Positive Vertragsverletzung

Bei Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht ist das sog. Integritätsinteresse betroffen, d.h. das Schutzinteresse des Gläubigers bezüglich seiner allgemeinen Rechtsgüter.

Für Pflichtverletzungen aus einem Schuld- / Vertragsverhältnis normiert § 280 BGB eine Schadensersatzpflicht, die neben den Anspruch auf Vertragserfüllung tritt.

§ 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, 
    so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden 
    Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die 
    Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Diese Schadensersatzpflicht wird auch als positive Vertragsverletzung bezeichnet (pVV) und ist jetzt seit der Schuldrechtsreform in 2002 dort geregelt. Nach dieser Haftungsgrundlage kann der Geschädigte Schadenersatz aus Verletzungen von Hauptvertragspflichten verlangen, wenn die vorrangigen Normen zu den einzelnen Vertragsarten keine diesbezüglichen Regelungen vorsehen oder wenn eine vertragliche Nebenpflicht (als Schutzpflicht) verletzt wird. Nach § 280 BGB kann der Geschädigte auch den Ersatz echter Vermögensschäden verlangen.

Als gesetzliche Haftungsgrundlage privatrechtlichen Inhalts unterfallen Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB grundsätzlich dem Anwendungsbereich der Allgemeinen Haftpflichtversicherung.

Abbildung: positive Forderungsverletzung

Positive vertragsverletzung.jpg

Beispiel:

Malermeister M hat den Auftrag die Fassade des Hauses des A bis zum 15.04. zu streichen, da A ab diesem Zeitpunkt sein Haus als Filmkulisse an die Filmgesellschaft S vermietet hat. Bei diesen Arbeiten klebt der M die Fenster des Hauses nicht ab, so dass diese mit Farbe beschmiert werden. Außerdem lässt er einen Farbeimer vom Gerüst fallen, der auf den Pkw des A fällt. Darüber hinaus kann er die Arbeiten nicht fristgemäß beenden.

Hauptleistungspflicht des Vertrages ist das Malen des Hauses und die Einhaltung des vereinbarten Termins zur Beendigung der Arbeiten. Dazugehörige Nebenpflichten sind, dafür Sorge zu tragen, dass der Auftraggeber keine Schäden durch die Arbeiten erleidet. Wegen dieser Pflichtverletzungen ist M gegenüber A schadenersatzpflichtig.

Analog zu diesen Fällen bei bereits abgeschlossenen Verträgen, gilt diese Regelung auch für erlittene Schäden vor Vertragsschluss im Rahmen der Vertragsanbahnung (sog. culpa in contrahendo = c.i.c.), gem. § 311 BGB i.V.m. §§ 280, 241 BGB.

Beispiele:

  • A betritt den Naturkostladen des Ö, um dort sein Müsli zu kaufen. Dabei rutscht er auf einem auf dem Boden liegenden Salatblatt aus und bricht sich einen Arm.
  • B möchte einen Pkw beim Händler H kaufen. Beim Ausparken mit dem Vorführwagen überfährt H den Dackel des B.

Von den Fällen der vertraglichen Haftung zu unterscheiden ist die vertragliche Übernahme einer gesetzlichen Haftpflicht. Geläufigstes Beispiel ist die Übernahme von Streu- und Räumpflichten des Vermieters mittels Mietvertrag durch den Mieter. Andere Beispiele sind z.B. die Übernahme von Aufsichtspflichten bei Kindern oder Tieren. Diese Inhalte sind in der Regel in den Allgemeinen Haftpflichtversicherungen ebenfalls als gesetzliche Haftpflichtgrundlagen privatrechtlichen Inhalts gedeckt.

Bei der gesetzlichen Haftung gibt es verschiedene Stufen der Haftung, die bei der Durchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen relevant sind, denn der Anspruchsteller (= Geschädigter) hat grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen.

Ausgangsbasis und wichtigste Anspruchsgrundlage mit generellem Anwendungsbereich ist die Verschuldenshaftung nach § 823 BGB.

Erleichterte Anspruchsdurchsetzung ist bei Tatbeständen aus vermutetem Verschulden möglich, wo der in Anspruch genommene Schädiger sich vom kraft Gesetz vermutetem Verschuldensvorwurf entlasten muss. Die wichtigsten Bereiche hierfür sind die Haftung für Verrichtungsgehilfen (§ 831 BGB), für Aufsichtspflichten (§ 832 BGB), für Erwerbstiere (§ 833 S. 2 BGB), für Tierhüter (§ 834 BGB), für Gebäudeeinsturz (§§ 836-838 BGB) sowie als Fahrzeugführer (§ 18 StVG).

Für als besonders risikobehaftete angesehene Tatbestände wird auf das Erfordernis des Verschuldens des Schädigers gänzlich verzichtet. Diese Gefährdungshaftung gilt vor allem für das Halten von sog. Luxustieren (§ 833 S. 1 BGB), für Bahn- und Energieanlagen (§ 1 HaftpflG), Luftfahrzeuge (§§ 33 ff. LuftVG), Kfz-Halter (§ 7 STVG), Kernanlagen (§§ 25 ff AtomG), Gewässer (§ 22 WHG), Produkte für Private Endverbraucher (§§ 1 ff ProdHG), Arzneimittel (§ 84 AMG), gentechnische Anlagen (§§ 32GenTG) bestimmte Umweltanlagen (§§ 1 ff UmweltHG).

Tabelle: Haftungsgründe

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