Stornohaftungszeiten

05.08.2011 15:36:25

Sehr geehrter Herr [Name ausgeblendet],

das Ärgernis sehe ich teilweise auch, zumindest was den Bereich der nicht
vorhersehbaren und nicht beeinflussbaren Stornogründe (Arbeitslosigkeit etc.)
angeht. Aber dafür gibt es ja mittlerweile Lösungen am Markt.

Rein formal allerdings:
Stornohaftungszeiten und Rückzahlungsmodalitäten haben ja keine Gesetzeskraft,
sondern sind vertraglich vereinbart und Verträge muss man ja nicht
unterschreiben, bzw. man muss ja nicht auf diskontierte Auszahlung bestehen.
Dass der wirtschaftlich stärkere Partner = VU die Vertragsbedingungen mit dem
Makler mehr oder weniger diktiert, ist irgendwie blöde für den Makler, aber so
ist nun Mal das Leben. Der Perspektivenwechsel sorgt eventuell für mehr
Verständnis: vielleicht würden Sie auch nicht das volle Risiko für einen Vorgang
(=Abschluss des Vertrages) übernehmen wollen, ohne den Vorgang an sich umfassend
kontrollieren zu können. Eine erweiterte Kontrolle durch VUs nach dem Motto
"Anruf beim Kunden, indiskrete Nachfragen nach der Bonität, umfangreiche
Überprüfung der Möglichkeiten zur Erfüllung des angestrebten Vertrages etc."
wollen wir doch wohl auch nicht akzeptieren (da könnte das Geschäft schon vor
dem Storno "storniert" werden).

Wir würden es an Stelle der Versicherer wahrscheinlich ebenso (oder so ähnlich)
machen, wenn wir täglich die Erfahrung von schlecht beratenen und deshalb wieder
stornierten Verträgen machten (und die Erfahrung ist nun mal nicht
wegzudiskutieren).

Letztendlich bezahlt Sie auch nicht das VU für das übermitteln eines
unterzeichneten Antrags, sondern für die Vermittlung eines gut beratenen, solide
und auf dauerhafte Durchführung angelegten Vertrages.

Was den Vergleich mit Anwälten angeht: der ist ja sehr beliebt, aber leider in
zweifacher Hinsicht nicht passend. Bei Anwälten gibt es zum einen eine
zwingende, standardisierte an hohen Maßstäben ausgerichtete Ausbildung, die es
in unserem Bereich nicht gibt. Sowohl Zugang zum als auch Durchführung des
Anwaltsberufes sind an hohe allgemeine und standesrechtliche Normen gebunden,
die es so bei uns nicht gibt. Der Vorteil der Gebührenordnung und des
Zustandekommens des Honorars wird eben auch mit "Nachteilen" erkauft (die ihre
guten Gründe haben). Das Anwaltshonorar ist übrigens nicht am Erfolg gebunden,
weil er ihn ja auch selber gar nicht herstellen kann (Recht sprechen machen ja
immer noch die Richter). Das soll nicht [Name ausgeblendet]en, dass alle Anwälte super sind und
alle Vermittler schlecht, es sind eben nur Unterschiede. Zum zweiten zieht der
Vergleich nicht, weil Sie Ihre Idealvorstellung sehr einfach selber
verwirklichen können. Sie können mit Ihrem Kunden ein Vermittlungshonorar
vereinbaren und sich dieses von ihm bezahlen lassen. Die reine Lehre geht auch:
melden Sie sich als Versicherungsberater an und Schwups haben Sie genau das, was
Sie wollen: ein Honorar, das an die Beratung und nicht an die Vermittlung
geknüpft ist und das keinerlei Stornohaftung unterliegt.

Unterm Strich verbleibt für mich nur das Ärgernis, dass die meisten VUs nicht
nach "guten" und "schlechten" Vermittlern unterscheiden und trotz der Kenntnis
einer gegen Null tendierenden Stornoquote standardmäßig 10% Kaution und / oder
Vertrauensschadenversicherungsbeiträge verlangen, die sich eben nicht am Erfolg
(= niedriges Storno ) orientieren, sondern mehr oder weniger für alle gleich
sind. Da bezahlen die guten für die schlechten mit.

Mit den besten Grüßen

[Name ausgeblendet]

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