Arbeiterwohlfahrt, des Caritasverbandes, des Deutschen Roten Kreuzes, des
Diakonischen Werkes und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes sowie des
Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) und des ZHP
zusammengeschlossen sind.
Gegenstand der Studie war die Frage, wie die
Aussagekraft der Prüfberichte bezüglich der Ergebnisqualität der
Einrichtungen einzuschätzen ist. Außerdem prüften die Experten, wie
aussagekräftig die im Prüfbericht befindliche abschließende Bewertungsmatrix
ist, und ob die Empfehlungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen
bezüglich der festgestellten Mängel folgerichtig sind.
"Das Gutachten
bestätigt unsere Kritik an dem defizitorientierten MDK-Prüfverfahren, weist
auf die erheblichen Schwächen dieses Verfahrens hin und stellt klar: Gute
Pflege ist mit diesem Instrument nicht zu ermitteln. Wir stehen nach wie vor
für Transparenz in der Pflege, allerdings muss diese Transparenz die
Ergebnis- und Lebensqualität der Pflegebedürftigen und deren Angehörige
spiegeln und Stärken und Schwächen der Pflegeeinrichtungen gleichermaßen
aufzeigen", so Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter
sozialer Dienste e.V.
"Das Gutachten leistet einen wichtigen Beitrag,
um die Qualitätsdebatte zu Pflegeeinrichtungen in Deutschland neu fachlich
und fundiert auszurichten. Für die Zukunft dürfen nicht mehr subjektive
Aussagen der Prüfer auf Basis von wissenschaftlich nicht abgesicherten
Indikatoren und eines nicht ausreichend getesteten Prüfinstrumentes darüber
befinden, ob ein Pflegeheim oder ein Pflegedienst als gut oder schlecht
klassifiziert wird. Die Vertreter der Pflegewissenschaft sind jetzt
gefordert, Indikatoren für ein Prüfverfahren zu entwickeln, das dem Anspruch,
gute Pflege festzustellen, auch genügt. Es darf nicht mehr dem MDS allein
überlassen bleiben, ein Prüfverfahren zu entwickeln. Die Pflegewissenschaft,
die Pflegekassen, die Verbände der Leistungserbringer und der MDS müssen
zusammenwirken, um ein wissenschaftlich anerkanntes Prüfverfahren mit
verwertbaren Ergebnissen einzuführen. Unsere Vorschläge liegen auf dem
Tisch", erklärt Klaus-Peter Stenzig, Vorsitzender der zuständigen
Sozialkommission der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
e.V., zusammenfassend.
BAGFW und bpa vertreten zusammen über zwei Drittel aller Pflegeeinrichtungen in Deutschland. Das Gutachten können Sie auf unserer Website herunterladen.
Herr Bernd Tews
Tel.: 030 / 30 87 88 60
E-Mail: presse@bpa.de
bpa - Bundesverband
privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
Hannoversche Straße 19
10115 Berlin
http://www.bpa.de