Eine luxuriöse Motoryacht der Marke Elegance 80 New Line sollte in einer Werft gewartet werden. Während des Auskranvorgangs mit einem sogenannten Travel-Lift ereignete sich das Unglück: Der Träger des Hebegeräts riss und die Yacht stürzte zu Boden. Die Schäden waren erheblich.
Der Yachteigner hatte bei der beklagten Versicherung eine Sportboot-Kaskoversicherung als Allgefahrenversicherung abgeschlossen. Die Versicherungssumme war 2019 auf 1.030.000 Euro erhöht worden, mit einer Selbstbeteiligung von 5.000 Euro je Versicherungsfall.
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Streitpunkt: Anlandholen oder Transport?
Die Versicherung weigerte sich, den vollen Schaden zu regulieren. Sie berief sich auf Ziffer 5.2.2 ihrer Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB), wonach Transportschäden nur bei bestimmten Ereignissen wie Unfällen, Brand oder Diebstahl gedeckt seien.
Das Landgericht Köln sah dies anders. Die entscheidende Frage war, ob der Vorgang als "Transport" oder als "Anlandholen" im Sinne der Versicherungsbedingungen zu werten sei. Nach Ziffer 2.6 der AVB ist das Anlandholen grundsätzlich versichert.
Das Gericht stellte klar: Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer würde davon ausgehen, dass das Anlandholen nicht bereits mit dem Verlust des Wasserkontakts endet, sondern erst abgeschlossen ist, wenn das Schiff seinen bestimmungsgemäßen Stellplatz erreicht hat und dort sicher zum Stehen gekommen ist.
Keine heimliche Mitversicherung
Zusätzlich versuchte die Versicherung, ihre Zahlungspflicht auf 75 Prozent zu begrenzen. Sie behauptete, eine weitere Versicherung sei in den Vertrag eingetreten und reduziere entsprechend ihren Haftungsanteil.
Auch hier folgte das Gericht nicht. Die Richter betonten, dass eine sogenannte "offene Mitversicherung" nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Versicherungsnehmers wirksam sei. Eine bloße Information über einen beabsichtigten Eintritt reiche nicht aus.
In sämtlichen Nachträgen zum Versicherungsvertrag war explizit vermerkt "Ansonsten keine weiteren Änderungen" - auch nach dem angeblichen Eintritt des weiteren Versicherers. Die Beklagte blieb somit zu 100 Prozent zahlungspflichtig.
Sachverständiger bestätigt Totalschaden
Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger ermittelte die Reparaturkosten auf Basis einer umfassenden Besichtigung vor Ort. Das Ergebnis: Die Wiederherstellungskosten inklusive Transportkosten übersteigen die Versicherungssumme und führen damit zu einem wirtschaftlichen Totalschaden.
Der Sachverständige listete sämtliche Beschädigungen detailliert auf und kalkulierte Reparaturkosten von über 1.037.000 Euro brutto. Besonders berücksichtigt wurden dabei auch die Kosten für eine Komplettlackierung, da durch die vielen Risse eine umfassende optische Wiederherstellung erforderlich war.
Reparatur in Deutschland zumutbar
Die Versicherung argumentierte, eine günstigere Reparatur in Spanien sei möglich und zumutbar. Das Gericht wies auch dies zurück.
Die Richter führten mehrere Gründe an: Das spanische Recht sieht nur eine sehr kurze Gewährleistungsfrist von sechs Monaten vor. Eine Reparatur in vertrauter Sprache und bekannten rechtlichen Verhältnissen ist bei einem so hohen Schadenswert von besonderem Belang. Der finale Umfang der Reparaturen stand noch nicht fest, was weitere Kommunikation erforderlich machen könnte. Die deutschen Unternehmen kannten das Schiff bereits oder waren sogar der Hersteller.
Aktenzeichen: LG Köln, Urteil vom 11.12.2023 – 20 O 18/23
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