Makler im Doppelrechtsverhältnis auch zum Versicherer

27.07.2015 10:10:16

Hallo Listenteilnehmer,

in der neuesten Ausgabe von value schreibt RA Evers, der Versicherungsmakler
sei einerseits allein dem Interesse des Kunden verpflichtet, andererseits
habe er Schutzpflichten gegenüber dem Versicherer, und stehe somit "in
gewissem Umfang in einem Doppelrechtsverhältnis".
Dies werde besonders - wie z.B. bei der Administration vermittelter und
betreuter Versicherungsverträge - deutlich, "wenn der Makler Leistungen für
den Versicherer übernimmt", wodurch ggf. "eine gesonderte
rechtsgeschäftliche Beziehung" entstehe.

Doch trete der Makler bereits "auch bei der bloßen Anbahnungstätigkeit für
den Kunden in ein gesetzliches Schuldverhältnis zum Versicherer", aus dem
sich für ihn eine besondere Schutzpflicht gegenüber dem Versicherer ergäbe,
die "Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Versicherers"umfasse.

Gegenüber dem Versicherten befinde er sich in einer Bemühungspflicht, in der
"das Kundeninteresse grundsätzlich Vorrang gegenüber den Schutzinteressen
des Versicherers" habe, allerdings nur, "wenn sie rechtmäßig und wirksam
begründet" seien.

Ist das denn so korrekt?

Das bedeutet doch, dass Makler durchaus sich auch gegenüber dem Versicherer
zu Leistungen verpflichten können, und damit hier auch eine zusätzliche
Einkommensquelle erschließen können, oder? Dass sie "allein dem Interesse
des Kunden verpflichtet" sind, steht dem nicht entgegen.

Schöne Grüße

[Name ausgeblendet]

Auf diesen Beitrag antworten...


28.07.2015 08:12:57

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Frage für mich ist, ob ich als Versicherungsmakler noch Vermittler
in Sinne der Maklertradition bin. Der Mäkler im Jahre 1817 zu Hamburg
war unabhängig und nur durch die geltende Mäklerordnung reguliert (s.
Mäklerordnung vom 28.11.1817 veröffentlicht bei Beukmann, Geschichte
des Hamburger Mäklerrechts S.149). Er hatte besondere Pflichten
gegenüber dem Auftraggeber und dem, mit dem er das aufgetragene Geschäft
schließt.
Spätestens mit der Einführung des neuen Versicherungsvermittlungsrechts
in 2007 bis 2012 hat sich der Pflichtenkatalog gegenüber dem
Auftraggeber vergrößert und gegenüber dem Versicherungsunternehmen
reduziert. Pflichten gegenüber dem Versicherer werden vorallem im
Auftrag und im Interesse des Kunden wahrgenommen und nicht mehr aus
gesetzlichem Auftrag. Der Versicherungsmakler ist Interessenvertreter
und betreibt m.E. mehr eine entgeltliche Geschäftsbesorgung im Sinne
des § 675 BGB als eine Vermittlung. Oder anders ausgedrückt, er ist
Einkäufer für den Versicherungsschutz des Kunden. Das wiederum schließt
irgendeine vertragliche Verpflichtung gegenüber dem Versicherer aus.

--
Mit freundlichen Grüßen

[Name ausgeblendet]

Auf diesen Beitrag antworten...

28.07.2015 11:11:15

Hier ein älterer Artikel von RA Evers:
http://bme-law.de/cms_sources/dateien/publikationen/2009/versicherungswirtschaft/Versicher

Kurz ankommentiert:
Einerseits sind die gesetzlichen Vorschriften des VVG relevant, andererseits
die des HGB ("Handelsmakler", hieraus leitet Evers die Doppelrechtsposition
ab) sowie die des BGB ("Zivilmakler", darauf geht Evers nicht ein).
Klar erkennen sollte man, dass Rechtsprechung ("Sachwalterurteil" 1985) und
Gesetzgeber (in Umsetzung des Sachwalterurteils mit der Novellierung VVG
2007) die alte Mittlerrolle des Maklers faktisch abgeschafft haben.
Der Makler ist klar auf Seiten des VN positioniert und darf Nichts
unternehmen, was die Interessen des VN gefährden könnte.

Wo der Makler im Lager des Versicherers stehen soll ist mir unklar, gerne
nehme ich hierzu Quellen (Gesetze, Urteile, Kommentare) entgegen.
Die alte, durch im Lager der Versicherungswirtschaft stehende Juristen
postulierte Doppelrechtsposition des Maklers sollte man spätestens seit dem
Sachwalterurteil zu den Akten gelegt haben - da war der Wunsch Vater des
Gedankens.

Insbesondere:
Wenn der Makler für den VN Aussagen trifft, dann sollte man das auch dem VN
zurechnen, und nicht aus einem Doppelrechtsverhältnis mit der Begründung §§
93 ff HGB ableiten wollen.
Hier besteht offensichtlich noch Handlungsbedarf bei einigen Gerichten bis
hin zum BGH das so auch zu erkennen.
Schließlich muss auch ein RA weder der Staatsanwaltschaft, noch dem Gericht
zuarbeiten, sondern er ist alleine seinem Mandanten gegenüber verpflichtet.
;)
Auch wenn er selbstverständlich Organ der Rechtspflege ist und sich im
Rahmen der Gesetzesumgebung verhalten muss.

Hinweis:
Der Assekuradeur war schon immer letztlich Mehrfachvertreter, die
Bezeichnung Makler ist hierfür letztlich irreführend.

Mit den besten Grüßen

[Name ausgeblendet]

Auf diesen Beitrag antworten...