Normalbetrieb (UHV)

Ziffer 6.2 UHV-Modell regelt vorrangig das Haftungs- und Schadensersatzrisiko aus dem bestimmungsgemäßen Betrieb der versicherten Anlage, dem sog. Normalbetrieb. Darüber hinaus sind aber auch Schäden durch das Nicht-Anlagen-Risiko des Deckungsbausteins 2.7 (Basisdeckung) erfasst, wenn diese Schäden durch betriebsbedingt unvermeidbare, notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen entstehen.

Ziffer 6.2 Abs. 1 UHV-Modell schließt die Deckung solcher Ansprüche generell aus. Dieser Ausschluss hat seinen Ursprung darin, dass Ansprüchen wegen Schäden, die durch betriebsbedingt unvermeidbare notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen entstehen, zum eigenen unternehmerischen Risiko des VN gehören und mit dem klassischen Instrumentarium einer Haftpflichtversicherung nicht begegnet werden kann.

Anknüpfungspunkt des Ausschlusses ist die von VN ausgehende Umwelteinwirkung, nicht der dadurch später eingetretene Schaden. Kann der VR dann nachweisen, dass es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um Schäden handelt, die entweder durch betriebsbedingt unvermeidbare oder notwendige oder in Kauf genommene Umwelteinwirkungen entstanden sind, ist er gem. Ziffer 6.2 Abs. 1 UHV-Modell berechtigt, den Deckungsschutz zu versagen.

Umwelteinwirkungen sind dann betriebsbedingt unvermeidbar, wenn sie beim Betrieb der konkreten schadenursächlichen Anlage aufgrund ihres individuellen Betriebszustandes nicht vermieden werden können. Damit finden auch individuelle Punkte Berücksichtigung, wie schlechter Zustand, nachlässige Wartung oder mangelnde Schutzvorkehrungen der Anlage. Das ureigene unternehmerische Risiko der Instandhaltung seiner Anlagen kann dadurch nicht auf den VR abgewälzt werden.

Beispiel:

  • Die Filteranlage des Lackierbetriebes kann beim ordnungsgemäßen Betrieb 99 % des anfallenden Lackiernebels auffangen. Aufgrund mangelnder Wartung der Filteranlage werden aber tatsächlich nur noch 40 % des Nebels aufgefangen. Bei den emittierten restlichen 60 % handelt es sich um betriebsbedingt unvermeidbare Umwelteinwirkungen. Eventuelle dadurch eintretende Schäden, wie z.B. Lackschäden an geparkten Pkw, sind gem. Ziffer 6.2 Abs. 1 UHV-Modell vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Eine notwendige Umwelteinwirkung liegt dann vor, wenn sie mit dem Betrieb einer Anlage konkreten Typs nach Maßgabe eines objektiven Maßstabs zwangsläufig einhergeht.

Beispiel:

  • Bei o.a. Filteranlage kann konstruktionsbedingt maximal 99% des Lackiernebels aufgefangen werden. Das verbleibende 1% ist eine notwendige Umwelteinwirkung.

Als in Kauf genommen gilt eine Umwelteinwirkung dann, wenn der VN von einer tatsächlichen oder möglichen Emission weiß, diese aber nicht verhindert.

Beispiel:

  • Der VN weiß, dass seine Filteranlage alle 3 Monate gewartet werden muss, damit sie ihren vollen Wirkungsgrad entfalten kann. Trotzdem lässt er sie aus Kostengründen nur alle 6 Monate warten und nimmt die zwischenzeitlich erhöhten Emissionen in Kauf.

Ziffer 6.2 Abs. 2 UHV-Modell enthält eine sog. Öffnungsklausel, wonach entgegen Abs. 1 doch Deckungsschutz gewährt wird, wenn der VN den Nachweis erbringt, dass er nach dem Stand der Technik zum Zeitpunkt der schadenursächlichen Umwelteinwirkung unter den Gegebenheiten des Einzelfalles die Möglichkeit derartiger Schäden nicht erkennen musste. Durch den Wortlaut dieser Bestimmungen ist klargestellt, dass der VN die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Voraussetzung der Öffnungsklausel trägt. Der VN muss also nachweisen, dass er im Zeitpunkt der schädigenden Emissionen nicht erkennen musste, dass die später eingetretenen Schäden eintreten würden oder doch zumindest möglich waren. Maßstab für dieses Kennen müssen ist § 122 II BGB, wonach jede auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis genügt.

Zur Bestimmung des Vorliegens des Kennen Müssens kommt es auf die Umstände des Einzelfalls und auf den Stand der Technik an. Damit ist also nicht entscheidend, dass der VN seine Anlagen tatsächlich auf dem Stand der Technik hält, entscheidend ist dieser Maßstab vielmehr für die Frage, ob der VN die eingetretenen Schäden erkennen musste. Mit dem Maßstab Stand der Technik wird auf ein, dem VN bekanntes und mittleres Niveau abgestellt, das sich am Immissionsschutzrecht orientiert.

Mit dieser Regelung ist klargestellt, dass Versicherungsschutz auch für Entwicklungsrisiken geboten wird, denn Ziffer 6.2 Abs. 2 UHV-Modell stellt auf den Zeitpunkt der Emission ab.

Ist also in diesem Zeitpunkt die Schädlichkeit der Emission der konkreten Stoffe nicht bekannt, so greift die Öffnungsklausel. Beispiele aus der Vergangenheit hierzu wären die Fälle der Asbest- und CKW-Schäden, bei denen sich die Schädlichkeit der Stoffe erst im Laufe der Zeit herausgestellt hat.

Gleichzeitig beinhaltet die Regelung der Öffnungsklausel jedoch auch den Anreiz für den VN sich fortlaufend über die umweltrelevanten Betriebs- und Produktionsabläufe zu informieren, zu dokumentieren und Möglichkeiten zur Risikominimierung zu nutzen. Diese Maßnahmen erleichtern ihm, durch den Nachweis der Voraussetzungen der Öffnungsklausel auch für den Bereich der Normalbetriebsschäden Versicherungsschutz zu erlangen.

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