Bestand eines Versicherungsmaklers - Bewertung und Verkauf

Der wertvollste Bestandteil eines Versicherungsmaklerunternehmens ist meist sein Bestand. Bei der Bewertung und beim Verkauf von Beständen gilt es zahlreiche Punkte zu beachten. Ein Überblick.

Bei der Nachfolgeplanung im Versicherungsmaklerbüro ist der Inhaber meist daran interessiert, das gesamte Versicherungsmaklerunternehmen auf einen Nachfolger zu übertragen. Schließlich handelt es sich dabei meist um das Lebenswerk des Inhabers, das von einem geeigneten Nachfolger möglichst erhalten und ausgebaut werden soll. Potenzielle Käufer dagegen wollen häufig nicht das komplette Unternehmen übernehmen und fortführen, sondern lediglich die Kundenbeziehungen übernehmen, um das eigene Unternehmen zu stärken. Sie fokussieren deshalb das wesentliche Asset eines Maklerunternehmens, nämlich den Bestand. Ob dies für den Veräußerer eine sinnvolle Option sein kann, muss von Fall zu Fall entschieden werden.

Der Bestand des Versicherungsmaklers

Der Bestand ist meist der wesentliche Bestandteil eines Versicherungsmaklerunternehmens. Doch der Begriff ist rechtlich schief. Denn als Bestand bezeichnet man die Summe aller Versicherungsverträge bei einem Versicherungsunternehmen. Vertragspartner bei Versicherungsverträgen sind Versicherungsunternehmen und Versicherungsnehmer. Der Bestand gehört demnach dem Versicherer und kann nur auf einen anderen Versicherer übertragen werden, und auch das nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörden (§ 14 VAG). Versicherungsvermittler vermitteln und verwalten Versicherungsverträge, die jeweils einen Ausschnitt aus dem Bestand des Versicherers bilden. Bestand ist keine rechtliche Kategorie, an der ein Vermittler Eigentum oder sonstige Rechte erwerben könnte.

Versicherungsmakler haben aber im Zusammenhang mit den von ihnen vermittelten Versicherungsverträgen andere Rechte und wirtschaftliche Werte, die auf einen Nachfolger übertragen werden können, z. B.

  • Gegenwärtige und zukünftige Courtageansprüche des Maklers gegen Versicherer
  • Geschäftsbeziehungen des Maklers zu Kunden
  • Dispositionsbefugnis des Maklers über vermittelte Verträge kraft Vollmacht (Umdeckung)
  • Aussichten und Möglichkeiten, aus den bestehenden Kundenbeziehungen Neugeschäft zu generieren.

Die Summe solcher Werte bildet den Bestand des Versicherungsmaklers und kann an einen Nachfolger verkauft und übertragen werden.

Bestandsbewertung

Für die Wertermittlung des Bestandes gibt es verschiedene Verfahren. Bei Versicherungsmaklerunternehmen sind das im Wesentlichen das Ertragswertverfahren und das Umsatzverfahren. Keine dieser Methoden ist rechtlich verbindlich.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren ist das am meisten verbreitete Verfahren zur Unternehmensbewertung in Deutschland. Danach bestimmt sich der Unternehmenswert nach der Höhe der in Zukunft zu erwartenden Gewinne des Unternehmens. Dafür ist zunächst eine Ertragsprognose zu erstellen. In einem zweiten Schritt ist auf der Basis der Ertragsprognose zu ermitteln, wie die Ertragserwartungen insgesamt zu bewerten sind.

Das bedeutet, dass die zukünftigen, erwarteten Zahlungsströme an Erträgen einerseits und Aufwendungen andererseits saldiert und auf den heutigen Zeitpunkt abgezinst werden. Die Prognose ist mit verschiedenen Unsicherheiten behaftet. So ist nicht bekannt, wie sich das Courtage- und Honoraraufkommen tatsächlich entwickeln wird. Dies hängt z. B. von der Bereitschaft der Kunden zur Fortsetzung der Vertragsbeziehung und zur Verlängerung oder Erneuerung von Versicherungsverträgen ab. Eine entscheidende Größe in der Berechnung ist der Zinssatz für die Abzinsung der künftigen Gewinne auf den heutigen Barwert und damit einen möglichen heutigen Kaufpreis. Als Zinssatz könnte aus Sicht des Verkäufers am besten ein risikoloser Zinssatz angenommen werden, der alternativ für eine Anlage des Kaufpreises in einer risikolosen oder risikoarmen Geldanlage erzielt werden könnte. Der Käufer hingegen wird das Risiko betonen, das in Bezug auf die künftige Entwicklung der Zahlungsströme besteht, und einen entsprechenden Aufschlag auf den Zinssatz verlangen, also einen Zins, den er auch für eine risikoreiche Geldanlage verlangen würde. Zudem möchte er unter Umständen einen Gewinn durch den Kauf des Bestands erreichen, der über eine angemessene Verzinsung hinausgeht.

Umsatzverfahren

Neben dem Ertragswertverfahren kommt bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen sowie Freiberuflerpraxen auch das Umsatzverfahren zur Anwendung. Bei der Umsatzmethode wird der gemittelte Jahresumsatz der letzten (meist drei) Jahre des Unternehmens festgestellt und mit einem Faktor multipliziert. Bei Versicherungsmaklerbetrieben kann der Faktor je nach Qualität des Bestands etwa zwischen eins und drei, häufig eher bei 1,5 angesetzt werden.

Die Qualität des Bestandes hängt u. a. von folgenden Kriterien ab:

  • Anzahl der Kunden im Bestand,
  • durchschnittliches Alter der Kunden und Verteilung in Altersgruppen,
  • Zugehörigkeitsdauer der Kunden im Bestand,
  • im Bestand vertretene Zielgruppen (Berufe, Firmenarten, Einkommensklassen),
  • Verteilung des Bestands auf einzelne Kunden (Großkunden, mit Großkunden zusammenhängende sonstige Bestände etc.),
  • Solvenz der Kunden (Umfang der Außenstände in den letzten Jahren, Mahnquoten),
  • Verteilung auf einzelne Versicherungssparten nach Anzahl und nach Prämieneinnahme,
  • Verteilung auf verschiedene Versicherungsgesellschaften und welche,
  • durchschnittliches Alter der Versicherungsverträge im Bestand (wie sind diese gepflegt worden, aktuelle Vertrags- und Bedingungsstände etc.),
  • Rentabilität des Bestandes für die Versicherer,
  • Vorgeschichte des verkaufenden Versicherungsmaklers (was für ein Typus, wie wurden die Kunden angesprochen, geworben und gepflegt, wie lange tätig, aus welchen Gründen nicht mehr tätig, welche technische Ausstattung waren die Kunden gewöhnt usw.).

Kunden und Versicherer mitnehmen

In der Vorbereitung einer Bestandsübertragung ist darauf zu achten, dass Kunden und Versicherer in die beabsichtigte Übertragung rechtzeitig einbezogen werden.

Die Kunden müssen bereit sein, den neuen Bestandsinhaber als Versicherungsmakler zu akzeptieren und behalten. Andernfalls werden sie einen anderen Makler ihrer Wahl mit der Vermittlung und Betreuung ihrer Versicherungsverträge beauftragen.

Versicherer werden kein Interesse an einer Bestandsübertragung haben, wenn sie beispielsweise aus wirtschaftlichen oder aus anderen Gründen eine Maklerverbindung nicht für erstrebenswert halten. Andersherum wird ein Versicherer, bei dem ein bedeutender Bestand mit akzeptabler Schadenquote besteht, mit großem Interesse die Zusammenarbeit mit dem Erwerber fortführen wollen, und sei es nur aus Sorge, andernfalls die Bestände durch Umdeckung zu verlieren.

Wichtige Regelungen im Kaufvertrag

Im Kaufvertrag können künftige Streitpunkte antizipiert und ausgeräumt, bei ungünstiger Vertragsgestaltung aber auch neue geschaffen werden. Mindestens geregelt werden sollten deshalb:

  • Kaufgegenstand
  • Kaufpreis/Zahlungsmodalitäten
  • Gewährleistung
  • Haftung
  • Wettbewerbsabrede
  • Datenschutz
  • Zeitliche Abwicklung.

Für die rechtliche und steuerliche Gestaltung sollten in jedem Fall rechtzeitig spezialisierte Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer herangezogen werden.

Quellenhinweis

Hans-Ludger Sandkühler, Rechtsanwalt in der Kanzlei Wolter - Hoppenberg

Mit freundlicher Genehmigung von AssCompact

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