Versicherungsfall (UHV)

Die zentrale Regelung der Umwelthaftpflichtdeckung ist die neue Definition des Versicherungsfalls, die durch den speziellen Charakter der umweltvermittelten Schäden notwendig ist.

Typisch für Umweltschäden ist das Beruhen auf Zeitraumvorgängen, d.h. das weite zeitliche Auseinanderfallen von Schadenursache, Schadenereignis, Schadeneintritt, Schadenfeststellung und Geltendmachung des Schadenersatzanspruchs.

Zeitstrahl uhv.jpg

Tabelle: Zeitstrahl UHV

Beispiel:

  • Am 3.4.2005 kommt es zu einem Störfall in der chemischen Fabrik des VN, der den Austritt einer Giftgaswolke zur Folge hat. Der Geschädigte wohnt in der Nachbarschaft dieser Fabrik und atmet aus dieser Giftgaswolke unbewusst am 4.4. schädliche Stoffe ein. Am 5.4. besucht er einen Arzt, der die Einlagerung giftiger Stoffe in seinen Körper (Leber, Niere etc.) nachweisen kann. Durch einen Zeitungsbericht am 10.4. erfährt der Geschädigte, dass es in der Fabrik am 3.4. zu einem Störfall mit dem Austritt giftiger Gase gekommen ist. Durch das weitere Ausbreiten der schädlichen Stoffe im Körper des Geschädigten, kommt es ab dem 1.8.2005 zur Arbeitsunfähigkeit des Geschädigten. Er macht am 2.8.2005 Ansprüche gegen den VN geltend.

Entscheidender Zeitpunkt für den Versicherungsfall ist die ärztliche Diagnose am 5.4.2005. In diesem Zeitpunkt muss ein wirksamer Versicherungsvertrag bestanden haben, um Deckungsschutz zu bekommen.

Unklarheiten bezüglich der zeitlichen Einordnung des Versicherungsfalls gehen zu Lasten des VN, denn er trägt die Beweislast dafür, dass der maßgebliche Versicherungsfall auch in die Laufzeit seines Versicherungsvertrages fällt und er damit Versicherungsschutz erhält.

Diese Unklarheiten werden mit der neuen Definition des Versicherungsfalls, der Manifestation, abgestellt. Entscheidend ist die erste nachprüfbare Feststellung des Schadens im versicherungsrechtlichen Sinn, d.h. der Eintritt der haftungsrechtlichen Rechtsgutsverletzung und nicht der später daraus folgende Schaden.

Zugrunde liegt die Schadenfeststellung als tatsächlicher und beweisbarer Zeitpunkt. Der neue Versicherungsfall hat sowohl ein subjektives Element -Feststellung des Schadens durch den Geschädigten, einen sonstigen Dritten oder den VN- als auch eine objektive Komponente -die nachprüfbare Feststellung. Die Einführung des objektiven Elements ist notwendig, um einer eventuellen Manipulation vorzubeugen.

Zur Objektivierung kommen alle die Mittel in Betracht, die auch im Zivilprozess als Beweismittel dienen, also hauptsächlich Beweisführung durch Zeugen, Urkunden oder Sachverständigen.

Beispiele:

Personenschaden:

  • Zeitpunkt, in dem der Arzt beim Geschädigten erstmals eine auf die Schadenursache rückführbare Gesundheitsbeschädigung diagnostiziert (s.o.).
  • Bei Feststellung eines Hautausschlags durch den Geschädigten ist das z.B. der Zeitpunkt der Mitteilung darüber an einen Dritten.

Sachschaden:

  • Zeitpunkt der Feststellung z.B. eines Beaufschlagungsschadens von Stäuben auf einem Pkw und Mitteilung darüber an die Behörde.
  • Beobachten eines Ölfilms auf einem Bach durch einen Passanten und die Benachrichtigung der Polizei.

Vermögensschaden:

  • Zeitpunkt, in dem ein Wasserwerk bei Messungen eine Kontamination des Grundwassers feststellt.

Für den VN hat diese Versicherungsfalldefinition den erheblichen Vorteil, der klaren Beweisbarkeit des Zeitpunktes des Eintritts des Versicherungsfalls und damit der Zuordnung zum Versicherungsvertrag. Gleichzeitig ist mit dieser Definition eine stärkere Gegenwartsbezogenheit des Versicherungsfalls verbunden. Damit stehen dem VN im Schadenfall aktuelle Versicherungssummen und auch der jeweils risikoadäquate Deckungsumfang zur Verfügung.

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