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28.02.2011 - dvb-Presseservice

Unruhen in Nahost und Nordafrika: Ölpreis könnte Spitze von 150 US-Dollar erreichen / Einige Unternehmen bieten Kurspotenzial von mehr als 55 Prozent

Fünf Fragen an Mark Lacey, Co-Portfolio Manager des Investec Global Energy Fund, zur weiteren Entwicklung des Ölpreises und den Folgen für die Anleger.

1. Zeigt der aktuelle Ölpreis, dass wir in einer Krise stecken? Was sind Ihre kurzfristigen Prognosen für den Ölpreis?

Aus unserer Sicht spiegelt der Rohölpreis keine Krise wider. Unsere Preisvorhersagen, die sich nach den langfristigen Kostenentwicklungen der Branche richten, sind unverändert: In unseren Modellen gehen wir weiterhin von einem Ölpreis von 100 US-Dollar je Barrel aus. Großvorhaben in Kanada und kleinere Satellitenprojekte in der Nordsee beispielsweise brauchen einen Preis von 100 Dollar pro Barrel, um eine Kapitalrendite von 10 Prozent zu erzielen.

Aktuell weist vieles darauf hin, dass sich die politische Lage in Libyen noch weiter verschlechtern wird. Eine Destabilisierung Bahrains könnte sogar noch mehr Schaden anrichten. Die USA haben hier einen Marinestützpunkt und Bahrain hat durch einen Damm eine direkte Landverbindung mit Saudi-Arabien. Unruhen in dem Staat haben das Potenzial, die Beziehungen mit den Saudis und dem Iran zu belasten. Weil die Region kultur- und sozialpolitisch so eng verbunden ist, ist das politische Ansteckungspotenzial groß. Zwar sind die Unruhen noch in einem frühen Stadium, doch die Sicherheit der Rohöl-Versorgung könnte weiter negativ beeinflusst werden: Wir halten es für möglich, dass der Ölpreis auf einen Peak von 150 US-Dollar pro Barrel springt.

2. Damit wären die Preise wieder in Höhen wie im Jahr 2008 – sind wir also in einer ähnlich schlechten Situation wie damals?

Wenn man sich Angebot und Nachfrage anschaut und die poltische Unsicherheit außer Acht lässt, ist es ein bisschen besser als 2008.Die zwölf OPEC-Mitglieder haben noch Reserven in der Förderkapazität von 4,5 Millionen Barrel pro Tag, 2008 lag dieser Wert unter 2 Millionen. Trotzdem: Der Markt ist so oder so eng, ob die Kapazitätsquote nun bei 5,0 Prozent liegt oder bei 2,2 Prozent.

Der Knackpunkt sind fehlende Investments der Branche in den vergangenen Jahren, die das zukünftige Angebot hätten verbessern können. In der Weltwirtschaftskrise wurden viele Megaprojekte auf Eis gelegt: Offshore-Pläne westlich und nördlich von Afrika, in Mexiko und dem Nahen Osten. In den kommenden Jahren wird das Angebot nur in sehr kleinen Schritten wachsen, allein Brasilien bildet hier eine Ausnahme. In den vergangenen drei Jahren hat die Industrie erneut zu wenig investiert, und das wird Folgen haben für die Flexibilität des Angebotswachstums in den kommenden Jahren.

Außerdem gilt immer noch der Stopp für Tiefseebohrung im Golf von Mexiko, der nach der Katastrophe auf der Deepwater-Horizon-Plattform verhängt wurde. Dieser Stopp hat zwar im Moment keinen wesentlichen Einfluss auf die aktuelle Produktionsmenge, aber für die zukünftige: Denn solche technisch herausfordernden Projekte haben meist eine Vorlaufzeit von etwa drei bis fünf Jahren.

3. Welche Produktionsmengen sind gefährdet, und welche Firmen sind voraussichtlich betroffen?

Die Ölförderstaaten, für die wir Produktionsstopps für möglich halten, sind Libyen (mit einer Kapazität von 1,6 Millionen Barrel pro Tag), Algerien (1,2 Millionen Barrel pro Tag), Ägypten (1,0 Millionen Barrel pro Tag) und der Iran (3,7 Millionen Barrel pro Tag). Das entspricht ungefähr 8,5 Prozent der weltweiten Rohöl-Versorgung. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass nicht die gesamte Förderung gefährdet ist.

Einige Anlagen werden stillgelegt, weil für die internationalen Ölkonzerne die Sicherheit ihrer Mitarbeiter höchste Priorität hat. Der spanische Ölkonzern Repsol hat beispielsweise kürzlich bekannt gegeben, dass er seine Ölförderung in Libyen einstellen müsse; die BASF-Tochter Wintershall hatte dies auch bereits angekündigt. Das bedeutet, dass eine Produktion von bis zu 135.000 Barrel pro Tag auf Eis gelegt wurde – mehr als acht Prozent des gesamten libyschen Ölexports. Auch der italienische Konzern Eni hat damit begonnen, die Ölproduktion herunterzufahren, und seit vergangenem Montagnachmittag wurde die Erdgaslieferung von Libyen nach Italien durch die 510 Kilometer lange Greenstream-Pipeline verringert. BP und Shell haben ihre Mitarbeiter aus der Region des Ghadames-Becken in Libyen evakuiert, wo eigentlich ein bedeutendes Bohrprojekt starten sollte.

Diese Maßnahmen werden zweifelsfrei das zukünftige Fördermengenwachstum in diesen Regionen beeinflussen, nur das Ausmaß ist noch nicht genau zu definieren. Unsere Sorge ist, dass die Unruhen in Libyen zu etwas führen, was wir aus Venezuela kennen: Hier hat die Produktion stetig abgenommen, seit die internationalen Ölfirmen sich ab 2002 aus der Region zurückgezogen haben. Venezuela hat erhebliche Mengen an Ölreserven, etwa 100 Milliarden Barrel, und war einst ein bedeutender Ölproduzent, 1998 noch mit einer Menge von 3,5 Millionen Barrel pro Tag. Aber nach vielen Jahren der Vernachlässigung unter der Herrschaft von Präsident Chavez liegt die Rate heute nur noch bei 2,2 Millionen Barrel pro Tag.

Den größten Anteil an der Gesamtproduktion in Nordafrika haben drei Unternehmen: ENI, BG Group und OMV. Man muss eines anmerken: ENI und BG fördern einen signifikanten Teil ihres Gases in Ägypten offshore und sind deswegen einem viel geringeren Störungsrisiko ausgesetzt, es sei denn, es würden Probleme bei ihren Flüssiggas-Exporten auftreten. Am riskantesten bleibt Libyen, hier könnten 13 Prozent von ENIs Produktionsmengen und sieben Prozent von OMVs Produktionsvolumen kurzfristig ausfallen.

Wichtig ist noch, anzumerken, dass diese Ölmengen aufgrund von historischen Konzessionen gefördert werden. Das bedeutet, dass die Fässer kein “cost oil” mehr sind, das die Investitionen deckt, sondern “profit oil”, das eine kleine Marge verspricht. Der Einfluss des jeweiligen Nettoinventarwerts auf die Firmen ist somit unterschiedlich, gemessen an diesem Wert sind Repsol und OMV am stärksten in Libyen engagiert.

4. Würde ein Preissprung des Rohöls auf über 150 US-Dollar pro Barrel die Weltwirtschaft beeinflussen?

Zu Beginn des Jahres haben wir gesagt, dass das Risiko eines solchen Preisanstiegs von einem starken Nachfragewachstum zwischen 2010 und 2013 ausgeht, was dazu führen sollte, dass die Reserven in den Förderkapazitäten ausgenutzt werden. Dazu muss man jedoch bedenken, dass steigende Preise die Nachfrage sinken lassen können. Bis jetzt ist das zwar noch nicht geschehen, doch Preise von über 100 Dollar je Barrel werden von vielen Weltmarktführern negativ bewertet, weil sie die Verbraucher belasten und die wirtschaftliche Erholung der OECD-Staaten erheblich bedrohen.

Einen Anstieg des Rohöl-Preises zu vermeiden, ist außerdem auch im Interesse der OPEC-Mitglieder, weil ihre größten Abnehmer, die OECD-Staaten, sich dann von der letzten Rezession erholen können. Die Ölkrise von 1979/1980 hat dazu geführt, dass die Ausgaben für Öl von vier auf acht Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) gestiegen sind. Folglich nahm die Nachfrage der OECD-Staaten in den folgenden Jahren der weltweiten Rezession stark ab.

Bei einem Preis von etwa 80 US-Dollar pro Barrel haben die nominalen Ausgaben für Öl im Moment einen stabilen Anteil von etwa vier Prozent am BIP. Das unterstützt die Sicht, dass Preise zwischen 90 und 100 US-Dollar je Barrel vom globalen BIP absorbiert werden können. Kurzfristig ist ein Anstieg auf 150 US-Dollar nicht undenkbar, aber auf solch einen Preissprung könnte reagiert werden, weil die freien Förderkapazitäten der OPEC ja größer sind als 2008 und die Mitgliedsstaaten den Ölexport also steigern könnten, um den Markt zu beruhigen. Tatsächlich hat vergangenen Dienstag der saudische Ölminister Ali Naimi, gesagt, dass Saudi-Arabien 12,5 Millionen Fässer Öl am Tag produzieren kann – ein Niveau, das helfen könne, kurzfristige Ausfälle in der internationalen Versorgung zu kompensieren. (Warum in Anführungen?)

5. Wo sehen Sie jetzt Chancen für Investoren? Sind Unternehmen mit Zugang zu großen Reserven in politisch stabilen Gegenden jetzt besonders interessant?

Definitiv. Ich möchte eines betonen: Es ist unwahrscheinlich, dass wir unsere langfristige Prognose von 100 US-Dollar je Barrel aufgrund der politischen Ereignisse erhöhen werden. Diese Vorhersage basiert stets auf den Kosten – es ist unmöglich, politische Risiken zu prognostizieren. Zwei Firmen in unserem Portfolio sind in den vergangenen Monaten erheblich hinter den Ölpreissteigerungen zurückgeblieben. Sowohl Petrobras in Brasilien als auch Nexen in Kanada verfügen über langfristig förderbare Vorkommen, wirtschaften in politisch stabilen Regionen und können ihre Produktionsmengen in den nächsten zehn Jahren durch organisches Wachstum steigern.

Aus unserer Sicht bieten die Sum-of-Parts-Bewertungen für diese Unternehmen ein Kurzpotenzial von mehr als 55 Prozent, ausgehend von einem langfristigen Ölpreis von 100 US-Dollar je Barrel.




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*Stand: 30. September 2010