Mehr Markt oder mehr Staat? – Internationale Experten diskutierten beim Europa-Kongress der Techniker Krankenkasse
Hamburg, November 2008. Europa wächst zusammen – auch bei der Gesundheit.
Darin waren sich die Referenten und Teilnehmer des Europa-Kongresses einig,
den die Techniker Krankenkasse (TK) gestern in Zusammenarbeit mit der EHMA
(European Health Management Association) ausrichtete. Experten aus sieben
Nationen und mehr als 300 Gäste aus 19 Ländern kamen gestern in die
Hauptverwaltung der TK, um über die Chancen des europäischen
Gesundheitsmarktes zu diskutieren. "Mit dem Kongress möchten wir Impulse
geben, denn immer mehr Menschen nehmen Gesundheitsleistungen auch jenseits
der heimischen Grenze in Anspruch", erklärte Professor Dr. Norbert Klusen,
Vorsitzender des TK-Vorstandes. Wie die Studie "Die TK in Europa" zeigt,
haben rund 40 Prozent der TK-Kunden, die sich 2007 im europäischen Ausland
behandeln ließen, diese Leistungen gezielt in Anspruch genommen. Im Jahr 2003
waren es noch weniger als sieben Prozent.
Einen Tag nach den
Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten sprach Professor Dr. Thomas
G. McGuire von der Havard Medical School nicht nur über die Zukunft der
europäischen Gesundheitssysteme aus amerikanischer Perspektive. Er ging in
seinem Vortrag auch auf die Wahl Barack Obamas und dessen Pläne für eine
Gesundheitsreform in den USA ein. Dieser beabsichtige – was in Europa fast
selbstverständlich sei –, möglichst allen Bürgern seines Landes den Zugang zu
Gesundheitsleistungen zu ermöglichen.
Auf der Tagesordnung standen
anschließend die gesundheitspolitischen Reformbemühungen einzelner
europäischer Staaten. Professor Dr. Reinhard Busse von der Technischen
Universität Berlin befasste sich in seinem Vortrag mit der jüngsten
Gesundheitsreform in Deutschland - dem "Wettbewerbsstärkungsgesetz". Er ging
unter anderem auf die Ausweitung des krankheitsorientierten Finanzausgleichs
zwischen den Kassen ein. Dieser setze zum Teil falsche Anreize, weil darin
Krankheiten berücksichtigt würden, die nicht klar voneinander abgrenzbar
seien. Professor Dr. Alistair McGuire, der an der London School of Economics
und Political Sciences lehrt, wies darauf hin, dass die Reformen des
Vereinigten Königreichs zu kürzeren Wartezeiten für die Patienten geführt
hätten. Die Reform in den Niederlanden aus dem Jahr 2006, so Professor Dr.
Hans Maarse von der Universität Maastricht, habe dort zu einem "regulierten
Wettbewerb" im Gesundheitswesen geführt. Im Fokus der Veranstaltung stand
unter anderem die Frage, ob mehr marktwirtschaftliche Elemente oder mehr
staatliche Regulierung notwendig sei, um die Effizienz der
europäischen Gesundheitssysteme zu verbessern. Die Experten warben für einen
Mix aus Wettbewerb mit staatlicher Einflussnahme.
Ein weiterer
Themenschwerpunkt des Kongresses war die
grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung in Europa. Der TK-Europa-Experte
Günter Danner erläuterte zunächst die aktuellen Rahmenbedingungen innerhalb
der Europäischen Union. Zugleich forderte er die Europäische Kommission
auf, den Mitgliedsstaaten keine einheitlichen Standards "von oben"
vorzugeben, da das Niveau der Gesundheitsversorgung in den einzelnen Staaten
sehr unterschiedlich sei. Dr. Luigi Bertinato aus Italien und der
Österreicher Magistrat Karl Wulz berichteten von den praktischen
Erfahrungen grenzüberschreitender Zusammenarbeit in der Region Venezien. Mit
den dortigen Krankenhäusern hat auch die TK einzelne Verträge geschlossen,
um ihren Versicherten eine hochwertige und zugleich unbürokratische
Versorgung vor Ort anzubieten. Die TK kooperiert ebenfalls mit
verschiedenen Kureinrichtungen im europäischen Ausland. Martin Plachy, Chef
der tschechischen Royal Spa Company, schilderte die positiven
wirtschaftlichen Auswirkungen für sein Land durch die internationale
Zusammenarbeit.
Die einzelnen Beiträge der Referenten sind unter www.tk-europeancongress.de abrufbar.
Die Studie "Die TK in Europa" steht ebenfalls im Internet unter www.presse.tk-online.de als Download
zur Verfügung.
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