Berufsstarter in der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente

Derjenige, welcher während oder unmittelbar nach seiner beruflichen Ausbildung selbst berufsunfähig wird, bekommt in der Regel keine gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Denn Voraussetzung ist, dass mindestes fünf Jahre bereits gearbeitet wurde. Zusätzlich müssen davon wiederum 36 Monate Pflichtbeiträge entrichtet worden sein. Ausnahme: Rührt die Erwerbsminderung aus einem Arbeitsunfall, wird auch die Erwerbsminderungsrente fällig.

Nicht nur die Berufsanfänger gehen leer aus. Auch Männer und Frauen, die für mehrere Jahre aus dem Beruf aussteigen und keine Pflichtbeiträge mehr in die gesetzliche Rentenversicherung zahlen sind betroffen.

Denn die Anspruchsvoraussetzung lautet ja, innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Erkrankung müssen mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge entrichtet worden sein. So bekommen die Betroffenen, wenn Sie länger als 2 Jahre ausgesetzt haben, in den ersten drei Jahren des Neustarts keine Erwerbsminderungsrente.

ANSPRUCHSVORAUSSETZUNGEN
Anspruch auf die Rente wegen Erwerbsminderung haben nur Versicherte,
* die in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung
  drei Jahre pflichtversichert waren, und
* vor Eintritt der Erwerbsminderung die Wartezeit von fünf Jahren
  erfüllt haben.

Eine Babypause ist von dieser Regelung bis zu einer Dauer von drei Jahren ausgenommen. Diese Kindererziehungszeit gilt ebenso wie Wehr- oder Zivildienst sowie Zeiten, in denen Kranken- oder Arbeitslosengeld bezogen wurde, als Pflichtbeitragszeit. Eine „Beitragslücke“ entsteht dabei nicht.

Selbständige sind in der Regel von der Sozialversicherungspflicht befreit.

Mögliche bestehende Ansprüche aus Angestelltenzeiten können erhalten werden, indem zum Beispiel der Mindestbeitrag weitergezahlt wird. Dies kann im Rahmen der Erwerbsminderungsrente von Interesse sein.

OHNE BEITRAGSLÜCKE 
* Kindererziehungszeiten
* Wehr-, Zivildienst

Aber auch bei Weiterzahlung des Mindestbeitrags ist zu beachten, dass die Rentenanwartschaften (Erwerbsminderungsrente) sukzessive zusammenschmelzen werden. Denn für die Zurechnungszeit wird die individuelle durchschnittliche Beitragsleistung des Versicherten zugrunde gelegt. Bei Mindestbeitragszahlung sinkt demnach auch der individuelle Beitragsschnitt:

Praxisbeispiel: Mindestbeitrag senkt Leistung

Ein heute Selbständiger (1956 geboren, 50 Jahre alt) hat zuvor immer durchschnittlich verdient und seit 1977 in die Sozialversicherung eingezahlt. Er hätte daraus bis heute 30 Entgeltpunkte generiert. Inklusive seiner Zurechnungszeit erhöhen sich diese um weitere 10 EP (30 EP / 348 Monate x 120 Monate) auf insgesamt 40 EP. Daraus ergäbe sich ein Rentenanspruch wegen voller Erwerbsminderungsrente von rund 850 EUR / Monat (inkl. Krankenversicherung der Rentner, West).

Zahlt er nun nichts mehr in die Rentenkasse ein, verliert er nach Ablauf weiterer 36 Monate nach Beginn der Selbständigkeit seinen gesamten gesetzlichen Erwerbsminderungsschutz. Erhalten bleiben aber seine erworbenen Rentenanwartschaften (Erfüllung Wartezeit vorausgesetzt) zur Altersrente.

Achtung: Mit freiwilligen Beiträgen kann ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur dann aufrecht erhalten werden, wenn bis zum 31.12.1983 für mindestens 60 Monate Beiträge gezahlt wurden und seither jeder Monat mit einer rentenrechtlichen relevanten Zeit belegt ist. Ansonsten hat die freiwillige Versicherung meist nur rentensteigernden Charakter für die Altersrente.

Alternativ-Szenario:

Der heute Selbständige wird nicht heute, sondern erst nach weiteren 5 Jahren berufsunfähig. Innerhalb der letzten 5 Jahre vor BU entschied er sich für die Weiterzahlung des Mindestbeitrags. Damit sicherte er sich weiterhin einen Anspruch auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Aber: Nach Ablauf dieser 5 Jahre (Kunde ist jetzt 55 Jahre alt) beträgt die Erhöhung seiner Entgeltpunkte lediglich 0,83 EP. Sein EP-Kontostand beläuft sich auf insgesamt 30,83 EP.

Zusätzlich greift auch hier die Zurechnungszeit:

Durchschnittsentgeltpunkte des Selbständigen mal der noch 5 ausstehenden Jahre bis Endalter 60. Damit bekommt er auf insgesamt 4,40 EP (30,83 EP / 35 J. x 5 Jahre) aus der Zurechnungszeit. In der Summe zur Berechnung der Erwerbsminderungsrente ergeben sich 35,23 EP. Hieraus ergibt sich nur noch ein Rentenanspruch wegen voller Erwerbsminderung von rd. 696 EUR / Monat (inkl. Krankenversicherung der Rentner, West).

In der Praxis sollte daher speziell für die Personengruppe (bis 31.12.1983 mind. 60 Beitragsmonate und durchgehender Beitragszahlung) in der Beratung grundsätzlich zuerst ein Probeantrag auf eine private BU-Versicherung gestellt werden. Erst nach positivem Entscheid des Versicherers sollte dann der Antrag auf Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt werden.

Sonderfall Handwerker: Sie sind mit insgesamt 218 Monate pflichtversichert (inkl. Ausbildungszeit). Dabei müssen diese Zeiten nicht zusammen-hängend sein. Im Anschluss daran haben sie die Wahl sich auf Antrag von der Sozialversicherungspflicht zu befreien. Auch hier, genauso wie bei den übrigen Selbständigen, sollte vorher unbedingt geprüft werden, ob die private Absicherung grundsätzlich darstellbar ist!

BERATUNGSKOMPETENZ
* Selbständige und
* Handwerker
sollten, bevor sie sich von der gesetzlichen Versicherungspflicht 
befreien lassen prüfen, ob in ihrem Alter mit ihren möglichen 
Vorerkrankungen eine private BU-Absicherung generell möglich ist.

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