Frühstartrente: "10 Euro sind ein Start"

Im Podcast spricht Christian W. Röhl von Scalable Capital über die geplante Frühstartrente und erklärt, warum Deutschland eine zweite Chance auf eine echte Investmentkultur bekommt. Der Finanzexperte verrät auch, wie er das Depot seines eigenen Sohnes aufbaut – von Paw Patrol-Aktien bis zur Allianz.

Die 10-Euro-Frühstartrente: Mehr als nur Symbolpolitik

Auf die Frage nach seinem ersten Eindruck zur geplanten Frühstartrente antwortet Röhl ehrlich: "Im ersten Moment habe ich natürlich gedacht, das ist aber wenig. Und dann habe ich es noch mal gelesen und habe gedacht, über Details kann man sicherlich streiten, aber die grundlegende Idee, die ist ganz großartig."

Der Scalable-Manager sieht in den monatlichen 10 Euro für Schulkinder ab 2026 vor allem eine wichtige Signalwirkung: "Der Staat sagt damit auch, in Aktien zu investieren, am besten langfristig über ETFs jeden Monat, das wollen wir fördern und das schon ab dem Kindesalter an."

Deutschland verschwendete schon einmal eine historische Chance

Röhl wird bei der Diskussion auch selbstkritisch und erinnert an den Telekom-Börsengang Ende der 90er Jahre: "Der Staat hätte ja auch hingehen können, Bürgern allgemein das Thema Aktien nahe zu bringen. Aber das hat man ja nicht getan." Stattdessen blieb alles auf der Werbeschiene, ohne echte Finanzbildung zu vermitteln.

"Diese Chance haben alle, die damals in der Finanzbranche in irgendeiner Form tätig waren, versaut. Und das wollen wir nicht zum zweiten Mal machen", so Röhl rückblickend über die verpasste Gelegenheit der Telekom-Aktie.

Schweden als Vorbild: Einfachheit ist der Schlüssel

Als internationale Best Practice verweist Röhl auf Schweden, das 1999 eine Aktienrente einführte: "Die haben gezeigt, dass man das zu extrem günstigen Konditionen machen kann, denn es gibt diesen staatlich orchestrierten AP7-Fonds. Das ist die Standardlösung und nur wenn man die nicht will, dann hat man privatwirtschaftliche Alternativen."

Das schwedische Modell überzeugt durch Einfachheit: "Diejenigen, die sich gar nicht so mit der Auswahl und mit den Details beschäftigen wollen, die kriegen ein globales, sehr günstiges Standardprodukt."

Finanzbildung statt Beratung

Scalable Capital setzt bewusst auf Aufklärung statt Beratung. "Wir machen keine Beratung, keine Anlageempfehlung", erklärt Röhl. Stattdessen folgt man Warren Buffetts Philosophie: "Risk comes from not knowing what you're doing. Wir wollen, dass unsere Kunden wissen, was sie tun und wollen ihnen alles an die Hand geben, was sie dafür brauchen."

Demokratisierung der Geldanlage: Ein persönliches Anliegen

Röhl erzählt aus eigener Erfahrung, wie kompliziert und teuer Aktieninvestitionen früher waren: "Ich habe meine ersten Aktien Anfang der 90er Jahre gekauft. Da bist du in die Sparkasse gegangen, hast dann so einen grau gesichtigen Typ das Orderformular ausgefüllt. Du hast zwei Tage später dann erfahren, zu welchem Kurs die Aktien erworben wurden. Das Ganze war richtig teuer."

Die damalige Mindestprovision von 50 Mark bedeutete bei einer Investition von 1.000 Mark bereits 5 Prozent Verlust. "Insofern ist mir das mit dieser Demokratisierung schon sehr wichtig", betont der Finanzexperte.

Kinderdepot in der Praxis: Von Paw Patrol bis Allianz

Besonders persönlich wird es, als Röhl über das Depot seines achtjährigen Sohnes spricht. "Mein Sohn hat klassischerweise ETFs, die hat er auch gleich schon zur Geburt bekommen", erzählt er. Zusätzlich gibt es eine besondere Tradition: "Ich habe daraus die Tradition gemacht, er bekommt vier Aktien zum Geburtstag für einen kleinen Betrag."

Die Aktienauswahl erfolgt dabei sehr lebensnah: "Jeder Vater, jede Mutter weiß, irgendwann kommt man an Paw Patrol nicht vorbei. Und das gehört einem kanadischen Unternehmen, Spin Entertainment, davon habe ich ihm also ein paar Aktien gekauft."

Beim letzten Geburtstag durfte der Sohn selbst entscheiden: "Es musste die Allianz sein, denn wir waren drei Tage vor seinem Geburtstag in der Allianz Arena, er ist glühender FC Bayern Fan."

MSCI All Country World als Kernbaustein

Für Kinderdepots empfiehlt Röhl eine breite Streuung: "Gerade wenn wir über langfristige Zeiträume denken, müssen wir doch zugeben, wir wissen doch nicht, wer in den nächsten 5, 10 oder 15 Jahren jetzt Gewinner oder Verlierer ist." Als Kernbaustein sieht er daher einen MSCI All Country World ETF: "Das ist der Kern und da kann man dann natürlich einiges drumherum setzen."

Freibeträge als wichtigster Hebel

Auf die Abschlussfrage, was er in der Finanzbranche ändern würde, antwortet Röhl klar: "Ich würde die Menschen, die eigenverantwortlich sparen und für die Zukunft vorsorgen, gerne dafür nicht mehr bestrafen, sondern in höherem Umfang ermuntern, das zu tun."

Konkret fordert er eine drastische Erhöhung der Freibeträge: "Das wird für mich dann in die Richtung 5.000 bis 10.000 Euro gehen. Dann natürlich auch inflationsadjustiert und am besten vortragbar."

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