Anzeige
09.05.2006 - dvb-Presseservice

Sozialstaatssekretärin Lichy mahnt Reform der Pflegeversicherung an

bpa-Fachtag: „Perspektiven häuslicher und stationärer Pflege“

Dringenden Reformbedarf bei der Pflegeversicherung sieht die Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Arbeit und Soziales, Johanna Lichy (CDU): „Die Zahl der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg wird bis zum Jahr 2020 von 230.000 auf 310.000 ansteigen. Eine umfassende Reform ist daher unumgänglich“, sagte Lichy zum Auftakt des Fachtages „Perspektiven in der häuslichen und stationären Pflege“, den der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), Landesgruppe Baden-Württemberg, heute in Sindelfingen veranstaltete. Wie das entsprechende Gesetz aussehen soll, habe man von Seiten der Bundesregierung aber noch nicht gehört, mahnte Lichy zur Eile. Leistungsverbesserungen, insbesondere die Besserstellung Demenzerkrankter, dürften nicht länger auf die lange Bank geschoben werden. Klar sei, dass neben den notwendigen Leistungsverbesserungen auch die Finanzierungsseite zu stärken sei. Lichy: „Dabei brauchen wir mehr Kapitaldeckung.“

Weniger Verständnis zeigte die Sozialstaatssekretärin für ein Problem, das primär den Trägern privater Pflegeeinrichtungen auf der Seele brennt: Ein aktueller Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg zur Entbürokratisierung sieht u. a. vor, dass die Grundstückskosten bei der gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen – trotz der klaren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – nicht berücksichtigungsfähig sind. Rainer Wiesner, Vorsitzender des bpa in Baden-Württemberg: „Das ist kein Beitrag zur Entbürokratisierung, sondern ein ‚enteignungsgleicher’ Eingriff zu Lasten der Einrichtungsbetreiber durch die Hintertür, um die knappen Haushaltsmittel zu schonen.“ Dabei sei das Land hier eindeutig in der Verantwortung. Wiesner: „Wir können dem Sozialhilfeträger nicht kostenlos Grundstücke zur Verfügung stellen. Er hat den Sicherstellungsauftrag, nicht die Einrichtungen.“

Ein existenzbedrohendes Problem auch für baden-württembergische Einrichtungen wurde in Sindelfingen durch den viel zitierten „Schattenwirtschaftsexperten“ der Bundesregierung, Prof. Friedrich Schneider (Universität Linz), konkretisiert: „Illegale Beschäftigungen in Pflegehaushalten“. Rund ein Drittel aller Schwarzarbeiter im „Musterländle“ seien im Bereich „Putz- und andere Haushaltshilfen“ tätig, worunter de facto auch Pflegeleistungen fielen. So bestätigte Schneider den über 100 anwesenden professionellen Pflegeanbietern, die mit illegaler Billiglohn- Pflege nicht konkurrieren können: „Sie sehen sich zu Recht einem ruinösen Wettbewerb ausgesetzt, da wirksame Sanktionen nicht erkennbar sind.“

Bundesweit seien zwar schon rund 9.000 Zöllner zu „Schwarzarbeitsjägern“ umgeschult worden, so Schneider. Diese seien aber angesichts des enormen Volumens der Schwarzarbeit „total überfordert“. 346,2 Mrd. Euro (15,4% des Bruttoinlandsprodukts) seien 2005 in die Schattenwirtschaft geflossen. Für eine wichtige „vorbeugende Maßnahme“ halte er, wie der bpa, die Ausweitung der steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen. Hierdurch könnten die Leistungen professioneller Pflegeanbieter attraktiver werden. Außerdem sprach sich Schneider für eine befristete Mehrwertsteuerrückvergütung bei arbeitsintensiven Dienstleistungen und für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus.



Landesbeauftragter
Herr Stefan Kraft
Tel.: 07 11 / 9 60 49-72
Fax: (07 11) 960 49 70
E-Mail: Baden-Wuerttemberg@bpa.de

bpa - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V.
Hannoversche Straße 19
10115 Berlin
Deutschland
http://www.bpa.de