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27.11.2012 - dvb-Presseservice

Nordbayerischer Versicherungstag in Nürnberg: Leben in einer virtuellen Welt?! – Chancen und Risiken des WWW

Beim Nordbayerischen Versicherungstag in Nürnberg, der am 22. November vom Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft Nordbayern-Thüringen und Forum V ausgerichtet wurde, standen die Chancen und Risiken des World Wide Web (WWW) im Mittelpunkt.

Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten über neue Herausforderungen,
vor denen die Branche in Zeiten von Smartphones und Tablet-PCs steht. Aber auch
aktuelle Themen, wie der EU-Rettungsschirm, turbulente Zeiten im Vertrieb oder
Veränderungen in der Rückversicherung wurden angesprochen.

Branche führend beim Datenschutz
Cyberkriminalität ist für Prof. Dr. Michael Amberg von der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg (FAU) ein weltweites Phänomen, bei dem Deutschland führend
mitspielt. Nach einer aktuellen Studie von Symantec steht Deutschland im
europäischen Vergleich auf Platz eins bzw. zwei, wenn es um den Ursprung der
meisten Phishing-Aktivitäten, webbasierte Angriffe sowie Netzwerkattacken geht.
Die zunehmende Anzahl von Cyber-Angriffen ist besorgniserregend, erklärte
Amberg. Schließlich hängen praktisch alle Lebensbereiche des gesellschaftlichen
Handelns, die Arbeitsfähigkeit der Behörden und die Wertschöpfung der
Wirtschaft von funktionierenden IT- und Internetstrukturen ab. Andererseits hat
die Bundesregierung die strategische Bedeutung erkannt und mit der in 2011
beschlossenen Sicherheitsstrategie für den Cyberraum reagiert. Auch die
Versicherungswirtschaft meldet einen Erfolg. „Nach fünf Jahren
Entwicklungsarbeit werden branchenweit einheitliche Verhaltensregeln im Umgang
mit personenbezogenen Daten eingeführt. Damit nimmt die Versicherungsbranche
eine Vorreiterrolle im Datenschutz ein“, sagte Amberg.

Neue Strategien zur Mitarbeitergewinnung
Junge, gut ausgebildete Nachwuchskräfte sind für die Zukunftsfähigkeit eines jeden
Unternehmens von zentraler Bedeutung. Doch die Zielgruppe hat andere
Mediengewohnheiten als ältere Führungskräfte und erwartet ein modernes,
flexibles Arbeitsumfeld, erklärte Prof. Dr. Karl Wilbers von der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Ein erster Indikator dafür
ist die Präsentation des Unternehmens im Internet sowie in sozialen Netzwerken
und in Portalen zur Arbeitgeberbewertung. „Unternehmen müssen hier gezielt eine
positive und starke Arbeitgebermarke aufbauen“, so Wilbers. Moderne Techniken
bieten bei der Personalgewinnung neue Möglichkeiten, etwa das virale
Personalmarketing oder das systematische Sammeln von Informationen bei
Bewerbungen, dem sogenannten „background checking“. Neue Techniken, etwa der
Smartphone-Boom, führen zu neuen Internetnutzungsgewohnheiten und verändern indirekt
das Aufgabenfeld der Personalgewinnung unter Nutzung moderner
Internettechniken. Diese neuen Herausforderungen ersetzen die klassischen
Aufgaben der Personalgewinnung keineswegs, sondern erhöhen stattdessen die
Komplexität moderner Personalarbeit, sagte Wilbers.

Positionierung am Point-of-Sale
Für Prof. Dr. Petra Gruner, Leiterin der Versicherungsstudiengänge an der Hochschule Coburg, gibt
es deutliche Anzeichen dafür, dass Mobiles Internet und Social Media die Art
und Weise, wie Finanzdienstleistungen zu Kunden gelangen, möglicherweise sogar
fundamental verändern werden. Dabei hat Social Media insbesondere Auswirkungen
auf die Interaktion mit dem Kunden, die Rolle der persönlichen Betreuung und
nicht zuletzt auf die Sollbruchstellen in der Wertschöpfungskette durch neue
Wettbewerber. Doch „Kunde ist nicht gleich Kunde“, erklärte Gruner. Während
„Digital Deniers“, die in der Regel zu der älteren Generation gehören, den
neuen Medien gegenüber eher abgeneigt sind und nach wie vor persönliche
Betreuung und Beratung bevorzugen, ist für die „Digital Natives“ die
Integration von Social Networks, Mobilem Internet und Smartphones in alle
Lebensbereiche eine Selbstverständlichkeit. „Überspitzt könnte man die Frage
stellen, ob diese Zielgruppe den Facebook-Freunden nicht mehr vertraut, als dem
persönlichen Betreuer“, sagte Gruner und forderte, dass die Branche sich diesen
neuen Herausforderungen am Point-of-Sale stellen muss, um sich im wandelnden
Wettbewerbsumfeld nachhaltig positionieren zu können.

EU-Rettungsschirm - Nothilfen nicht zum Nulltarif
Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil sieht in den Forderungen nach immer neuen
Rettungspaketen und immer neuen Haftungsübernahmen keinen Ausweg aus der
europäischen Schulden- und Zahlungsbilanzkrise. „Zusätzliche Rettungsbillionen
sind die völlig falsche Strategie für ein stabiles und wachstumsstarkes
Europa“, sagte Zeil. Die entstehenden Fehlanreize und Haftungsrisiken gefährden
nachhaltig Wachstum und Wohlstand in Deutschland und ganz Europa. „Was wir
brauchen sind Anreize zur Haushaltskonsolidierung und für echte
Strukturreformen – und zwar überall in Europa. Kein Staat kann auf Dauer mehr
Geld ausgeben, als er hat. Der Freistaat Bayern ist in punkto finanzpolitischer
Solidität und Stabilität Pionier und Erfolgsmodell“, so Zeil. In Bezug auf den
Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM betont Bayerns Wirtschaftsminister,
dass die vereinbarten Prinzipien der restriktiven Rettung konsequent
eingehalten werden müssen: „Nothilfen der Gemeinschaft darf es nicht zum Nulltarif
geben. Sie können immer nur als Ultima Ratio und im Gegenzug zu strengen
Auflagen, Reformen und Konsolidierungsmaßnahmen der Empfängerländer gewährt
werden. Das Ultima-Ratio-Prinzip bedeutet auch, dass der betroffene
Mitgliedsstaat zunächst seine eigenen Ressourcen ausschöpfen muss.“

Turbulente Zeiten im Vertrieb
Der Vertrieb ist das Herz und der Motor eines Unternehmens. „Vielfach warfen Verfehlungen
Einzelner in der Vergangenheit ein schlechtes Bild auf das Berufsbild des
Versicherungsvermittlers“, erklärte Dr. Josef Beutelmann, Präsidiumsmitglied
beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Zahlreiche
Gesetzes- und Brancheninitiativen sollen nun die Transparenz und
Glaubwürdigkeit dieses Berufsbildes in der Öffentlichkeit erhöhen und
manifestieren. Darüber hinaus ist die Branche sehr engagiert, um das Berufsbild
des Versicherungsvermittlers auch qualitativ aufzuwerten. Dazu werden neben
einer fundierten Ausbildung diverse Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten, um
den Vermittlern das richtige „Handwerkszeug“ mitzugeben. Als Präsidiumsmitglied
des GDV verfolgt Beutelmann mit Hochspannung die Revidierung der
EU-Vermittlerrichtlinie (IMD2), die voraussichtlich 2015 in deutsches Recht
umgesetzt wird. Die EU-Kommission möchte die Regeln für die
Versicherungsvermittlung (IMD2-Richtlinie) neu gestalten.
Aus Sicht des GDV ist dabei zwingend notwendig, dass die Offenlegung der Kosten, die durch den
Vertrieb und beim Abschluss einer Versicherung entstehen, einen klaren Mehrwert
für die Kunden bietet. Für Finanzanlagenvermittler sind die neuen Gesetze und
Verordnungen bereits verabschiedet und werden mit Beginn des kommenden Jahres
in Kraft treten. Ziel soll es sein, die Transparenz und die Qualität des
Vermittlerberufes aufzuwerten. „Als Branche sind wir daran interessiert, den
Beruf im Sinne des Kunden zu optimieren, damit der Bedarf für den Kunden
verständlich und anschaulich kommuniziert werden kann. Denn als
Versicherungsbranche leben wir von dem Vertrauen und der Zufriedenheit unserer
Kunden“, so Beutelmann.

Trends in der Rückversicherung
Der Rohstoff für die Rückversicherung sind weltweite Risiken. Nach Ansicht von Dr. Stefan Lippe,
ehemaliger Präsident der Swiss Re, werden die Risiken bis zum Jahr 2020 weiter
wachsen. Zusätzlich wird die Versicherungsdichte in den Wachstumsmärkten
zunehmen, das heißt, die Versicherungsindustrie erhält ein größeres Stück von
einem wachsenden Kuchen, so Lippe. Aber auch die Komplexität und die
Kumulationsgefahr werden weiter zunehmen, wie der Einsatz von schwerer
beherrschbaren Technologien, der Klimawandel und Wegfall der räumlichen
Trennung durch virtuelle Vernetzung. „Wir müssen uns verstärkt auf ein extrem
volatiles Umfeld einstellen. Die Schuldenkrisen, wirtschaftliche und politische
Instabilität, Protektionismus und verstärkte Regulierung werden in den nächsten
Jahren unsere Begleiter sein“, sagte Lippe. Diese Faktoren werden massiv die
Erträge aus Kapitalanlagen und letztendlich die Risikotragfähigkeit der
Rückversicherungsindustrie beeinflussen. Die Rückversicherer sollen deshalb
ausreichend Kapital bereithalten, den Nutzen und die Risiken virtueller
Netzwerke besser verstehen und ihre Modelle zur Risikobeurteilung
flexibilisieren. Zudem rät Lippe, mehr in Innovationen zu investieren und den
intensiven Dialog mit Regulatoren, Politikern und Notenbanken fortzusetzen.

Forum V und BWV Nordbayern-Thüringen
Der Nordbayerische Versicherungstag wurde vom Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft
Nordbayern-Thüringen in Kooperation mit Forum V ausgerichtet. Forum V, das
nordbayerische Institut für Versicherungswissenschaft und -wirtschaft an der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ist ein Zusammenschluss von
nordbayerischen Hochschulen, Verbänden und den vier ansässigen Versicherungsunternehmen
ERGO Direkt Versicherungen, HUK-COBURG Versicherungsgruppe, NÜRNBERGER
Versicherungsgruppe und uniVersa Versicherungen. „Der Verein unterstützt seit 3
Jahren die Zusammenarbeit von Wissenschaft, Praxis und Politik auf dem Gebiet
des Versicherungswesens. Dadurch ist Forum V Mittelpunkt eines starken
Netzwerks, das in der Region Nordbayern zur Standort- und Nachwuchssicherung
der Hochschulen und der regionalen Versicherungsunternehmen beiträgt“, erklärte
Vorstandsmitglied Walter Bockshecker. Auch der ehemalige bayerische
Ministerpräsident, Dr. Günther Beckstein findet, dass der Verein Forum V sich
durch den Zusammenschluss von sich im Wettbewerb befindlichen
Versicherungsunternehmen auszeichnet, die zusammen mit
Universitäten/Hochschulen und Verbänden ein Kompetenzzentrum für Versicherungen
in Nordbayern geschaffen haben. Der Vorsitzende des Beirats von Forum V zeigte
sich außerdem überaus erfreut über das Engagement der beteiligten Personen und
Unternehmen und verweist auf die zahlreichen Aktivitäten, die seit der Gründung
im Jahr 2009 erfolgreich umgesetzt werden konnten. Exemplarisch nennt Beckstein
den Ausbau des Lehrangebots an der FAU Erlangen-Nürnberg und der HS Coburg
(Berufsbegleitende Bachelor / Master, Duale Bachelor), sowie die zahlreichen Veranstaltungen
(Forum V-Trends, Forum V-Versicherungsmathematisches Kolloquium an der FAU,
Forum V-Expertenrunde, Forum V-Planspiel Versicherungen).

Hintergrundinformation im Internet
Die beiden Veranstalter haben zum Nordbayerischen Versicherungstag im Internet unter
www.versicherungstag.de eine spezielle Website geschalten, über die
Interessierte weitere Informationen zur Veranstaltung und zu den Vorträgen
finden.

Ansprechpartner für den Versicherungstag
Sabine Richter, BWV Nordbayern-Thüringen e.V.
Telefon 0911/531-3836, E-Mail: sabine.richter@versicherungstag.de
oder Stefan Taschner, Telefon 0911/5307-1698, E-Mail: taschner@universa.de