Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski
Hinweis der VersWiki-Redaktion:
Dieser Text wurde vor der Umsetzung beider Richtlinien verfasst (Oktober 2006) und ist nach wie vor aktuell.
Die MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) und die VVR (Versicherungsver¬mittlerrichtlinie) werden das Gesicht der deutschen Vertriebssysteme für Finanzdienstleistungen im weitesten Sinne nicht nur ändern, sondern zu einer grundlegenden Neuorientierung führen. Die landläufige Vorstellung, dass die beiden Richtlinien unverbunden nebeneinander stehen, greift zu kurz. In Wirklichkeit sind sie eng aufeinander bezogen, ihre grundlegenden Ziele und Zwecke gehen in die gleiche Richtung, beide Richtlinien sind Ausdruck des einen großen Grundziels der Europäischen Gemeinschaft, nämlich einen einheitlichen Binnenmarkt für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen sowohl im Versicherungs- als auch im Bank- und Investmentbereich zu schaffen. Die dafür erforderlichen Standards und Grundsätze sind weitgehend gleich, ohne dass dies bisher hinreichend erkannt und diskutiert wird. Die Konsequenzen dieser symbiotischen Beziehung zwischen MiFID und VVR sind noch nicht vollständig ausgelotet. Es gibt keinen vollständigen Gleichlauf beider Richtlinien, aber es gibt eine synästhetische Beziehung zwischen beiden, das heißt, bei Aufruf des Anwendungsbereiches einer der beiden Richtlinien schwingt die jeweils andere mit und sorgt für eine gegenseitige Durchdringung und Inspiration der jeweils angesprochenen Materien. Diese synästhetische Symbiose zwischen MiFID und VVR wird zu einer grundlegenden Neuorientierung des deutschen Vermittlerrechts und des deutschen Vermittlersystems im Bereich der Finanzdienstleistungen führen. Die Veränderungen werden im Wesentlichen auf zwei Ebenen stattfinden:
Der Vermittler für Finanzdienstleistungen im 21. Jahrhundert kommt – das ist die zweite Botschaft – ohne die hinter ihm stehenden Beratungs- und Softwaredienstleister nicht mehr aus. Die Komplexität der an ihn gestellten Anforderungen ist derart groß, dass der Rückgriff auf professionelle Beratungs- und Softwareanbieter für ihn zum Muss wird. Vermittler im Bereich der Finanzdienstleistungen, die diese Zusammenhänge nicht erkennen, die sich durchzuwursteln versuchen, werden sich nicht nur in Haftungsfallen verstricken, sondern sie werden von den professionell arbeitenden Vertrieben schlicht und ergreifend vom Markt verdrängt werden. Nur diejenigen werden überleben, die den neuen Anforderungen gewachsen sind, die sich schnell und umfassend anpassen können und denen es gelingt, den immer anspruchsvoller werdenden Kunden die Vorteile eines völlig neuen Vermittlungskonzeptes näher zu bringen. Umgekehrt werden diejenigen, die den grundlegenden Wandel durch MiFID und VVR angemessen vollziehen, reich belohnt werden. Der Anteil der Kunden, die Finanzdienstleistungen nachfragen, wird kontinuierlich steigen. Das hängt mit der demografischen Entwicklung und der biometrischen Schere, sowie den daraus resultierenden Schwächen des gesetzlichen Renten- und Krankenversicherungssystems zusammen. Das heißt, die kleiner werdende Zahl hochqualifizierter Vermittler für Finanzdienstleistungen sieht in diesem Wachstumsmarkt durchaus rosigen Zeiten entgegen. Auf den Punkt gebracht heißt das:
Nur solche Vermittler – so lautet die erste These – werden dauerhaft überleben, die das Problem Administration, Haftungsdach, Produktzugang und Qualifikation in den Griff kriegen. Administration meint Kundenverwaltung und Auslagerung wesentlicher Geschäftsbereiche, Haftungsdach die Bewältigung der Erlaubnis- und der Haftpflichtprobleme, Produktzugang die Frage, wie man umfassenden Zugang zu Finanzprodukten erhält und welche Beratungs- und Dokumentationspflichten dabei zu beachten sind. Qualifikation stellt die Frage nach der berufsrechtlichen und der fachlichen Kompetenz. Auf diesen vier Ebenen wird die Neuorientierung bei den deutschen Finanzdienstleistern stattfinden. Die Neuorientierung ergreift auf der einen Seite den individuellen Vermittler und auf der anderen Seite die hinter ihm stehenden Dienstleistungsorganisationen, die Beratungs- und Abwicklungssoftware, Anlegerverwaltung, fachliche Qualifikation und Produktzugang anbieten. Um zu verstehen, dass die Neuorientierung der deutschen Finanzdienstleistungsbranche von diesem magischen Viereck abhängt, muss man sich die symbiotischen Beziehungen zwischen MiFID und VVR etwas genauer anschauen.
Versicherungsvermittlung ist derzeit ebenso wie die Erbringung von Anlageberatung frei von berufsrechtlichen Regelungen. Im Bereich der Versicherungsvermittlung ist Deutschland das einzige Land in Europa ohne Zulassungsbeschränkungen und ohne Berufsausübungsregelungen. Wer den Beruf des Versicherungsvermittlers ausüben will, ist nach § 14 GewO nur zur Anzeige seiner Tätigkeit verpflichtet. Es herrscht uneingeschränkte Gewerbefreiheit. Das gilt auch im Reisegewerbe (§ 55a Abs. 1 Nr. 6 GewO) – die früher bestehende Anzeigepflicht nach § 55c GewO wurde 1984 unter Hinweis auf die behördliche Aufsicht nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) aufgehoben (Fußnote 1; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung). Dieses historisch gewachsene Privileg sollte dafür sorgen, die Versorgung der Landbevölkerung mit Versicherungen sicherzustellen (Fußnote 2; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung). Mit der für Anfang 2007 erwarteten endgültigen Umsetzung der Vermittlerrichtlinie in das deutsche Recht werden diese Zeiten vorbei sein. Versicherungsvermittler bedürfen von diesem Zeitpunkt an einer berufsrechtlichen Registrierung, einer bestimmten Anforderungen genügenden Mindestqualifikation und einer eigenständigen Berufshaftpflichtversicherung.
Sehr ähnlich ist die Situation auf den Märkten für Finanzdienstleistungen. Die Anlageberatung gehört heute noch nicht zu den erlaubnispflichtigen Geschäften nach § 1 Abs. 1a KWG.
Dies wird sich durch die MiFID (Fußnote 3; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) (Markets in Financial Instruments Directive), die die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 1993 (Investment Services Directive [ISD]) ablöst, für Wertpapierfirmen ab 01. November 2007 grundlegend ändern.
Bisher war Anlageberatung lediglich eine Wertpapiernebendienstleistung (§ 2 Abs. 3a Nr. 3 WpHG). Auf Unternehmen, die allein die Anlageberatung betrieben, ohne damit einhergehend weitere Wertpapierdienstleistungen zu erbringen, waren die §§ 31 ff. WpHG nicht anwendbar (Fußnote 4; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung). Ab 01.11.2007 wird die Erbringung der Anlageberatung als eine Wertpapierdienstleistung der Zulassung bedürfen (Art. 1 Abs. 1 MiFID). Betroffen sind Wertpapierfirmen und geregelte Märkte. Wertpapierfirma ist zunächst „jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt“ (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID). Allerdings können die Mitgliedstaaten auch Unternehmen als Wertpapierfirma definieren, die keine juristischen Personen sind (Art. 4 Abs. 1 MiFID).
Das bedeutet, dass sich in Zukunft eine große Zahl von Anlageberatern auf eine Erlaubnispflicht ihrer Tätigkeit und die damit verbundenen, auch kostenverursachenden, Nachweispflichten gegenüber der BaFin einstellen müssen. Erlaubnisfrei sollen nach dem derzeitigen Stand der Diskussion jene Anlageberater bleiben, die ausschließlich über Anteile an (offenen) Investmentfonds beraten (Art. 3 Abs. 1v MiFID) (Fußnote 5; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) und daneben jene Finanzdienstleister, die über Anteile an geschlossenen Immobilienfonds beraten (Art. 4 Nr. 18 MiFID). Das BMF begründet diese Ausnahme damit, dass diese Gattung von Wertpapieren nicht auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden kann. Sehr überzeugend ist dieses Argument nicht, da es einen zunehmend funktionsfähigen Zweitmarkt für geschlossene Immobilienfonds, z.B. in Hamburg bei Ledermann, gibt und zu Recht darauf hingewiesen wird, dass das von der MiFID vorgesehene Anlegerschutzniveau gerade mit Blick auf Beratung über geschlossene Immobilienfonds benötigt wird. Das letzte Wort zu dieser Frage scheint noch nicht gesprochen zu sein.
Im Grundsatz aber gilt, dass die Anlageberatung betreibenden Unternehmen in Zukunft als Wertpapierdienstleister eingeordnet werden. Sie bedürfen folglich der schriftlichen Erlaubnis der BaFin nach § 32 KWG. Die Erlaubnis ist an eine Vielzahl von gewerberechtlichen Voraussetzungen geknüpft, insbesondere an die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter (§ 32 Abs. 1 Nr. 3 und 4 KWG). (Fußnote 6; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Infolgedessen sind die Regeln des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) anzuwenden. Es bestehen Aufzeichnungspflichten für Insiderpapiere (§ 16 WpHG) und die scharfen Wohlverhaltensregeln der §§ 31 ff. WpHG sind zu beachten und werden durch die MiFID nicht unerheblich verschärft.
Anlageberatung ist die Abgabe persönlicher Empfehlungen an einen Kunden entweder auf dessen Anforderung oder auf Initiative der Wertpapierfirma, die sich auf ein oder mehrere Geschäfte mit Finanzinstrumenten beziehen (Art. 4 Nr. 4 MiFID). Nicht umfasst sind folglich Aktienanalysen, die sich an einen unbestimmten Personenkreis richten (§ 34b WpHG). Erfasst sind Empfehlungen, nicht nur bloße Informationen. Bei einer Empfehlung teilt der Betreffende dem Kunden mit, wie er selbst handeln würde, wenn er sich in der Situation des Kunden befände (Fußnote 7; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung). Die Frage, ob die Tätigkeit eines Financial Planners, der Empfehlungen zu Vermögensstruktur bzw. zur Asset Allocation abgibt, zur erlaubnispflichtigen Anlageberatung zählt, ist bisher noch nicht endgültig beantwortet (Fußnote 8; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung).
Auch der Begriff Wertpapierfirma (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID) ist nicht frei von Abgrenzungsschwierigkeiten, etwa wenn es um die Frage geht, ob auch Tätigkeiten für einen einzigen Auftraggeber (z.B. für einen Familienstamm) erfasst sind. Klar ist, dass Berufsgruppen, die Anlageberatung nur gelegentlich im Rahmen ihrer eigentlichen Berufstätigkeit erbringen, einer Berufskammer angehören und deren Berufsrecht die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht ausschließt – z.B. Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte - von der Erlaubnispflicht nicht erfasst werden (Art. 2 Abs. 1c MiFID). Es besteht aber eine latente Abgrenzungsproblematik bei der Beantwortung der Frage, ob eine Tätigkeit noch gelegentlich oder bereits gewerblich ist. Für die betroffenen Personengruppen bietet es sich an, um standesrechtliche Schwierigkeiten zu vermeiden, eine eigene Beratungsgesellschaft zu gründen und für diese die Erlaubnis zu beantragen. Steuerberater haben hierbei § 41 Abs. 2 S. 2 BOStB zu beachten, der die Beteiligung als Gesellschafter einer OHG oder als persönlich haftender Gesellschafter einer KG für unzulässig erklärt, sofern es sich nicht um eine Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft handelt.
Von großer Bedeutung kann der Europäische Pass werden. Die Zulassung als Wertpapierfirma ist nämlich in der gesamten Europäischen Gemeinschaft gültig und gestattet es, Anlagetätigkeiten in der gesamten Gemeinschaft zu erbringen, und zwar entweder durch Errichtung einer Zweigniederlassung oder im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs (Art. 6 Abs. 3 MiFID).
Ebenso wie die Anlageberatung für Wertpapierfirmen wird in Zukunft die Versicherungsvermittlung erlaubnispflichtig sein(§ 34d Abs. 1-8 GewOE) (Fußnote 9; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung).
Versicherungsvermittler ist, wer gewerbsmäßig als Versicherungsmakler oder als Versicherungsvertreter den Abschluss von Versicherungsverträgen vermitteln will. Damit fallen weder der Versicherer, noch seine Angestellten in den Anwendungsbereich des neuen Gesetzes (Art. 2 Nr. 3 Unterabs. 2 VVR). Das gilt auch für Bagatellvermittler, also Personen, die den Versicherungsvertrag regelmäßig als Nebenleistung anbieten (§ 34d Abs. 9 Nr. 1 lit. a-f GewOE). Gemeint sind z.B. Reisegepäck- oder Urlaubskrankenversicherungen, die ein Reiseveranstalter anbietet.
Versicherungsvertreter meint die gebundenen Vertreter, also die Einfirmen- und die Mehrfirmenvertreter, die von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut sind, gewerbsmäßig Versicherungsverträge zu vermitteln oder abzuschließen (§ 42a Abs. 2 VVG-E). Versicherungsmakler sind dagegen jene unabhängigen Vermittler, die gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernehmen, ohne von einem Versicherer oder einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein (§ 42a Abs. 3 S. 1 VVG-E). Als Makler gilt auch derjenige, der den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versicherungsmakler.
Wer nur an der Erfüllung von Versicherungsverträgen mitwirkt – z.B. eine Kfz-Werkstatt betreibt, die den Schaden beseitigt -, vermittelt keine Versicherung. Auch schlichte Tippgeber, die nur Möglichkeiten zum Abschluss von Versicherungen namhaft machen oder Kontakte herstellen, sind keine Vermittler. Auch Gelegenheitsvermittler, die ihre Tätigkeit nicht gewerbsmäßig ausüben, unterliegen nicht der Erlaubnispflicht nach § 34d Abs. 1 GewOE. (Fußnote 10; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Ob die Gelegenheitsvermittler tatsächlich von den berufsrechtlichen Bestimmungen ausgenommen bleiben, ist zur Zeit noch offen, denn in Art. 2 Nr. 5 VVR heißt es: „Versicherungsvermittler ist jede Person, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt.“ Damit sind auch die Gelegenheitsvermittler erfasst. (Fußnote 11; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Es wäre auch merkwürdig, die Gelegenheitsvermittler von den berufsrechtlichen Bestimmungen der VVR freizustellen, sie aber umgekehrt – wie vom deutschen Gesetzgeber geplant – den Beratungs- und Dokumentationspflichten zu unterwerfen (so § 43h VVGE). Peter Reiff weist zutreffend darauf hin, dass es „nachgerade widersinnig wäre, ... Gelegenheitsvermittler einer verglichen mit dem geltenden Recht verschärften Haftung zu unterwerfen, sie aber von der Verpflichtung auszunehmen, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.“ (Fußnote 12; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Er fordert deshalb zu Recht das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit fallen zu lassen, weil es richtlinienwidrig ist.
Ausnahmsweise sind Einfirmenvertreter von der Erlaubnispflicht befreit, wenn der Versicherer für ihn die uneingeschränkte Haftung aus seiner Vermittlertätigkeit übernimmt. In diesen Fällen ist der Versicherer nach § 80 Abs. 2 VAGE aufsichtsrechtlich verpflichtet, für eine angemessene Qualifikation seines Ausschließlichkeitsvertriebs zu sorgen. Gewerbetreibende, die die Versicherung als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit gelieferten Waren oder Dienstleistungen vermitteln (produktakzessorische Vermittler), können auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreit werden. Gemeint sind z.B. Autoverkäufer, die Kfz-Versicherungen für das Auto vermitteln. Auch die Lebensversicherung als Sicherheit für das Darlehen soll akzessorisch sein. Für die Vermittlung einer Hausratversicherung bei Aufnahme eines Hausbaudarlehens soll das nicht gelten. Auch produktakzessorische Vermittler sind allerdings an die Beratungs- und Dokumentationspflichten gebunden und haften für Pflichtverletzungen auf Schadensersatz (§§ 42c, 42e VVGE).
Hiervon abgesehen, sind alle gewerblich tätigen Versicherungsvermittler verpflichtet, sich unverzüglich nach Aufnahme ihrer Tätigkeit in das Vermittlerregister eintragen zu lassen (§ 34d Abs. 7 GewOE). Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob der Vermittler einer Erlaubnis bedarf, von der Erlaubnis befreit wurde oder keine Erlaubnis benötigt. Für die zuletzt genannt Gruppe der gebundenen Vertreter hat der Versicherer die zu speichernden Angaben der Registerbehörde mitzuteilen (§ 80 Abs. 3 VAGE). Vermittler, die über den europäischen Pass verfügen, also innerhalb der EU oder des EWR ordnungsgemäß registriert sind, benötigen in Deutschland keine weitere Erlaubnis und werden auch nicht im Vermittlerregister registriert (§ 34d Abs. 5 GewOE).
Vermittler erhalten die notwendige Erlaubnis nur, wenn sie einige wichtige Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen zuverlässig sein, dürfen nicht in ungeordneten Vermögensverhältnissen leben, müssen eine Berufshaftpflichtversicherung und eine vor der IHK erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung nachweisen (§ 34d Abs. 2 GewOE). Wer diese Sachkundeprüfung erfolgreich besteht, kann in Zukunft den Titel Versicherungsfachmann/-frau IHK führen (§ 3 Abs. 8 Versicherungsvermittlungsverordnung [VersVermV]). Die Industrie- und Handelskammern können Prüfungen an einer Hochschule oder Berufsakademie als gleichwertig anerkennen (§ 4 Abs. 2 VersVermV). Dies dürfte im Regelfall für die BWV-Prüfung gelten. Außerdem sind eine Reihe von Berufsqualifikationen der Sachkundeprüfung gleichgestellt, insbesondere der Abschluss der Versicherungskaufleute oder der Versicherungsfachwirte, der Abschluss der Fachberater für Finanzdienstleistungen oder der Abschluss der Bank-, Sparkassen oder Investmentfondskaufleute, sofern eine dreijährige Berufserfahrung im Bereich Versicherungsvermittlung nachgewiesen werden kann.
Diejenigen, die seit 31.08.2000 ununterbrochen gewerbsmäßig Versicherungen vermitteln, bedürfen keiner Sachkundeprüfung. Der Anteil der Versicherungsvermittler, der in Zukunft eine Sachkundeprüfung wird nachweisen müssen, ist verhältnismäßig klein. Betroffen sind Versicherungsmakler, echte Mehrfachvertreter und Versicherungsberater – ein Personenkreis, der auf ca. 12.000 geschätzt wird. Alle anderen Vermittler – man schätzt mehr als 500.000 Menschen (Fußnote 13; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) - müssen diese Sachkundeprüfung nicht ablegen. Für sie genügt es, dass sie „die für die Vermittlung der jeweiligen Versicherung angemessene Qualifikation“ aufweisen. Das gilt für die große Zahl der Einfirmenvertreter. Allerdings sind die Versicherer nach § 80 Abs. 2 VAGE aufsichtsrechtlich verpflichtet, eine angemessene Qualifikation sicherzustellen. Ob die BaFin zum Nachweis der angemessenen Qualifikation möglicherweise aufsichtsrechtlich eine Sachkundeprüfung verlangen wird, ist im Moment noch offen, aber durchaus sachangemssen. Ähnliches gilt für die produktakzessorischen Vermittler. Auch für sie muss der Versicherer die angemessene Qualifikation sicherstellen (§ 80 Abs. 2 VAGE). Schließlich hat der Versicherungsvermittler für seine Angestellten für eine entsprechende Qualifizierung zu sorgen. Wie das geschehen muss, ist im Gesetz nicht vorgeschrieben, aber auch hier ist der Rückgriff auf die Sachkundeprüfung schon deshalb nahe liegend, weil etwaige Haftungsrisiken aus mangelnder Sachkunde auf diese Weise minimiert werden könnten. Die großen Strukturvertriebe sind übrigens nicht freigestellt, weil sie in der Regel mit selbstständigen Gewerbetreibenden (Handelsvertreter im Sinne des § 84 HGB) zusammenarbeiten, die ihrerseits der Erlaubnis und Registrierung bedürfen. (Fußnote 14; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Der Antragsteller muss nicht in jedem Fall selbst über die nötige Sachkunde verfügen, es reicht, wenn er eine angemessene Zahl von Personen, die die Sachkundeprüfung bestanden haben, beschäftigt, sofern ihnen die Aufsicht über die unmittelbar mit der Vermittlung von Versicherungen befassten Personen übertragen ist und sie den Antragsteller vertreten dürfen. Eine Vertretungsberechtigung nach §§ 49 oder 54 HGB genügt. Wichtig ist, dass die vertretungsberechtigte Aufsichtsperson dafür sorgen kann, dass alle unmittelbar mit der Vermittlung betrauten Personen ausreichend qualifiziert sind. Hierzu ist ein angemessenes Zahlenverhältnis zwischen Aufsichtspersonen und Beaufsichtigten einzuhalten. (Fußnote 15; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Die Frage, von welchen Kriterien eine ausreichende Qualifikation abhängt ist bisher völlig offen. Auf Nummer sicher gehen diejenigen, die dafür sorgen, dass die mit der Vermittlung betrauten Personen die Sachkundeprüfung ablegen. Die Ausbildung für diese Prüfung ist frei – sie kann betriebsintern erfolgen. Man kann sich also auf verschiedenen Wegen vorbereiten und dann die Prüfung bei der IHK/BWV ablegen.
Mittelfristig wird der Wettbewerb dafür sorgen, dass diejenigen Vermittler sich durchsetzen, die über die nötige Sachkunde verfügen und dies auch nach außen dokumentieren können. Die IHK verleiht den Titel Versicherungsfachmann/Versicherungsfachfrau – dieser Titel wird die Eintrittskarte beim Kunden werden. Wer nicht zumindest über diesen Titel verfügt, wird in Zukunft im Wettbewerb Schwierigkeiten bekommen.
Resümierend ist festzuhalten, dass die berufsrechtlichen Anforderungen der MiFID denen der VVR sehr ähnlich sind. Die Beratung über Finanzdienstleistungen unterliegt in Zukunft, genauso wie die Beratung über Versicherungen, der Erlaubnis. Ob der Gesetzgeber sehr klug beraten war, die Erlaubnis für die Finanzdienstleister an die BaFin zu koppeln (§ 32 KWG) und stattdessen die Registrierung der Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler regional bei den Industrie- und Handelskammern vorzusehen, kann man bezweifeln. Aber die Botschaft für alle Vermittler von Finanzdienstleistungen und Versicherungen lautet, dass sie in Zukunft ein erlaubnispflichtiges Gewerbe betreiben und damit einige berufsrechtliche Anforderungen erfüllen müssen, die im Kern etwas mit Zuverlässigkeit, geordneten Vermögensverhältnissen, einer bestehenden Berufshaftpflichtversicherung und hinreichender Sachkunde zu tun haben. Die Administration im Zusammenhang mit der Bewältigung der berufsrechtlichen Anforderungen nimmt für die Finanzdienstleister und die Versicherungsvermittler erheblich zu. Neben den Anforderungen an Zuverlässigkeit und geordneten Vermögensverhältnissen (Konkursfreiheit) geht es z.B. auch um die Sicherung von Zahlungen, die an den Vermittler geleistet werden (Kundengeldsicherung [§ 42f VVGE]). Eine nicht unbedeutende Rolle wird auch die Frage spielen, welche Meldungen nach Erteilung der Erlaubnis an die jeweiligen Behörden zu machen sind und unter welchen Voraussetzungen die Erlaubnis entzogen oder eingeschränkt werden kann. Vermittler, die im Zusammenhang mit den berufsrechtlichen Anforderungen Fehler machen, riskieren ihre Berufszulassung und damit ihre gesamte Lebensgrundlage. Das bedeutet, dass sich Finanzdienstleister und Versicherungsvermittler berufsrechtliche Fehler, die zur Versagung der Erlaubnis oder zum Entzug der Registrierung führen könnten, auf keinen Fall leisten können, weil das geradezu automatisch in die Arbeitslosigkeit führt. Dies wiederum bedeutet, dass für die Vermittler am Markt Systeme entwickelt werden müssen, mit deren Hilfe die Vermittler die berufsrechtlichen Anforderungen präzise, zeitnah, zutreffend und in jedem Falle absolut gesetzeskonform erfüllen. Es wird auf keinen Fall möglich sein, dass jeder Vermittler für sich selbst einen vollständigen Überblick darüber gewinnt, welche berufsrechtlichen Anforderungen zu erfüllen sind und welche möglicherweise auch nicht. Hieraus folgt, dass die hinter den Vermittlern stehenden Dienstleistungsorganisationen so schnell wie möglich Sorge dafür tragen müssen, für die berufsrechtlichen Anforderungen standardisierte Informations- und Softwarepakete zu entwickeln, die den neuen berufsrechtlichen Anforderungen kompatibel sind. Dabei sollten von vornherein Systeme entwickelt werden, die sowohl die Anforderung der MiFID als auch die Anforderungen der VVR umsetzen.
In unmittelbarem Zusammenhang mit den berufsrechtlichen Anforderungen steht die Frage, ob sich Finanzdienstleister und Versicherungsvermittler nicht unter ein Haftungsdach begeben können. In Großbritannien ist dieses Modell schon stark unter dem Namen Appointed Representative verbreitet. Auch hier bestehen große Ähnlichkeiten zwischen den Anforderungen der MiFID und der VVR. Grundgedanke beider Richtlinien ist es, dass die Ein firmenvertreter keiner Erlaubnis und keiner Berufshaftpflichtversicherung bedürfen. Stattdessen verfügt der Versicherer über die Erlaubnis und übernimmt die uneingeschränkte Haftung aus der Vermittlertätigkeit (§ 34d Abs. 4 GewOE). Auch bei den Kapitalanlagevermittlern sind die gebundenen Agenten (§ 2 Abs. 10 KWG) sowohl von der Zulassung nach § 32 KWG als auch von derjenigen nach § 34c GewO befreit. Voraussetzung ist unter anderem, dass das als Haftungsdach tätige Unternehmen eine geeignete Versicherung zum Schutz der Kunden nachweist. Verlangt wird der Abschluss einer Eigenkapital ersetzenden Versicherung. Da das Mindestkapital für Anlagevermittler bei 50.000 Euro liegt (§ 33 Abs. 1a KWG), muss die Versicherung mindestens Schäden bis 50.000 Euro pro gebundenem Vermittler decken. (Fußnote 16; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Umgekehrt ist festzuhalten, dass beide Richtlinien für die ungebundenen Vertreter, also die Makler und Mehrfachvertreter, obligatorische Berufshaftpflichtversicherungen vorsehen. Versicherungsvermittler sind verpflichtet, eine für das gesamte Gebiet der EU geltende Berufshaftpflichtversicherung oder eine gleichwertige Garantie in Höhe von mindestens 1 Mio. Euro für jeden einzelnen Schadensfall oder von 1,5 Mio. für alle Schadensfälle eines Jahres abzuschließen (Art. 4 Abs. 3 VVR). Dies gilt nur dann nicht, wenn eine solche Versicherung oder Garantie bereits von einem Versicherer gestellt wird, in dessen Namen der Vermittler handelt, oder wenn dieser Versicherer die uneingeschränkte Haftung für das Handeln des Vermittlers übernommen hat (Art. 4 Abs. 3 VVR).
Sehr ähnlich bestimmt Art. 12 MiFID, dass für Wertpapierfirmen die Eigenkapitalanforderungen von Art. 67 MiFID gelten. Dies bedeutet, dass Wertpapierfirmen neben einem Anfangskapital von 50.000 Euro eine für das gesamte Gebiet der EU geltende Berufshaftpflichtversicherung oder eine vergleichbare Garantie für Haftungsfälle aus berufsmäßigem Verschulden vorhalten müssen. Die Haftungssumme beträgt mindestens 1 Mio. für jeden einzelnen Schadensfall und eine Gesamtsumme von mindestens 1,5 Mio. Euro für sämtliche Schadensfälle eines Kalenderjahres. Es ist auch eine Kombination aus Anfangskapital und Berufshaftpflichtversicherung möglich, wenn letztere ein gleichwertiges Deckungsniveau ermöglicht.
Die eigentlich interessante Frage ist diejenige, ob sich auch Makler und Mehrfachvertreter unter ein Haftungsdach sowohl nach der MiFID als auch der VVR begeben können. Im ersten Augenblick scheint dies nicht möglich zu sein, denn Makler und Mehrfachvertreter gehören gerade nicht zur Gruppe der gebundenen Einfirmenvertreter, für die typischerweise das Haftungsdach in den Richtlinien vorgesehen ist. Bei etwas genauerem Hinsehen verändern sich die Dinge allerdings. In der MiFID wird der gebundene Vermittler in Art. 4 Nr. 25 definiert. Es handelt sich um eine natürlich oder juristische Person, die unter unbeschränkter und vorbehaltloser Haftung einer einzigen Wertpapierfirma, für die sie tätig ist, Wertpapier und/oder Nebendienstleistungen für Kunden oder potenzielle Kunden erbringt, Weisungen oder Aufträge des Kunden in Bezug auf Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente annimmt und weiterleitet, Finanzinstrumente platziert und/oder Kunden oder potenzielle Kunden bezüglich dieser Finanzinstrumente oder Dienstleistungen berät. Bei vertraglich gebundenen Vermittlern handelt es sich nach dem Verständnis der MiFID also um juristische oder natürliche Personen, die nur für eine Wertpapierfirma tätig sind (Erwägungsgrund 36 MiFID). Diese gebundenen Vermittler können sich nach Art. 23 Abs. 1 MiFID unter das Haftungsdach einer Wertpapierfirma begeben. In diesem Falle haftet die Wertpapierfirma für jedes Handeln oder Unterlassen des vertraglich gebundenen Vermittlers uneingeschränkt, wenn und soweit er in ihrem Namen tätig ist. Die Anforderungen an die das Haftungsdach gewährende Wertpapierfirma sind folgende:
Im Unterschied zur heutigen Rechtslage müssen gebundene Finanzvermittler künftig ausreichend gut beleumdet sein und über angemessene allgemeine, kaufmännische und berufliche Kenntnisse verfügen. Das ist bisher nicht erforderlich und wirft – wie bei der VVR – die Frage nach einer standardisierten Sachkundeprüfung auf. Bisher müssen gebundene Vermittler weder eine Erlaubnis nach § 32 KWG noch nach § 34c GewO haben. Sie sind von jeder Erlaubnispflicht freigestellt (§ 2 Abs. 10 Satz 1 KWG i.V.m. § 34c Abs. 5 Nr. 3a GewO). Nach Art. 4 Nr. 25 MiFID sollen vertraglich gebundene Vermittler nur für eine Wertpapierfirma Dienstleistungen erbringen (Erwägungsgrund 36 MiFID). Dies ist ein Unterschied zur bisherigen Rechtslage, denn derzeit ist es zulässig, dass ein Vermittler für mehrere Institute gleichzeitig tätig ist (§ 2 Abs. 10 KWG). Diese haften dann allerdings gesamtschuldnerisch.
Im Ergebnis heißt das, dass sich die Haftungsdächer wohl wandeln müssen. Makler können sich dann und nur dann unter ein Haftungsdach begeben, wenn dieses den Zugang zum Gesamtmarkt eröffnet. Denn der Makler ist seiner Rechtsstellung nach (§ 92 HGB) Sachwalter des Kunden – er muss über einen vollständigen Marktüberblick und im Grundsatz über einen Zugang zu allen Produkten am Markt verfügen. Die VVR und ihr folgend der Referentenentwurf zum VVG lässt es zu, dass der Makler den Kunden ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist. Überträgt man diesen Gedanken auf die MiFID, so würde dies bedeuten, dass das Haftungsdach Zugang zu einer eingeschränkten Anbieter- und Produktauswahl bietet – dies müsste dann offen gelegt werden.
Auch aus der Perspektive der VVR wird über Haftungsdächer für Versicherungsmakler diskutiert. (Fußnote 17; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Hier wird zu Recht darauf hingewiesen, dass das Haftungsdach selbst Makler sein muss. In diesem Fall könnte der unter dem Haftungsdach tätige Makler auch im Namen des Haftungsdaches Maklerverträge mit Kunden abschließen. Möglich ist es sogar, dass die Untervermittler neben dem Maklervertrag des Kunden mit dem Haftungsdach auch einen eigenen Maklervertrag mit dem Kunden schließen, und zwar unbeschadet der vorliegenden Ausschließlichkeitsbindung zum Haftungsdach. Die rechtliche Unabhängigkeit des Maklers wird durch eine solche Bindung an das Haftungsdach nicht gefährdet. Mit dem Maklerstatus ist nur eine Bindung unvereinbar, die den Vermittler rechtlich hindert, die Interessen des Kunden in seine Eigenschaft als Sachwalter wahrzunehmen. Entscheidend ist, dass der Makler in seiner Entscheidung, finanzielle Vorteile auszuschlagen, um die Interessen des Kunden zu wahren, frei bleibt. Erst wenn die wirtschaftliche Sogwirkung von Vergünstigungen, die das Haftungsdach bereitstellt, ein solches Maß erreicht, dass dem Versicherungsmakler letztlich keine wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit mehr bliebe, wäre dies mit dem Maklerstatus unvereinbar. (Fußnote 18; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Richtig ist, dass ein Makler trotz des Haftungsdaches weiterhin auch persönlich haftet, wenn er dies dem Kunden gegenüber erklärt oder nicht darauf hingewiesen hat, dass er für das Haftungsdach vermittelt.
Im Ergebnis zeigen sich große strukturelle Übereinstimmungen zwischen der MiFID und der VVR. Nach beiden Richtlinien sind auch für Makler und Mehrfachvertreter Haftungsdächer zulässig, die den Vermittlern vollständige Unabhängigkeit belassen, gleichzeitig aber die eigene Erlaubnis und den Abschluss der Berufshaftpflichtversicherung vermeiden. Beides sind große Erleichterungen für die Vermittler und werden deshalb sowohl bei Finanzdienstleistungen als auch bei Versicherungen zunehmend die Frage nach jenen Dienstleistern auslösen, die in der Lage sind, die neuen Bedürfnisse und Wünsche moderner Vertriebsorganisationen angemessen, preisgünstig, professionell und kundenfreundlich zu erfüllen.
Eine der wichtigen Fragen, die sich Vermittler für Finanzdienstleistungen nach der MiFID und der VVR in Zukunft stellen müssen, ist, wie sie Produktzugang bekommen und was damit eigentlich gemeint ist. Zu differenzieren ist zwischen quantitativen und qualitativen Anforderungen.
Der Versicherungsmakler muss seinen Rat auf eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern stützen (§ 42b VVG E). Verfügt er nur über eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl, so muss er den Kunden vor Abgabe der Vertragserklärung darauf ausdrücklich hinweisen. In diesem Fall sind die Namen der Versicherer anzugeben (§ 42b Abs. 2 VVGE).
Voraussetzung für die Ermittlung der hinreichenden Zahl von Angeboten ist – so heißt es in der Gesetzesbegründung – eine objektive und ausgewogene Marktuntersuchung. Welche Anforderungen sich im Einzelnen für Art und Umfang der vom Versicherungsmakler vorzunehmenden Marktuntersuchung ergeben, bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach den Marktverhältnissen in dem Versicherungsbereich, auf die sich die Empfehlung gegenüber dem Kunden bezieht. (Fußnote 19; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Es kann auch die Durchführung regelmäßiger Marktuntersuchungen ausreichen, die nicht für jeden einzelnen Kunden wiederholt werden muss. Entscheidend ist, dass der Versicherungsmakler sich eine fachliche Grundlage in einem Umfang verschafft, der ihn in die Lage versetzt, eine sachgerechte, den individuellen Bedürfnissen des Kunden entsprechende Empfehlung für einen konkreten Versicherungsvertrag abzugeben. (Fußnote 20; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Diese Hinweise zeigen, dass es dem Gesetzgeber um eine funktionale Auslegung des Begriffs hinreichend geht. Es werden keine starren Vorgaben gemacht – etwa 5 %, 50 % oder 75 % Marktanteil oder Zugang zu mindestens 50 oder 100 Versicherern, sondern es wird auf den Einzelfall und damit auf das eigentliche Funktionsziel der VVR abgestellt. Der Makler soll die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden durch den von ihm gegebenen Rat erfüllen (§ 42c VVGE). Seine Beratung beruht im Einzelfall also immer dann auf einer hinreichenden Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern, wenn er mit seinem Rat präzise die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden erfüllt. Hinreichend kann in diesem Sinne auch ein einziger Versicherer oder ein einziges Versicherungsprodukt sein, wenn es denn geeignet ist, gerade die spezifischen Wünsche und Bedürfnisse des einen Kunden zu erfüllen. Dieser Funktionsbezug des scheinbar quantitativen Merkmals hinreichend macht aus diesem Merkmal in Wirklichkeit ein qualitatives und sorgt dafür, dass Vermittler immer dann über eine ordnungsgemäße Beratungsgrundlage verfügen, wenn sie die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden punktgenau erfüllen.
Dieser funktionale Bezug des Begriffs hinreichend ist auch deshalb geboten, weil es widersinnig wäre, einen Vermittler, der ein optimales Produkt für den Kunden vermittelt hat, nur deshalb einen Beratungsfehler vorzuwerfen, weil es neben dem optimalen Produkt noch viele andere unteroptimale auf dem Markt gegeben hat, die der Vermittler möglicherweise nicht oder nicht hinreichend in seine Marktuntersuchung mit einbezogen hatte.
Die MiFID benutzt ein etwas anderes Vokabular. Sie verlangt keine objektive und ausgewogene Marktuntersuchung, dafür aber die bestmögliche Ausführung im Kundeninteresse. Wertpapierfirmen müssen ihre Dienstleistung „ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihres Kunden“ erbringen und Aufträge mit dem bestmöglichen Ergebnis für ihre Kunden ausführen (Art. 19 Abs. 1, 21 MiFID). Damit verzichtet die MiFID von vornherein auf irgendein quantitatives Kriterium, das den Makler in seiner Tätigkeit binden könnte. Es geht nicht darum, ob ein Makler 50, 100 oder alle Unternehmen und ihre Produkte am Markt kennt, sondern es geht ausschließlich darum, ob er seine Dienstleistung im Interesse des Kunden erbringt – also die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden erfüllt. Dies soll bestmöglich geschehen. Die MiFID differenziert dabei zwischen der Erbringung der Wertpapierdienstleistung (Art. 19) und der Verpflichtung zur kundengünstigsten Ausführung von Aufträgen (Art. 21). Für diesen zweiten Bereich fehlen ausdrückliche Regelungen in der VVR für die Versicherungsvermittler – der im englischen Recht geläufige Grundsatz des best advise ist in die VVR nicht übernommen worden.
Im Ergebnis kann zunächst festgehalten werden, dass sowohl VVR als auch MiFID den Makler verpflichten, die Wünsche und Bedürfnisse, und damit die Interessen des Kunden, und zwar im bestmöglichen Sinne zu erfüllen. Damit ein Makler im bestmöglichen Interesse des Kunden handeln und damit seine Wünsche und Bedürfnisse erfüllen kann, braucht er selbstverständlich einen objektiven und ausgewogenen Marktüberblick – ohne einen solchen Marktüberblick kann er seine Aufgabe als Sachwalter des Kunden nicht erfüllen. Aber er schuldet diesen objektiven und ausgewogenen Marktüberblick nicht im Sinne einer Rechtspflicht gegenüber seinem Kunden, sondern er schuldet dies sich selbst gegenüber, weil er ansonsten nicht in der Lage ist, die Interessen der Kunden bestmöglichst zu erfüllen. Ein Makler hat also immer dann gegenüber seinem Kunden alles richtig gemacht, wenn er ihn im bestmöglichen Interesse, auf der Grundlage seiner Wünsche und Bedürfnisse, optimal beraten hat. Die Frage, ob er seine Beratung auf eine objektive und ausgewogene Marktuntersuchung stützen und infolgedessen auf eine hinreichende Anzahl von Produkten und Anbietern zurückgreifen konnte, stellt sich aus haftungsrechtlicher Perspektive gegenüber dem Kunden nicht, da dieser optimal beraten ist.
Entscheidend kommt es somit sowohl nach der MiFID als auch nach der VVR darauf an, ob der Vermittler die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden und damit seine Interessen bestmöglich erfüllt. Die hierfür formulierten Vorgaben sind in der MiFID allerdings sehr viel klarer, präziser und ausführlicher als in der VVR.
Art. 19 MiFID formuliert in einem langen Katalog die Wohlverhaltensregeln bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Kunden. Die Dienstleistungen sind ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse zu erbringen. Das gilt auch für Marketing-Mitteilungen (Art.19 Abs. 2 MiFID). Die Informationen werden in verständlicher Form zur Verfügung gestellt. Insbesondere wird auch über die Kosten und Nebenkosten informiert (Art. 19 Abs. 3 MiFID). Gemeint sind alle Kosten, die dem Kunden entstehen, einschließlich Ausführungsplatzgebühren, Clearing- und Abwicklungsgebühren sowie alle sonstigen Gebühren, die an Dritte gezahlt werden. (Fußnote 21; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Eine vergleichbare Kostentransparenz ergibt sich zwar nicht aus der VVR, aber aus Art. 33 der dritten Lebensversicherungsrichtlinie, wie der EFTA-Court am 25.11.2005 entschieden hat. (Fußnote 22; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Deshalb wird der Gesetzgeber im Rahmen der VVG-Reform auch die Offenlegung vor allem der Abschlusskosten für Lebensversicherungsverträge in Euro und Cent vorschreiben.
Ein Kernstück der neuen Wohlverhaltensregelungen ist der suitability-Test (Art. 19 Abs. 4 MiFID). Es geht darum, dem Kunden geeignete Wertpapierdienstleistungen und Finanzinstrument zu empfehlen. Um dies tun zu können, sind die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden in Bezug auf das Produkt oder die Dienstleistung und daneben seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele zu erforschen. Die Empfehlung ist zu dokumentieren.
Der Entwurf der Durchführungsrichtlinie präzisiert worum es geht. Entspricht das Geschäft den Anlagezielen des Kunden? Ist es für ihn finanziell tragbar? Hat er die Risiken verstanden? Diese Fragen müssen jedenfalls gegenüber dem Kleinanleger gestellt werden – mit Blick auf den professionellen Kunden (Art. 4 Abs. 1 Nr. 12 MiFID) darf unterstellt werden, dass dieser über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. (Fußnote 23; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Es ist weiter zu fragen, ob der Kunde mit der Art der Dienstleistungen, Geschäfte und Finanzinstrumente vertraut ist. Wie oft und in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit hat der Kunde Geschäfte dieser Art in welchem Zeitraum getätigt? Über welchen Beruf- und Bildungsstand verfügt der Kunde? – Darf man seinen Äußerungen also trauen? (Fußnote 24; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Im Wesentlichen entsprechen die Vorgaben der MiFID und der Durchführungsrichtlinie den bereits bestehenden Anforderungen von § 31 Abs. 2 WpHG mit Ausnahme der Fragen nach Bildungsstand oder Beruf. Eine Wertpapierfirma, die ihren Fragepflichten nachkommt, ist berechtigt, sich auf die von ihrem Kunden übermittelten Informationen zu verlassen, es sei denn, ihr ist bekannt oder ihr müsste bekannt sein, dass die Informationen offensichtlich veraltet, unzutreffend oder unvollständig sind. (Fußnote 25; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Für Finanzdienstleistungen, die weder Anlageberatung noch Vermögensverwaltung sind, sieht die MiFID eine Warnpflicht vor (Art. 19 Abs. 5 Unterabsatz 3). Die Wertpapierfirma weist den Kunden darauf hin, dass sie in Ermangelung hinreichender Angaben nicht in der Lage ist zu beurteilen, ob die in Betracht gezogene Finanzdienstleistung für den Kunden geeignet ist. In den Fällen, in denen der Kunde beraten wird (Art. 19 Abs. 4 MiFID) empfiehlt die Wertpapierfirma dem Kunden keine Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente. (Fußnote 26; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Weder die MiFID noch die Durchführungs-Richtlinie sehen eine Pflicht zur Vereinbarung von Anlagerichtlinien vor. (Fußnote 27; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Allerdings ist die Vereinbarung von Anlagerichtlinien, Wertpapierfirmen und Vermögensverwaltern sehr zu empfehlen. – Andernfalls gehen sie ein erhebliches Haftungsrisiko ein. Sie können nämlich kaum beurteilen, ob bestimmte Dienstleistungen für den Kunden geeignet sind. Verweigert der Kunde die erforderlichen Informationen, indem er z.B. sein Vermögen in Asset-Klassen aufteilt und die Verwaltung der jeweiligen Anlageklasse (z.B. europäische Aktien, europäische Renten, US-Aktien) vorgibt, so darf der Vermögensverwalter keine Empfehlung mit Blick auf bestimmte Anlagerichtlinien geben. (Fußnote 28; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Weist eine Wertpapierfirma eine andere (z.B. einen Vermögensverwalter) an, Wertpapierdienstleistungen im Namen des Kunden zu erbringen, so hat das anweisende und damit kundennähere Institut die Befragung des Kunden durchzuführen und ihm erforderliche Informationen wie Risiko der Anlage mitzuteilen. Hierdurch wird klargestellt, dass der Vermögensverwalter zwar die Eignung der Dienstleistung zu beurteilen, aber keine erneute Befragung und Aufklärung des Kunden durch das Depot führende Institut zu erfolgen hat. Dies entspricht der in Deutschland herrschenden Lehre und Verwaltungsauffassung der BaFin. (Fußnote 29; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Wertpapierfirmen müssen ihre Dienstleistung ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse ihres Kunden erbringen und Aufträge mit dem bestmöglichen Ergebnis für ihre Kunden durchführen (Art. 19 Abs. 1, 21 MiFID). Diese Pflicht betrifft auch Vermögensverwalter. (Fußnote 30; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Der Dienstleister muss sich also darüber informieren, auf welchem Markt die Aufträge am besten ausgeführt werden können. Es gelten die Kriterien Kurs, Kosten, Schnelligkeit, Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abrechung (Art. 21 Abs. 1 MiFID). Mit Blick auf Kleinanleger kommt dem gesamten Entgelt (Preis für das Finanzinstrument zzgl. der Transaktionskosten) für das bestmögliche Ergebnis entscheidende Bedeutung zu. (Fußnote 31; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Wertpapierfirmen und Vermögensverwalter müssen ihre Kunden über die Grundsätze der Auftragsausführung (best execution policy) in geeigneter Form informieren und deren schriftliche Zustimmung hierzu einholen. (Fußnote 32; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Interessenkonflikte können zwischen den Wertpapierfirmen und ihren Kunden und zwischen den Kunden selbst auftreten. Typische Interessenkonflikte der Wertpapierfirmen zu ihren Kunden betreffen das Verbot des front runnings, Gegenlaufens, Parallellaufens, Dumpings oder Auskaufens sowie der Erzielung von Kick-backs (Retrozessionen). Interessenkonflikte dieser Art sind nach Artt. 13, 18 MiFID zu vermeiden. (Fußnote 33 siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Im deutschen Recht sind Verhaltensweisen dieser Art heute schon verboten (§§ 31 Abs. 1 Ziff. 2, 32 WpGH). (Fußnote 34 siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)Neu ist für das deutsche Recht, dass für die Wertpapierfirma keine finanziellen Anreize zur Bevorzugung einer bestimmten Kundengruppe bestehen dürfen.
Interessenkonflikte zwischen Kunden können besonders bei Vermögensverwaltern auftreten. Grundsätzlich sind drei Konstellationen zu unterscheiden. Zum einen können die Interessenkonflikte zwischen den Kunden knappheitsbedingt sein. Derartige Situationen treten etwa auf, wenn in einem engen Markt Wertpapiere gekauft werden sollen und ein Kauf des Wertpapiers bereits für wenige Kunden zu einer Kurssteigerung führen würde. Zum anderen können Interessenkonflikte zwischen Kunden reaktionsbedingt sein. Eine derartige Situation tritt etwa ein, wenn der Vermögensverwalter auf einem engen Markt Wertpapiere eines Unternehmens verkauft, während andere seiner Kunden diese noch halten. Schließlich kann es zu Interessenkonflikten zwischen den Kunden kommen, wenn der Vermögensverwalter die Interessen eines Kunden zum Nachteil eines anderen Kunden wahrnimmt. Eine solche Situation ist etwa gegeben, wenn der Vermögensverwalter im Auftrage eines Kunden eine größere Position auf- oder abbauen soll und zur Vermeidung von Kursausschlägen die zu kaufenden Wertpapiere aus den Depots anderer Kunden herauskauft oder die zu verkaufenden Wertpapiere für die Depots anderer Kunden erwirbt.
Zivilrechtlich sind die beschriebenen Verhaltensweisen eindeutig unzulässig – der Verhaltensverstoß ist aber oft schwer nachweisbar. Hier setzt die MiFID und die Durchführungsrichtlinie an.
Verlangt wird, dass eine Wertpapierfirma zunächst schriftlich die Umstände festhält, unter denen ein Interessenkonflikt auftreten kann oder vorliegt und wie damit zu verfahren ist. (Fußnote 35, siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung). Die Wertpapierfirma hat organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung der Interessenkonflikte zu treffen. (Fußnote 36; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Für den Fall, dass die organisatorischen Vorkehrungen für die Beeinträchtigung der Kundeninteressen nicht ausreichen, müssen mögliche Interessenkonflikte „auf einem dauerhaften Datenträger“ gegenüber den Kunden offen gelegt werden. (Fußnote 37; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Es gibt eine Vielzahl von organisatorischen Maßnahmen, auf die die Durchführungsrichtlinie hinweist. (Fußnote 39; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Genannt werden chinese walls, Überwachung der handelnden Personen, Untersagung eines Tantieme-Pools zwischen Personen, die konfligierende Interessen wahrnehmen, Verhinderung unangemessenen Einflusses auf handelnde Personen, insbesondere durch Organe des Unternehmens sowie Ausschluss oder Kontrolle bestimmter Personen, die ein angemessenes Konfliktmanagement behindern könnten.
Welche Maßnahmen im Einzelfall von einer Wertpapierfirma zu ergreifen sind, hängt von seiner Größe und Organisation sowie der Art, dem Umfang und der Komplexität der Geschäfte ab. (Fußnote 39; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) In Zukunft wird eine Conflict-of-Interest-Policy aufgestellt werden müssen. Diese muss die möglichen Interessenkonflikte, die organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung und konkrete Handlungsanweisungen für den Fall des Eintritts eines Interessenkonfliktes enthalten. Die Erarbeitung dieser Grundsätze für den Umgang mit Interessenkonflikten dürfte den meisten Wertpapierfirmen schwer fallen und könnte bei Kreditinstituten leicht den Umfang eines kleinen Handbuchs annehmen.
Eine Wertpapierfirma sorgt dafür, dass Aufzeichnungen über alle ihre Dienstleistungen und Geschäfte geführt werden, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, die Einhaltung der Anforderungen der MiFID zu überprüfen und sich vor allem zu vergewissern, dass die Wertpapierfirma sämtlichen Verpflichtungen gegenüber den Kunden oder potenziellen Kunden nachgekommen ist (Art. 13 Abs. 6 MiFID). Diese Dokumentationspflicht gilt insbesondere auch bei einem Interessenkonflikt, der „in erheblichem Maße den Interessen eines oder mehrerer Kunden abträglich sein könnte.“ Diese Aufzeichnungspflicht geht deutlich über die Aufzeichnungspflichten von § 34 WpHG hinaus. Sie ist auch sehr viel weiter als die Dokumentationspflicht der VVR. Letztere bezieht sich auf die Dokumentation der Wünsche und Bedürfnisse des Kunden sowie den Rat oder Empfehlung des Vermittlers. Demgegenüber betrifft die Aufzeichnungspflicht der MiFID alle Dienstleistungen und Geschäfte und dabei alle Informationen, die die BaFin braucht, um sich zu vergewissern, dass die Wertpapierfirma sämtlichen Verpflichtungen gegenüber dem Kunden nachgekommen ist. Allerdings – und das ist im Vergleich zur VVR problematisch – die Dokumentation muss nicht dem Kunden ausgehändigt werden. Das sollte sich ändern.
Im Vergleich zur MiFID und der sie ergänzenden Durchführungs-Richtlinie fallen die Beratungs¬und Dokumentationspflichten der VVR sehr viel kürzer aus. Es gibt einige statusbezogene Informationspflichten, sehr ähnlich den von Art. 19 Abs. 3 MiFID geforderten Informationen über Namen, Anschrift, Registrierung, Beteiligung an anderen Unternehmen sowie Hinweisen auf außergerichtliche Beschwerdestellen. Wichtig ist der Hinweis gegenüber dem Kunden, ob man als Versicherungsvertreter oder als Versicherungsmakler tätig wird. (Fußnote 40; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Der Versicherungsvermittler hat, soweit hierfür Anlass besteht, den Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben (§ 42c Abs. 1 VVGE). Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren. Es handelt sich also um ein vierstufiges Konzept: Beratungsanlass, Analyse der Wünsche und Bedürfnisse, Rat und Dokumentation.
Der Kunde soll nur dann nach seinen Wünschen und Bedürfnissen befragt werden, wenn hierfür Anlass besteht. Der Anlass soll sich entweder aus der Person des Versicherungsnehmers oder dessen Situation oder aus dem Schwierigkeitsgrad der angebotenen Versicherung ergeben. Zur Ausfüllung dieser drei Kriterien sollte auf den Eignungstest (Suitability-Test) der MiFID (Art. 19 Abs. 4) zurückgegriffen werden. Dort wird etwas klarer gesagt, worum es eigentlich geht. Im Falle der Anlageberatung oder Vermögensverwaltung werden die notwendigen Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden in Bezug auf den speziellen Produkttyp, seine finanziellen Verhältnisse und seine Anlageziele eingeholt, um zu ermöglichen, dem Kunden ein für ihn geeignetes Produkt zu empfehlen.
Genau darum geht es auch bei der VVR. Allerdings kann es passieren, dass der Vermittler, der den ihm bekannten Kunden zum wiederholten Male eine Kfz-Doppelkarte aushändigt, auf die Befragung nach Wünschen und Bedürfnissen verzichtet, weil der Kunde die angebotene Versicherung beurteilen kann und aufgrund seiner Vorkenntnisse kein Anlass für eine Befragung besteht. Dieser Fall ist in der MiFID als execution only geregelt (Art. 19 Abs. 5). Die Wertpapierfirma muss allerdings den Kunden warnen, wenn sie nur über unzureichende Angaben über seine Kenntnisse und Erfahrungen verfügt. Eine solche Warnpflicht sieht die VVR ausdrücklich nicht vor. Sie ergibt sich aber als Nebenpflicht aus den allgemeinen Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB). (Fußnote 41; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Anlass für eine weitergehende Befragung besteht in der Regel auch dann nicht, wenn der Kunde professionell ist, wenn es um die Versicherung von Großrisiken geht.
Wenn und soweit Anlass besteht, hat der Versicherungsvermittler den Kunden nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen. Das ist der eigentliche Eignungs(suitability)-test der VVR. Hier klärt der Vermittler, ob ein bestimmtes Versicherungsprodukt nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden für diesen geeignet ist. Im ersten Schritt sind also die (subjektiven) Wünsche des Kunden und im zweiten Schritt seine (objektiven) Bedürfnisse zu erforschen. Wie der Vermittler dies tun soll, wird ihm nicht gesagt.
Während die Ermittlung der Wünsche des Kunden noch verhältnismäßig einfach ist (ich möchte für mein Alter vorsorgen, meinen Hausrat versichern oder meine Hinterbliebenen versorgen), werden die Dinge auf der Ebene der objektiven Bedürfnisprüfung sehr viel schwieriger. Auf dieser Ebene werden die Vermittler eine Risikoanalyse durchführen müssen. Sie werden in einem ersten Grobraster klären müssen, ob der Kundenwunsch in eine sinnvolle Risikoanalyse überführt werden kann. Wünscht der Kunde: Absicherung gegen alle Risiken des Lebens, so kommt der Vermittler damit nicht weiter. Er muss durch Rückfragen zunächst klären, welche Risiken des Lebens der Kunde meint, z.B. das Risiko des Todes oder des Kreditausfalls oder des Einbruchs oder der Haftung für verursachte Schäden. Erst wenn er durch Rückfragen den Kundenwunsch präzisiert hat, kann er nun in eine Feinrisikoanalyse übergehen. Diese wird mit allgemeinen Daten über die Person des Kunden beginnen, sein Alter, seine Berufsausbildung, sein Einkommen, sein Familienstand, seine Vermögensverhältnisse, sein Wohnsitz, seine Lebensziele und wird dann übergehen in eine produktbezogene Risikoanalyse, die stark vom angestrebten Versicherungsschutz (Lebens-, Renten-, Kranken-, Unfall-, Haftpflicht-, Sachversicherung) abhängt und die mitgeprägt ist von den Produktangeboten auf dem Markt.
Risikoanalysen von Maklern müssen völlig anders aussehen als Risikoanalysen von Einfirmen-oder Mehrfirmenvertretern. Einfirmenvertreter können überhaupt nur das Produkt anbieten, das sie führen – nur darauf kann sich die Risikoanalyse beziehen. Sie müssen im Zweifel auf Deckungslücken aus der Perspektive der objektiven Kundenbedürfnisse aufmerksam machen. Mehrfachvertreter nehmen die mehreren Produkte in die Analyse auf, die sie führen – nur Makler, die über einen objektiven und ausgewogenen Marktüberblick verfügen, können in einem sehr umfassenden Sinne objektivierte Bedürfnisse abfragen, um dann aufgrund der Vielzahl der bestehenden Angebote den Versicherer herauszufiltern, der dem spezifischen Bedürfnis des Kunden mit seinem Produkt am nächsten kommt.
Risikoanalysen können auch Risiken aufnehmen, für die es zur Zeit am Markt keine Deckung gibt – der Makler kann versuchen, dafür Deckung zu bekommen. Der Makler nimmt damit über seine Beratungspflicht Einfluss auf die Struktur der Versicherungsprodukte – seine Nachfrage verändert das Produkt, jedenfalls dann, wenn er sich durchsetzen kann.
Weder die VVR noch der deutsche Gesetzgeber geben für die Risikoanalysen irgendwelche Hinweise. Ausdifferenzierung und Weiterentwicklung von Risikoanalysen sind den Marktbeteiligten vorbehalten. Darüber, wie diese Analysen auszusehen haben, muss möglichst große Klarheit geschaffen werden, andernfalls entstehen in Zukunft reihenweise Haftungsfallen. Bei der Entwicklung und der Erarbeitung der Risikoanalyseprofile dürften Vermittler weitgehend überfordert sein – hier brauchen sie Hilfe der hinter ihnen stehenden Dienstleister.
Nach Abschluss der Risikoanalyse hat der Vermittler einen bestimmten Rat zu erteilen.
Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Vertrages zu dokumentieren. Die Dokumentation ist dem Kunden geschuldet – ihm gegenüber ist sie vor Abschluss des Vertrages klar und verständlich in Textform auszuhändigen (§ 42d VVGE).
Die VVR enthält keinen Dokumentationsverzicht – der deutsche Gesetzgeber will einen solchen Verzicht aber in das neue VVG schreiben (§ 42c Abs. 2 VVGE). Der Kunde soll durch gesonderte schriftliche Erklärung verzichten können. Er wird dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Ob ein solcher Dokumentationsverzicht notwendig und mit der VVR zu vereinbaren ist, erscheint fraglich. Jeder Kunde kann erklären, dass er einen ganz bestimmten Wunsch und ein ganz bestimmtes Bedürfnis, beispielsweise nach einer privaten Haftpflichtversicherung bei der Allianz hat. Dieser eindeutige Wunsch wird dokumentiert und der Kunde bekommt – ohne jede weitere Beratung – das, was er möchte. Dies entspricht dem Erwerb eines Wertpapiers ohne Beratung (execution on ly).
Nach der Konzeption des deutschen Gesetzentwurfes kann der Kunde aber selbst dann auf Beratung oder Dokumentation verzichten, wenn er gar nicht weiß, was er will, wenn er also Beratung braucht, dieses möglicherweise aber nicht erkennt. Vermittler können dieses Erkenntnisdefizit des Kunden ausnutzen und ihm einreden, ein Beratungsverzicht sei für ihn doch sehr viel günstiger – dann müsse er das viele Kleingedruckte gar nicht lesen. Dies bedeutet, ein Beratungsverzicht kann dazu führen, dass Kunden die eine Beratung benötigen, auf sie verzichten – das ist in der VVR nicht vorgesehen. In der MiFID wird dieser Fall ganz anders als in der VVR gelöst. Erlangt die Wertpapierfirma die erforderlichen Informationen nicht, so darf sie dem Kunden keine Wertpapierdienstleistungen oder Finanzinstrumente empfehlen (Art. 35 Abs. 5 Durchführungs-Richtlinie). Bei execution only wird der Kunde gewarnt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Wertpapierfirma nicht in der Lage ist zu beurteilen, ob das in Betracht gezogene Produkt für den Kunden geeignet ist. Diese von der MiFID gesetzten Standards dürfen, weil die Zielrichtung der VVR im Kern gleich ist, im nationalen Recht nicht unterschritten werden. – Der Dokumentationsverzicht im derzeit auf dem Tisch liegenden Gesetzesentwurf entspricht diesen Anforderungen jedenfalls nicht.
Die bisherigen Überlegungen zeigen, dass vielfältig Bedarf für Administration, also Kundenverwaltung durch Dritte und Auslagerung wesentlicher Geschäftsbereiche auf Dritte besteht. Das betrifft zunächst einmal die Frage der Bewältigung der Erlaubnis, der Registrierung und der Haftung – hier bieten sich Haftungsdächer an. Daneben steht die Bewältigung der Wohlverhaltensregeln, sowohl der MiFID als auch der VVR. Die ausdifferenzierten Fragenkataloge der MiFID verlangen ebenso wie die Risikoanalysen der VVR nach Standardisierung und einer Software, die im Verkauf schnell, unproblematisch aber dennoch haftungssicher eingesetzt werden kann.
Bei der Auslagerung wesentlicher Geschäftsbereiche sind Organisationspflichten zu beachten, die sich aus Art. 13 MiFID ergeben. (Fußnote 42; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Ergänzend ist das Rundschreiben 11/2001 der BaFin über die Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen gemäß § 25a Abs. 2 KWG heranzuziehen. (Fußnote 43; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung) Für den Versicherungsbereich geht es um die Zulässigkeit von Funktionsausgliederungsverträgen nach § 5 Abs. 3 Nr. 4 VAG. Auch hierzu gibt es ein Rundschreiben der BaFin, das Umfang und Zulässigkeit von Funktionsausgliederungen klärt. (Fußnote 44; siehe Original MiFID-Studie Zusammenfassung)
Kann man wirklich von einer Synästhesie zwischen MiFID und VVR sprechen? – Gibt es tatsächlich ein Zusammenwirken beider Regelwerke in dem Sinne, dass Regelungskomplexe des einen, ähnliche, wenngleich nicht immer identische, Effekte bei dem anderen hervorrufen? Die Antwort ist nicht ganz einfach – sie lautet in manchen Fällen ja und in manchen Fällen nein. Eins lässt sich aber ganz sicher schon jetzt sagen: Der Vermittlertyp von morgen muss sich neu orientieren – er wird im Wettbewerb dann und nur dann bestehen, wenn er die Anforderungen der MiFID und der VVR in seiner Person und seinem Unternehmen vereint, wenn er also zu einem Allfinanzdienstleister wird. Aus der Sichtdes Kunden ist es nämlich nicht nachzuvollziehen, warum der eine Vermittler ihm Finanzdienstleistungen und der andere Versicherungsdienstleistungen vermitteln will, obwohl möglicherweise beide aufeinander bezogen und funktionsidentisch sind. Das gilt sicher nicht für Hausrat oder Haftpflichtversicherungen – so etwas wird von Banken und Investmentfonds nicht angeboten.
Aber im Bereich der immer wichtiger werdenden Altersvorsorge ist alles ganz anders. Hier konkurrieren die Vorsorgeformen, die Banken, Investmentfonds und Versicherungsgesellschaften anbieten. Ein Vermittler, der über Riester, Rürup, bAV berät, aber nicht zugleich in der Lage ist, Aktiensparpläne und Investmentanlagen in seine Beratung mit einzubeziehen, gerät automatisch in die Haftungsfalle – er berät, jedenfalls wenn er als Makler auftritt – geradezu notwendigerweise falsch. Ihm ist nicht viel damit geholfen, dass es auf der einen Seite eine MiFID und auf der anderen Seite eine VVR gibt. Er sucht nach Lösungen für seine letztlich immer gleichen Probleme: Wie bekomme ich meine Erlaubnis, wie werde ich registriert, welche Haftpflichtversicherung brauche ich, wie muss ich beraten, wie muss ich dokumentieren, wie muss ich meinen Kunden nachvertraglich weiter betreuen?
Man mag darüber erstaunt sein, dass der Gesetzgeber in Europa und in Deutschland diese Zusammenhänge offenbar nicht zum Anlass genommen hat, für den finanzdienstleistenden Vermittler neuen Typs ein einheitliches Regelwerk vorzusehen. Eigentlich liegt eine solche Forderung auf der Hand. – Die Tatsache, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht heute auf der einen Seite die Banken und auf der anderen Seite die Versicherungen beaufsichtigt spricht für eine solche gesamtheitliche Betrachtungsweise.
Tatsächlich laufen die Dinge aber nebeneinander und die in beiden Richtlinien angelegten Synästhesien werden bisher nicht erkannt. Immerhin eines konnte gezeigt werden: Probleme der Erlaubnis, der Registrierung und der Haftpflichtversicherung lassen sich sowohl nach der MiFID als auch nach der VVR für alle Vermittler gleichermaßen lösen – die Vermittler, die die gewerberechtlichen Anforderungen nicht selbst erfüllen können oder wollen, werden sich mit der Frage beschäftigen, wo das geeignete Haftungsdach ist, mit dessen Hilfe sie ihre Probleme lösen können. Interessant ist, dass es diese Haftungsdächer, sowohl für die Versicherungsvermittler als auch für die Wertpapierfirmen und insbesondere auch für alle Makler in diesen Bereichen gibt. Synästhesien im gewerberechtlichen Bereich werden also letztlich über intelligente Dienstleistungen eröffnet, die der Markt zu entwickeln beginnt und die konzeptionell etwa dem entsprechen, was das Unternehmen SAP vor vielen Jahren für den Bereich der Software in Unternehmen geleistet hat.
Im engen Zusammenhang damit stehen Fragen des Produktzugangs. Die Regelungen in der MiFID sind weitaus detaillierter als in der VVR – insbesondere soweit es um Beratung und Dokumentation geht. Diejenigen, die sich um die praktische Umsetzung der VVR bemühen, sollten unbedingt einen Blick in die MiFID und vor allem in die Durchführungs-Richtlinie werfen. Hier sind wertvolle Anregungen im Sinne eines synästhetischen Konzeptes zu finden. Gesucht und gebraucht werden aber auch hier Standardlösungen. Der einzelne Makler ist völlig überfordert, wenn es um die Vielzahl der ausdifferenziert zu stellenden Fragen nach der MiFID einerseits und der VVR andererseits geht. Erst recht wird seine Leistungsgrenze überschritten, wenn es um das Zusammenführen der Grundprinzipien beider Richtlinien geht. Kann man den Suitibility-Test der MiFID mit der anlassbezogenen Beratung der VVR vergleichen und aus beiden ein einheitliches Konzept machen? – Die Antwort lautet: Ja, das geht. - Es müssen kleine Variationen beachtet werden, aber machbar ist dies. Allerdings, die dabei zu stellenden Fragen sind vielfältig und wie immer steckt der Teufel im Detail. Also müssen auch hier standardisierte Lösungen her.
Keinerlei synästhetische Beziehung besteht dann aber auf der Ebene der Risikoanalyse für Versicherungsprodukte einerseits und für den Umgang mit Interessenkonflikten nach der MiFID (best execution policy) andererseits. Die Aufzeichnung über die Vermeidung von Interessenkonflikten bei Wertpapierfirmen werden in dieser Form bei Versicherungsvermittlern nicht gebraucht. Umgekehrt benötigt die typische Wertpapierfirma keine Risikoprofile für Hausrat oder Haftpflichtversicherungen. Will aber der Altersvorsorgespezialist nicht von einer Haftungsfalle in die nächste stolpern, so wird er nicht umhin können, in sein Portfolio auch Aktiensparpläne, Investmentanteile und ähnliche Finanzdienstleistungen mit aufzunehmen. Wenn er das tut, so wird er auf der einen Seite Wertpapierfirma und auf der anderen Seite Versicherungsmakler sein. Er wird beide Zulassungen benötigen und er wird im Schnittfeld der Finanzanlageberatung die Anforderungen der MiFID ebenso wie diejenigen der VVR erfüllen müssen. Er wird also nur dann am Markt erfolgreich sein, wenn in seinem Computer sowohl standardisierte Hinweise für den Umgang mit Interessenkonflikten als auch Risikoanalysen für Rentenversicherungen, Riester- oder Rürup-Policen zu finden sind.
Der moderne Finanzdienstleister wird eine Symbiose aus MiFID und VVR praktizieren und er wird dies nur umsetzen, wenn er sowohl für die gewerberechtlichen als auch die haftungsrechtlichen und die beratungs- und dokumentationsorientierten Pflichten auf Standardsoftware und Dienstleister zurückgreifen kann, die das Anforderungsprofil beider Richtlinien derart zusammenfassen und aufarbeiten, dass daraus eine an den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden – also eine interessenoptimierende Beratung wird.
Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski, Kurzfassung der MiFID-Studie. Die hier veröffentlichte Kurzfassung finden Sie im Original im PDF-Format mit Fußnoten unter: www.forschungsstelle-fdl.de