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20.11.2006 - dvb-Presseservice

Versicherungswirtschaft 2006 mit 2,2 Prozent Wachstum Kaptialgedeckte Altersvorsorge kommt zunehmend in Gang - Kompositgeschäft dagegen weiter rückläufig

Die deutsche Versicherungswirtschaft kann 2006 an der Besserung der konjunkturellen Grundstimmung in Deutschland nur eingeschränkt partizipieren. Die Reformen in der privaten Krankenversicherung sowie die anhaltende Wettbewerbsdynamik in der Schaden- und Unfallversicherung wirken zusätzlich dämpfend auf die Beitragsentwicklung. Die kapitalgedeckte Altersvorsorge kommt dagegen zunehmend in Gang und stärkt die Geschäftsentwicklung in der Lebensversicherung.

 

Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin mitteilt, deuten die vorliegenden Geschäftszahlen über alle Zweige und Sparten für 2006 auf ein Beitragsplus von 2,2 Prozent auf 161,4 (2005: 158,0) Milliarden Euro hin. Dabei wird das Wachstum ausschließlich von der Personenversicherung getragen, wobei die Lebens- und die private Krankenversicherung voraussichtlich mit einem Plus von jeweils etwa 4 Prozent zur Umsatzentwicklung beitragen werden. In der Schaden- und Unfallversicherung ist dagegen mit sinkenden Beitragseinnahmen zu rechnen (minus 1,4 Prozent).

 

GDV-Präsident Dr. Bernhard Schareck: „Die deutsche Versicherungswirtschaft durchläuft eine anhaltende Phase der Kursbestimmung und Neuausrichtung. Aufgabenstellungen in neuen Dimensionen kommen auf sie zu – in der privaten Vorsorge ebenso wie etwa in der Risikoabdeckung in Industrie und Hochtechnologie. Doch bei alldem geht es der Branche nicht schlecht, setzen die Versicherer mittelfristig wieder verstärkt auf Wachstum. Damit sich das Blatt nicht wendet, müssen aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen. Im Gegensatz zu manchen Ungereimtheiten bei der Umgestaltung des Gesundheitswesens belassen die Reformen zur Alterssicherung und jüngst der Regierungsentwurf zum Versicherungsvertragsgesetz der Assekuranz jedoch den notwendigen Raum zu ihrer Entfaltung.“

 

Rentenpolicen tragen Beitragswachstum der Personenversicherung

 

Für die Lebensversicherer ist 2006 ein erfolgreiches Jahr. So konnte die Wachstumsdelle nach dem Alterseinkünftegesetz überwunden werden, wobei das Wachstum zunehmend von Rentenpolicen getragen wird. Seit dem Inkrafttreten der Riester-Reform wurden bis Ende August 2006 bereits 20,6 Millionen Rentenverträge neu abgeschlossen, davon allein 2,7 Millionen im laufenden Jahr. Insgesamt konnten im Bereich der Lebensversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds bis September 2006 rund 5,8 Millionen Verträge über eine versicherte Summe von 177 Milliarden Euro neu abgeschlossen werden. Dies entspricht im Vergleich zum

I. bis III. Quartal 2005 bei der Vertragszahl einem Plus von 9,3 Prozent und bei der Versicherungssumme einem Zuwachs von 7,5 Prozent.

 

Die gebuchten Bruttobeitragseinnahmen für Lebensversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds stiegen bis September 2006 um 2,7 Prozent auf 52,9 Milliarden Euro. Von den Beitragseinnahmen entfielen auf die Lebensversicherung i.e.S. 51,0 Milliarden Euro (plus 2,4 Prozent). Im letzten Quartal dürfte das Wachstum weiter ansteigen, so dass in 2006 insgesamt von einem Beitragsplus in Höhe von rund 4 Prozent auf 78,3 Milliarden Euro ausgegangen werden kann. Wie in den Jahren zuvor bewegen sich die Auszahlungen an die Lebensversicherungskunden auch in 2006 auf hohem Niveau. So wurde im I. bis III. Quartal 2006 für Lebensversicherungen i.e.S. mit gut 45 Milliarden Euro 2,4 Prozent mehr als im Vorjahreshalbjahr an die Kunden ausgezahlt. Im Gesamtjahr 2006 könnten etwa 67 Milliarden Euro erreicht werden (plus 4 Prozent).

 

In der Privaten Krankenversicherung (Krankenversicherung und Pflegepflichtversicherung) sind die Beitragseinnahmen zuletzt nicht mehr so stark gewachsen wie in früheren Jahren. Zwar zeichnet sich für 2006 wieder ein deutlich über dem Branchenschnitt liegendes Beitragsplus von 4,2 Prozent ab, allerdings resultieren diese Mehreinnahmen weniger aus dem Neuzugang als vielmehr aus steigenden Leistungsausgaben, die wiederum zu entsprechenden Beitragsanpassungen führen. Zudem wirken sich die politische Diskussion über die Zukunft des Gesundheitswesens und die zum 1. Januar 2003 erfolgte Anhebung der Versicherungspflichtgrenze negativ auf den Neuzugang aus. Dementsprechend gering fiel im ersten Halbjahr 2006 der Nettoneuzugang aus (plus 46 900 Personen).

 

Die privaten Krankenversicherer rechnen für 2006 mit Beitragseinnahmen von insgesamt 28,5 Milliarden Euro (plus 4,2 Prozent). Davon entfallen auf die Krankenversicherung 26,6 Milliarden Euro (plus 4,5 Prozent) und auf die Pflegeversicherung 1,9 Milliarden Euro (plus 0,5 Prozent). Die ausgezahlten Versicherungsleistungen (einschließlich Schadenregulierungskosten) dürften bis Ende 2006 eine Höhe von rund 18,2 Milliarden Euro erreichen, wobei auf die Krankenversicherung 17,6 (plus 5,1 Prozent) und auf die Pflegeversicherung knapp 0,6 Milliarden Euro (plus 1,8 Prozent) entfallen.

 

Schadenversicherung: Einnahmeschwund bei wachsendem Schadendruck

 

In der Schaden- und Unfallversicherung deuten die vorliegenden Zahlen auf eine spürbare Verschlechterung der Ertragssituation hin: Das versicherungstechnische Plus dürfte mit knapp 3,2 Milliarden Euro um rund 1,7 Milliarden Euro niedriger ausfallen als im Vorjahr. Dieser Einbruch resultiert aus sinkenden Beitragseinnahmen (voraussichtlich minus 1,4 Prozent auf 54,6 Milliarden Euro) bei gleichzeitig steigenden Schadenaufwendungen (plus 1,8 Prozent auf 40,3 Milliarden Euro). Bei einer erwarteten Schadenquote von 75 (2005: 72,9) Prozent dürfte sich die Schadenkostenquote nach Abwicklung (Combined Ratio) um gut drei Prozentpunkte auf 94 Prozent verschlechtern.

 

In der Kraftfahrtversicherung hat sich 2006 der schon im Vorjahr beobachtete Rückgang der Beitragseinnahmen mit einem erwarteten Minus von 4,4 (2005: minus 2,2) Prozent auf 21,0 Milliarden Euro deutlich verschärft. Der härtere Preiswettbewerb hat sowohl die Kfz-Haftpflicht- als auch die Fahrzeugversicherungen in aller Breite erfasst. Zugleich dürfte sich der Schadenaufwand nach einem Minus von 1,4 Prozent im Vorjahr in 2006 wieder leicht erhöhen. Die insgesamt negative Entwicklung schlägt sich nach drei vergleichsweise günstigen Jahren erstmals wieder im versicherungstechnischen Ergebnis nieder, so schmilzt der Gewinn voraussichtlich um etwa 80 Prozent auf rund 200 Millionen Euro ab. Damit hat sich die Prognose erfüllt, dass die seit 2003 wieder registrierten versicherungstechnischen Gewinne nur eine Zwischenepisode bleiben werden.

 

In der Sachversicherung lassen die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der anhaltende Wettbewerb für 2006 nur eine verhalten positive Entwicklung im Gewerbe- und Privatversicherungsgeschäft zu. In der Industriellen Sachversicherung hat sich dagegen die Scherenbewegung aus sinkenden Beitragseinahmen und steigenden Schäden fortgesetzt. Über alle Sachsparten ist ein Prämienrückgang von 0,6 (2005: plus 0,4) Prozent auf gut 14 Milliarden Euro zu erwarten. Gleichzeitig dürfte sich der Schadenaufwand um etwa 8 (2005: 3,1) Prozent auf rund 10 Milliarden Euro erhöhen. Die Schadenquote wird voraussichtlich um 5 Prozentpunkte auf 71 Prozent zulegen. Bei einer in Aussicht stehenden Combined Ratio von 95 (2005: 87,9) Prozent würde damit der versicherungstechnische Gewinn um gut 60 Prozent auf rund 700 Millionen Euro abschmelzen.

 

In der Allgemeinen Haftpflichtversicherung wird für 2006 nur mit einem geringfügigen Beitragsplus in Höhe von 0,5 (2005: 4,2) Prozent auf rund 6,8 Milliarden Euro gerechnet. Der Schadenaufwand dürfte um 2 (2005: 1,0) Prozent auf 4,5 Milliarden Euro ansteigen. Bei der Geschäftsjahresschadenquote zeichnet sich ein Anstieg von 65,5 auf 67 Prozent ab. Gleiches gilt für die Combined Ratio, die rund 87 (2005: knapp 86) Prozent betragen dürfte. Für die Allgemeine Unfallversicherung kann bei weitgehend unverändertem Schadengeschehen mit einem Beitragswachstum von 2 (2005: 1,1) Prozent auf rund 6,2 Milliarden Euro gerechnet werden. Der Aufwand für Geschäftsjahresschäden dürfte um 2 (2005: 2,9) Prozent auf etwa 2,7 Milliarden Euro ansteigen. Die Geschäftsjahresschadenquote verharrt mit 56 Prozent auf Vorjahresniveau, die Combined Ratio wird voraussichtlich bei 86 Prozent liegen.

 

In der Rechtsschutzversicherung steigen die Beitragseinahmen voraussichtlich um 2 (2005: 3,1) Prozent auf rund 3,1 Milliarden Euro. Die Schadenaufwendungen für Geschäftsjahresschäden dürften ebenfalls um 2 (2005: 4,3) Prozent auf 2,3 Milliarden Euro anwachsen. Die Transportversicherer erwarten für 2006 bei einem Beitragsvolumen in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro bestenfalls eine Stagnation auf der Einnahmeseite, wahrscheinlicher jedoch einen leichten Prämienrückgang. Auf der Schadenseite erscheint ein auskömmliches Ergebnis realistisch. Die Schadenquote und die Combined Ratio dürften mit 57 bzw. 91 Prozent auf dem Vorjahresstand verharren.

 

In der Kredit-, Kautions- und Vertrauensschadenversicherung ist bei einem Prämienvolumen von 1,4 Milliarden Euro gegenwärtig nur mit einem abgeschwächten Beitragsplus von etwa 2 (2005: 5,1) Prozent zu rechnen. Der Schadenaufwand wird sich deutlich um etwa 20 Prozent auf rund 700 Millionen Euro reduzieren, woraus sich eine Schadenquote von 50 Prozent ergibt. Damit setzt sich die positive Entwicklung des versicherungstechnischen Ergebnisses im vierten Jahr in Folge fort.

 

Verhaltene Wachstumsaussichten für 2007

 

Die Entwicklung der Versicherungsnachfrage ist in der Breite nicht von den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zu trennen. Die Wachstumsimpulse, die von ihrem Umfeld, aber auch von den branchenspezifischen Gegebenheiten in den einzelnen Zweigen und Sparten ausgehen, sprechen weiterhin für ein verhaltenes Expansionstempo der Versicherungswirtschaft insgesamt.

 

Der positive Grundtrend für die kapitalgedeckte Altersvorsorge und die gegenwärtige Konjunkturbelebung werden immer noch von einer schwachen Einkommensentwicklung und einer anhaltend hohen Arbeitslosigkeit überlagert. Die daraus resultierende Verunsicherung und Abwartehaltung breiter Schichten kann nur allmählich überwunden werden, obwohl die Anlagemittel der privaten Haushalte für die Altersvorsorge durchaus zur Verfügung stehen. Dementsprechend gehen die Lebensversicherer für 2007 von einem eher moderaten Beitragswachstum in Höhe von 2 Prozent aus.

 

Lässt man die Ungewissheiten bezüglich der Gesundheitsreform außer acht, deren Auswirkungen überwiegend erst nach 2007 spürbar werden, erscheint für die private Krankenversicherung ein Beitragsplus von 3 Prozent realistisch. Hier dürfte sich die Ausweitung des Geschäftsvolumens wie schon im laufenden Jahr in erster Linie aus Beitragsanhebungen infolge steigender Leistungsausgaben speisen. In der Schaden- und Unfallversicherung drücken weiterhin der hohe Grad der Marktdurchdringung und der verschärfte Preiswettbewerb stark auf den Umsatz, so dass hier ein Minus von 1 Prozent realistisch erscheint.

 

Aus den Vorabschätzungen für die Hauptsparten ergibt sich als Prognose für die Versicherungswirtschaft insgesamt für 2007 nur ein kleines Umsatzplus in der Größenordnung von etwa 1 Prozent.

Das Statement des GDV-Präsidenten Dr. Bernhard Schareck auf der
Pressekonferenz zur Mitgliederversammlung finden Sie unter www.gdv.de

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Herr Hans Geldmacher
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