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14.08.2006 - dvb-Presseservice

Gesundheitsreform

Leistungserbringer und Krankenkassen im Lande äußern sich erstmals gemeinsam zu den Eckpunkten. Einheitsverband statt Selbstverwaltung bringt Einheitsverträge statt regionaler Vertragskompetenz in Baden-Württemberg. Weniger Geld für Leistungserbringer ím Lande

Erstmals traten Leistungserbringer und Krankenkassen am Freitag (11.08.2006) in Stuttgart gemeinsam an die Öffentlichkeit und gaben den Eckpunkten aus Berlin unisono ein "mangelhaft". Durch den geplanten Einheitsverband, so der Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg, Dr. Rolf Hoberg, werden die Qualität medizinischer Leistungen und die Honorare dafür ohne Kenntnis regionaler Gegebenheiten einheitlich festlegt und damit markwirtschaftliche Mechanismen noch weiter zurückgedrängt. Keine Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung und keine Krankenkasse in Baden-Württemberg verhandelt dann mehr über die beste medizinische Versorgung für die Bevölkerung und deren Preis.

Nach Ansicht des Kassenchefs gehe es nicht um Besitzstandswahrung oder gar die Angst vor mehr Wettbewerb. Vielmehr sei es jetzt notwendig, Patienten und Versicherten reinen Wein einzuschenken darüber, was auf sie zukommt. Hoberg: "Es wird die regionale Vertragskompetenz in Selbstverwaltung einfach so abgeschafft, als ob sie Selbstzweck wäre. Die Folgen sind für alle Beteiligten negativ: Dem Patienten droht eine Einheitsversorgung, die keine zusätzlichen Leistungen, die sich aus dem medizinisch-technischen Fortschritt ergeben, kennt. Der Patient wird für solche Zusatzleistungen vielmehr in die eigene Tasche greifen müssen."

Gerade bei den Finanzwirkungen wird für den Vorstandsvorsitzenden des Landesverbandes der Betriebskrankenkassen in Baden-Württem-berg, Konrad Ehing, das bisherige, überdurchschnittliche Vergütungsniveau für medizinische Leistungen im Lande nicht länger zu halten sein, wenn die Eckpunkte bleiben wie sie sind. Ehing: "Wir haben errechnet, dass bei bundeseinheitlich festgelegten Beiträgen und Gebühren für ärztliche Leistungen und für Krankenhausbehandlungen über alle Kassenarten hinweg insgesamt rund 440 Millionen Euro weniger in Baden-Württemberg zur Verfügung stehen werden." Auch die übrigen Leistungserbringer werden betroffen sein und das habe Auswirkungen auf den gesamten Gesundheitsmarkt in Baden-Württemberg.

Der Abfluss dieser Finanzmittel wird dazu führen, dass sich die Versorgung der Patienten in Baden-Württemberg auf Dauer verschlechtern wird. "Wir haben in Baden-Württemberg eine lange Tradition, die Versorgungsqualität für die Patienten durch individuelle regionale Vertragsabschlüsse der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württem-berg (KVBW) mit den Kassen zum Wohle der Patienten zu gestalten. Die hiesigen Regelungen zur Behandlung von Dialysepatienten beispielsweise führen gemessen am Bundesdurchschnitt zu einer verbesserten Lebenserwartung der Betroffenen. Auch die Medikamenteneinnahme konnte durch die verbesserte Dialysequalität eingeschränkt werden. Solche wirkungsvollen Zusatzangebote gehören mit der Gesundheitsreform dann wohl der Vergangenheit an," macht der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Dr. Achim Hoffmann-Goldmayer, deutlich.

"Für die Patienten bedeuten die Eckpunkte, dass ihnen der Staat Entscheidungsmöglichkeiten hinsichtlich der gewünschten Versorgung nimmt und ihnen sehr stark vorschreibt, welche Versorgung sie überhaupt noch erhalten können", betonte Dr. Peter Kuttruff, Zahnarzt und Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW). Konkretes Beispiel: Mit dem Festzuschuss-System beim Zahnersatz konnten sich bislang alle gesetzlich Versicherten auch für moderne zahnmedizinische Versorgungsformen entscheiden. Sie erhielten in jedem Falle den Zuschuss für die fest definierte Standardleistung - auch wenn sie lieber ein Implantat statt einer Krone wollten. "Wenn die Politik nun diese höherwertigen Leistungen in der Honorierung so limitiert, dass sie der Zahnarzt gar nicht mehr erbringen kann, ohne auf einem Teil der Kosten sitzen zu bleiben, können dem Patienten bestimmte Leistungen gar nicht mehr angeboten werden", so Kuttruff. Die politisch geforderte S
 ouveränität des Patienten werde mit immer mehr Vorschriften und zentraler Zwangssteuerung untergraben.

"Für die Krankenhäuser ist der Gesundheitsfonds ein weiterer Schritt in Richtung Zentralismus und Rationierung - er gefährdet die medizinische Versorgungskonzepte in den Krankenhäusern. Die Schlaganfallversorgung, die Versorgung bei Krebserkrankungen und in der Geriatrie werden darunter leiden," so Rainer Kontermann, Geschäftsführer bei der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft. Ein weiterer Abfluss der Mittel aus Baden-Württemberg sei angesichts der bestehenden finanziellen Belastungen der Krankenhäuser durch Pauschalkürzungen, Tarifabschlüsse und Mehrwertsteuererhöhung nicht hinnehmbar.



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