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11.09.2006 - dvb-Presseservice

"Mehr Wettbewerb zu Gunsten der Versicherten und Beitragszahler"

Gutachten im Auftrag der AOK zeigt schnelle Wege zu mehr Wettbewerb zu Gunsten besserer Medizin

Mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen ist nötig und möglich. Das zeigt ein Gutachten namhafter Wissenschaftler, das der AOK-Bundesverband am Montag (4.September) in Berlin vorgestellt hat. Es enthält neben Vorschlägen für praktische und schnell umsetzbare Regelungen sogar Formulierungen für die nötigen gesetzlichen Änderungen. Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens, appellierte bei der Präsentation an die Bundesregierung, die Ideen aufzugreifen: "Noch ist es zu schaffen, dass in dem von Union und SPD geplanten Gesetz zur Stärkung der Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung am Ende tatsächlich genug drin ist, damit der Titel stimmt."

Finanzierungsgrundlagen dringen reformieren   
  
In der 101 Seiten umfassenden Untersuchung haben die Wissenschaftler Prof. Dieter Cassel, Dr. Stefan Greß und Prof. Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen, Prof. Ingwer Ebsen von der Universität Frankfurt sowie Sabine Schulze und Dr. Klaus Jacobs vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) die bisherigen Wettbewerbsinstrumente in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) analysiert und daraus Empfehlungen erarbeitet, um kurzfristig den Wettbewerb vor zwischen den Leistungserbringern zu verstärken. Die Autoren machen konkrete Vorschläge, welche Gesetzesänderungen notwendig sind, damit ein so genannter Vertragswettbewerb zwischen Kassen und Leistungserbringern um qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgungsformen rasch in Gang kommen kann.

Politische Vorgaben nicht konsequent genug

Die Wissenschaftler halten in ihrem Gutachten fest, dass in den vergangenen Jahren der Gesetzgeber zwar eine Vielzahl von Einzelschritten hin zu mehr Wettbewerb gemacht hat, diese Schritte aber in sich nicht schlüssig und nicht aufeinander abgestimmt waren. Das gelte auch für den bisherigen Entwurf der Gesundheitsreform. "All die guten Vorschläge können nicht verwirklicht werden mangels Geld", kritisierte Gesundheitökonom Wasem in Berlin. Als dringend ergänzungsbedürftig bezeichnete AOK-Chef Ahrens deshalb die im bisherigen Reformentwurf enthaltenen Finanzierungsregelungen. So sei zwar vorgesehen, die niedergelassenen Ärzte künftig abhängig von der Krankheitshäufigkeit der Patienten zu vergüten. Aber es fehlten die entsprechenden Regelungen für einen krankheitsorientierten Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen.

Mehr Leistungen über Einzelverträge

Die Wissenschaftlergruppe schlägt vor, die Möglichkeiten für Einzelverträge zwischen Kassen und Leistungserbringern wie etwa niedergelassenen Ärzten oder Kliniken auszubauen. Mit solchen Einzelverträgen sollen medizinische Behandlungen, die bislang in Kollektivverträgen vereinbart werden, nach anderen Regeln und Anforderungen vergütet werden, wie das bisher bei der so genannten Integrierten Versorgung möglich ist. Außerdem plädieren die Forscher dafür, diese Selektivverträge nicht nur dann zuzulassen, wenn damit ambulante und stationäre Versorgung miteinander stärker verzahnt werden.Vielmehr sollen Selektivverträge nach den Regeln der Integrierten Versorgung auch ausschließlich mit Krankenhäusern oder mit Gruppen von niedergelassenen Haus- oder Fachärzten erlaubt werden.

In der Arzneimittelversorgung sollen die Kassen ebenfalls mehr Handlungsfreiheit erhalten. Sie sollen künftig direkt mit den Pharmaherstellern aushandeln, zu welchem Preis ihre jeweiligen Versicherten die Präparate bekommen.

Voraussetzung: Vergütungsformen ändern

Allerdings benennt das Gutachten eine zentrale Voraussetzung für mehr Wettbewerb: Die bisherigen Vergütungsformen müssen ergänzt und geändert werden. Die Kassen sollen medizinische Leistungen nur dort bezahlen, wo sie auch erbracht werden. Das Geld soll also der Leistung folgen. Deshalb steht für den Frankfurter Juristen Ebsen fest: "Es gilt der Grundsatz, dass die Kollektivbudgets um den Betrag bereinigt werden, den die im Selektivvertrag erbrachten Leistungen im Kollektivvertrag gekostet hätten." Damit werde verhindert, dass eine Kasse eine bestimmte ambulante Behandlung über den bisherigen Kollektivvertrag mit einer Kassenärztlichen Vereinigung und zusätzlich über einen Einzelvertrag mit einer Arztgruppe bezahlt.

Entsprechend klare gesetzliche Regelungen forderte in Berlin Johann- Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Zwar plane die Große Koalition eine solche Budgetbereinigung. Da aber künftig auf Landesebene alle Krankenkassen gemeinsam und einheitlich über die Gelder entscheiden sollten, würden die Kassen auf diesem Weg über die Etatausstattung ihrer Konkurrenten mitbestimmen. "So können sich die Wettbewerber gegenseitig blockieren und damit den Wettbewerb verhindern", bemängelte v. Stackelberg. Auch Gesundheitsökonom Wasem bestätigte: "Das kann nicht funktionieren."

Außerdem vermisst der AOK-Vize in den bisherigen Reformplänen der Regierung zusätzliche Vertragsmöglichkeiten in der stationären Versorgung: "Im Krankenhausbereich fehlt - außer bei der ambulanten Versorgung in Kliniken - der Wettbewerb gänzlich." Dabei stelle dieser Sektor nach wie vor den größten Kostenblock in der gesetzlichen Krankenversicherung dar.



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