PSD2, PSR und Wero: Die Zukunft digitaler Bezahlsysteme in Europa

Im Podcast „Sound of Finance" von zeb spricht Moderatorin Clara Cardaun mit Anne-Sophie Morvan, Chief Commercial Officer bei LuxHub, und Nikola Jelicic, Expert Partner bei zeb, über die aktuellen Entwicklungen im europäischen Zahlungsverkehr.
Instant Payments, die neue europäische Zahlungsmethode Wero, Open Banking und kommende Regulierungen sind das Thema, denn der Zahlungsverkehr steht vor grundlegenden Veränderungen.

Open Banking: Viel Potenzial, aber noch Luft nach oben

Nach sechs Jahren PSD2 zieht Anne-Sophie Morvan eine gemischte Bilanz. Zwar gibt es mittlerweile 125 Account Information Service Provider und 197 Zahlungsinstitute in der EU, die entsprechende Dienste anbieten, doch die Nutzung variiert stark von Land zu Land. „In Frankreich muss ich oft erst erklären, was Pay-by-Bank auf einer E-Commerce-Seite bedeutet", berichtet Morvan aus ihrer Heimat.

Besonders erfolgreich sind Account Information Services im Unternehmensbereich. „Für Firmen sind Zahlungsverkehrsdaten extrem hilfreich, zum Beispiel für die Buchhaltung", erklärt die Expertin. Viele dieser Dienste sind direkt in ERP-Systeme integriert, was den Unternehmen erlaubt, Zahlungen direkt aus dem System auszulösen.

Die Herausforderungen bleiben jedoch bestehen: Banken müssen ihre PSD2 APIs ohne Vergütung bereitstellen, was zu Qualitätsproblemen führt. Hinzu kommen unterschiedliche Interpretationen von Standards und technische Schwierigkeiten im Alltag.

Regulierung als Motor der Innovation

Nikola Jelicic bringt es auf den Punkt: „In Europa ist nie eine Innovation vollendet ohne Regulierung. Ohne diese regulatorischen Motivationen passiert relativ wenig." Dies hänge mit der Fragmentierung des Marktes und der Vielzahl konkurrierender Player zusammen.

Bei den aktuellen Kundenprojekten von zeb steht die Einführung von Instant Payments im Vordergrund. Jelicic betont jedoch, dass solche Projekte immer auch eine strategische Komponente haben: „Wie verändert sich jetzt die Zahlungsverkehrslandschaft mit Instant Payment zusammen?" Die Kosten-Nutzen-Abwägung der Banken beschränke sich dabei nicht nur auf finanzielle Aspekte, sondern umfasse auch Kundenbindung und Innovation.

FIDA: Chancen für Unternehmen, Herausforderungen für Banken

Die Financial Data Access Regulation befindet sich derzeit in den Trilog-Verhandlungen. Anne-Sophie Morvan sieht hier großes Potenzial, warnt aber auch vor Einschränkungen. In der aktuellen Textversion sei der Anwendungsbereich auf Privatkunden und KMU beschränkt, während große Unternehmen ausgeschlossen wären. „Viele Corporates werden wahrscheinlich nicht verstehen, warum sie nicht davon profitieren können", so Morvan.

Nikola Jelicic gibt zu bedenken: „Der durchschnittliche europäische Kunde hat so vier, fünf Anbieter im finanziellen Bereich. Und jetzt soll FIDA möglich machen, dass alles in einem Interface stattfindet." Die Gefahr bestehe darin, dass durch zu viel Regulierung in einem ohnehin margenarmen Geschäft die Innovation erdrosselt werden könnte.

Instant Payments und Verification of Payee: Sicherheit in Echtzeit

Mit der verpflichtenden Einführung von Instant Payments in Europa kommt auch die Verification of Payee, ein Ampelsystem zur Betrugsprävention. Anne-Sophie Morvan erklärt: „Durch die sofortige Abwicklung kann das Betrugsrisiko höher sein. Die regulatorische Antwort ist unter anderem die Verification of Payee."

Nikola Jelicic sieht das System grundsätzlich positiv, weist aber auf Herausforderungen hin: „Grundsätzlich ist Verification of Payee in diesem Ampelsystem sehr einfach und für einen normalen Privatkunden sehr intuitiv." Schwieriger werde es jedoch im Firmenkundenbereich oder bei Gemeinschaftskonten, wo häufig nicht der vollständige Name aller Kontoinhaber angegeben wird.

Langfristig zeigt sich Jelicic optimistisch: „Ich glaube, wir starten im Oktober und sehen zu, wie sich die Erfahrungen sammeln. Ich glaube aber, dass wir in ein paar Jahren das so selbstverständlich sehen werden, dass wir uns gar nicht mehr an die Zeit davor erinnern werden können."

Neue Haftungsregeln: Banken in der Verantwortung

Die Payment Services Regulation führt verschärfte Haftungsregeln ein. Nikola Jelicic erklärt: „Prinzipiell soll bei erst mal allen per Default Betrugsfällen der Zahlungsdienstleister für eventuelle Verluste haften." Dies bedeute eine größere Anforderung an Banken, ihre Kunden besser auszubilden und Warnsignale zu entwickeln.

Die Banken würden sich bereits jetzt überlegen, wie sie diese Kundenausbildung gestalten und Risiken besser kommunizieren können. Schließlich wolle keine Hausbank Betrugsfälle mit dem Kunden ausfechten müssen.

Wero: Europas Antwort auf PayPal

Die European Payments Initiative hat mit Wero eine pan-europäische Bezahlalternative geschaffen. Nikola Jelicic ist überzeugt: „Der Schlüssel zum Herzen des Konsumenten ist der Peer-to-Peer Use-Case." Dieser sei zwar nicht monetarisierbar, aber unglaublich wichtig für die Kundenschnittstelle.

Nach dem Peer-to-Peer Start sollen E-Commerce und später auch Point-of-Sale Zahlungen folgen. „Es hat Potenzial", so Jelicic. Besonders spannend sei, dass man in vielen täglichen Situationen, etwa beim Reparaturdienst oder Babysitter, nur in bar bezahlen könne, wenn man Geld sofort übergeben wolle.

Anne-Sophie Morvan sieht drei entscheidende Erfolgsfaktoren für Wero: Es müsse super einfach zu benutzen sein, europaweit funktionieren und von vielen Händlern akzeptiert werden. Die Zusammenarbeit von EPI mit der European Payments Alliance, die nationale Lösungen wie Bancomat, Visum oder Vips Mobile Pay vereint, sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Standards: Nicht immer neu, sondern das Vorhandene nutzen

Bei der Diskussion um Standards warnt Nikola Jelicic vor „Standardsmüdigkeit". „Wenn alle paar Jahre neue Standards dazukommen und neue angekündigt werden, dass man sich da als Player im Zahlungsverkehr oft mit einem minimalistischen Ansatz, einer reinen regulatorischen Umsetzung positionieren will." Die Umsetzung allein koste genug Kräfte, sodass keine Ressourcen für Innovation übrig blieben.

Anne-Sophie Morvan plädiert dafür, auf Bestehendes aufzubauen: „Ich bin der Meinung, dass wir so weit wie möglich auf dem aufbauen sollten, was bereits besteht und breit angenommen ist." Bei LuxHub versuche man, die PSD2 API für eine große Vielfalt von Use Cases zu nutzen, was den Aufwand reduziere und Banken zeige, dass ihre Open Banking Investitionen auch für andere Zwecke genutzt werden können.

Ausblick: Sicherheit, Souveränität und neue Regulierungen

Für die kommenden drei Jahre identifiziert Anne-Sophie Morvan drei wichtige Bausteine: erstens die Betrugsprävention durch KI, zweitens die Verbreitung souveräner Zahlungsmethoden wie Wero und drittens die Vorbereitung auf PSR und FIDA, die realistisch betrachtet wohl erst ab 2027 richtig spürbar werden.

Nikola Jelicic erwartet, dass sich die Zahlungslandschaft zunächst verkomplizieren wird, bevor eine Vereinfachung für den Konsumenten eintritt. „Zunächst werden wir mehr haben, um dann eine Vereinfachung zu erleben: Der Konsument verwendet dann einfach ein Gerät bzw. eine Schnittstelle und zahlt damit." Langfristig könne dies zu einer Konvergenz verschiedener Kontoarten führen, bei der die digitalen Identität der Person entscheidend wird.

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