ARD-Podcast zur BU: Öffentlich-rechtliche Beratung?

Die ARD-Finanzredaktion hat sich in ihrer Podcastreihe „Gold und Asche" im Rahmen des „Projekts Versicherung“ mit der Berufsunfähigkeitsversicherung beschäftigt. Der Podcast stützt sich auf eine Reihe von Experten, darunter Prof. Fred Wagner (Universität Leipzig), Vermittler Bastian Kunkel („Versicherung mit Kopf"), Prof. Matthias Benken (FH Dortmund),  Vertreter des Sozialverbands VdK und der Verbraucherzentrale. Mit einer Leistungsprüferin der Allianz kommt auch ein Versicherer direkt zu Wort.

Die Kernbotschaft des Podcasts ist unmissverständlich: Die BU wird als eine der „allerwichtigsten Versicherungen" bezeichnet, die unbedingt früh abgeschlossen werden sollte. Der Podcast stellt die berühmt berüchtigte Statistik heraus, wonach jeder Vierte im Laufe seines Berufslebens berufsunfähig wird. Die Hauptursachen seien nicht etwa Unfälle (unter 10%), sondern Krankheiten – insbesondere psychische Erkrankungen.

Kritik an der staatlichen Absicherung

Die staatliche Absicherung wird im Podcast als völlig unzureichend dargestellt. Bastian Kunkel formuliert es drastisch: „Wenn man sich auf die staatlichen Leistungen verlässt, dann ist man eine Sache ganz sicher, nämlich verlassen." Die durchschnittliche Erwerbsminderungsrente von 1.000 Euro (2023) wird als „Armutsrente" bezeichnet, besonders da 14% der Bezieher zusätzlich Grundsicherung beantragen müssen.

Vermittlerrelevanz betont – aber Online-Abschluss nicht ausgeschlossen

Der Podcast warnt eindringlich vor einem eigenständigen Abschluss. „Geht eine Berufsunfähigkeitsversicherung niemals alleine an", lautet die klare Ansage. Prof. Matthias Benken (FH Dortmund) betont die Grenzen der Honorarberatung und den Mehrwert von Vermittlern bei der Angebotseinholung und individuellen Risikoprüfung.

Dennoch erwähnt der Podcast auch Vergleichsportale wie Check24 und Verivox – wenn auch mit dem Hinweis, dass diese als Versicherungsmakler Provisionen erhalten. Die differenzierte Darstellung verschiedener Beratungsmöglichkeiten könnte dennoch dazu führen, dass Verbraucher sich nach dem Podcast ausreichend informiert fühlen, um Online-Abschlüsse zu tätigen.

Gesundheitsfragen und Fallstricke

Der Podcast widmet einen beträchtlichen Teil den Gesundheitsfragen und möglichen Fallstricken. Bastian Kunkel betont, dass ein BU-Abschluss bei seiner Firma „mehrere Wochen" dauert – unter anderem wegen der gründlichen Prüfung der Krankenakten. Die vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung wird als einer der Hauptgründe für Leistungsverweigerungen dargestellt.

Der Podcast rät Kunden mit psychischen Vorbelastungen, den Abschluss zu verschieben, bis die Behandlung mindestens zehn Jahre zurückliegt und nicht mehr abgefragt werden muss.

Was die Hörer des Podcasts mitnehmen

Im Podcast erhalten die Kunden folgende Empfehlungen:

  • Früher Abschluss: Die Empfehlung eines frühen Abschlusses - auch für Kinder ab 10 Jahren - wird stark betont.
  • Gesundheitsprüfung: Kunden erwarten eine gründliche Prüfung ihrer Krankengeschichte.
  • Anonyme Risikovoranfragen: Der Podcast empfiehlt diese ausdrücklich - ein Argument für die Zusammenarbeit mit einem professionellen Vermittler.
  • Alternativen bei Ablehnung: Für den Fall einer Ablehnung werden Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, Grundfähigkeitsversicherungen oder Multi-Risk-Policen als Alternativen genannt.

Auch wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit diesem Podcast die Verbraucher für das wichtige Thema BU sensibilisiert: Es besteht die Gefahr, dass sich die Hörer nach 45 Minuten Podcast ausreichend informiert fühlen, um sich selbst zu beraten und online Verträge abzuschließen.

Kommentare

Karl Eberhardt am 30.04.2025 um 14:20:25

Schon blöd, wenn jemand nach Abschluss einer Psychotherapie 10 Jahre wartet, um eine BU-Versicherung abzuschließen. Es gibt viele Angebote, bei denen deutlich kürzere Abfragezeiträume gelten und deshalb bereits nach 3 oder 5 Jahren ein Abschluss möglich ist.