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02.11.2006 - dvb-Presseservice

Millionenaufwand und kaum Nutzen: TK-Institut WINEG fordert qualitativ hochwertige Praxis-Tests für Arzneimittel

Neue Arzneimittel nach ihrer Zulassung auch in der Praxis zu testen ist unerlässlich - aber auch nicht billig. Diese so genannten Anwendungsbeobachtungen schlagen in Deutschland Jahr für Jahr mit 930 Millionen Euro zu Buche. Den Löwenanteil davon - mehr als zwei Drittel - tragen die gesetzlichen Krankenkassen, denn sie kommen für die Arzneimittel auf, die in den Studien verordnet werden. Diesen hohen Kosten für die Solidargemeinschaft stehen allerdings nur magere Ergebnisse gegenüber. Dass diese qualitativ zu wünschen übrig lassen, zeigt eine aktuelle Studie, deren Ergebnisse Dr. Eva Susanne Dietrich, Direktorin des Wissenschaftlichen Instituts der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG), heute auf dem internationalen Fachkongress "ISPOR" in Kopenhagen vorstellte.

Die neuen Medikamente, die in den Anwendungsbeobachtungen verordnet werden, sind im Durchschnitt fast zehnmal so teuer wie die Arzneien, die die Patienten zuvor zum Beispiel gegen ihren hohen Blutdruck oder ihr Asthma erhalten haben. Während eine durchschnittliche Verordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bei rund 40 Euro liegt, stehen auf den Rezepten bei den Anwendungsbeobachtungen jeweils Medikamente für rund 370 Euro. "Diese Mehrkosten lassen sich nur durch qualitativ hochwertige Studienergebnisse rechtfertigen", betont Dietrich.

Über einen Zeitraum von sechs Monaten hat die Apothekerin für die Studie Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ausgewertet, die Informationen zu 118 Anwendungsbeobachtungen mit rund 355.000 Patienten und 57.000 Ärzten umfassen. Das Ergebnis ist beunruhigend: Nur jede dritte Anwendungsbeobachtung ist so ausgelegt, dass ihre selbst gesteckten Ziele auch erreichbar wären. Zu den Studienzielen gehörte zum Beispiel, Informationen zu dem Nutzen von Arzneimitteln in der täglichen Praxis oder zu deren Nebenwirkungen zu erhalten. Außerdem war noch nicht einmal jede fünfte Studie zur Veröffentlichung gedacht - die Patienten hätten also in den meisten Fällen nie von den Studienergebnissen erfahren. "Insgesamt haben die Ergebnisse gezeigt, dass nur wenige Anwendungsbeobachtungen den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechen", so die Direktorin des WINEG.

Aus diesen Ergebnissen leitet das WINEG die folgenden Handlungsempfehlungen ab: "Patienten haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie ein Medikament tatsächlich in der Praxis wirkt. Deshalb sollte das Geld, das die GKV jedes Jahr in die Anwendungsbeobachtungen steckt, stattdessen in qualitativ hochwertige Studien fließen. Wir haben errechnet, dass für die von den Krankenkassen und der Pharmaindustrie jährlich investierte Summe 130.000 Patienten in umfassenden Studien behandelt werden könnten. Diese könnten Aufschluss über den tatsächlichen Nutzen der Medikamente in der Praxis geben und so würde jeder Patient von ihnen profitieren", hebt Dietrich hervor. Dabei wäre es laut der Institutsdirektorin schon ein erster Schritt, wenn die existierenden Qualitätsvorgaben eingehalten würden und die Medikamenten-Hersteller, die die Anwendungsbeobachtungen durchführen, dazu verpflichtet wären, ihre Methodik und die gewonnenen Studienergebnisse zu veröffentlichen.



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