Digitale Mogelpackung: Wie Krankenkassen die elektronische Patientenakte verschleiern

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat in einer aktuellen Untersuchung die Informationsschreiben von 14 Krankenkassen zur elektronischen Patientenakte (ePA) unter die Lupe genommen - mit erschreckenden Ergebnissen.

Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für GKV-Versicherte sollte ein politischer Meilenstein der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden. Doch das Prestigeprojekt von Gesundheitsminister Karl Lauterbach gerät zunehmend in die Kritik. Allen voran das sogenannte Opt-out-Verfahren: Wer nicht möchte, dass seine Gesundheitsdaten digital gespeichert werden, muss aktiv widersprechen. Doch gerade hier gibt es erhebliche Mängel.

Unvollständige und irreführende Informationen

Die gesetzlichen Krankenkassen sind nach § 343 SGB V verpflichtet, ihre Versicherten umfassend, verständlich und barrierefrei über die ePA zu informieren. In der Realität fehlen in den untersuchten Anschreiben an die Versicherten klare Hinweise zu Widerspruchsrechten und Datenschutzfragen. In einigen Fällen wird sogar suggeriert, die Nutzung der ePA garantiere eine schnellere oder bessere medizinische Versorgung - eine unhaltbare Behauptung.

Fragwürdige Werbeversprechen

  • AOK Bayern suggeriert automatisch bessere medizinische Versorgung
  • Die HKK Krankenkasse bezeichnet die ePA als „hochsicher und geschützt" - ohne die entscheidenden Sicherheitsrisiken zu erwähnen.
  • Die Techniker Krankenkasse verspricht, nie wieder nach dem gelben Impfpass suchen zu müssen - obwohl der elektronische Impfpass erst „perspektivisch" eingeführt werden soll.

Widerspruchsrecht: Hürde statt Hilfe

Das Opt-out-Verfahren wird von den Krankenkassen bewusst kompliziert gestaltet. Während der Bundesdatenschutzbeauftragte ausdrücklich vielfältige Widerspruchskanäle fordert, schränken die Krankenkassen die Möglichkeiten ein:

  • Oft nur Online-Formulare - ein Problem für alte Menschen
  • Teilweise nur postalischer Widerspruch
  • Keine telefonischen Möglichkeiten

Datenschutz: Mehr Risiko als Sicherheit

Zentrale Schwachstelle bleibt der Datenschutz. Entscheidende Informationen bleiben verborgen:

  • Im Prinzip können alle Dienstleister auf die Daten zugreifen.
  • Sicherheit hängt vom jeweiligen Endgerät ab
  • Keine transparente Darstellung der Zugriffsrechte

Fazit: Mogelpackung mit Systemmängeln

Die ePA startet als Mogelpackung. Die Versicherten werden in eine digitale Infrastruktur gedrängt, deren Risiken und Grenzen nicht transparent kommuniziert werden. Der VZBV bringt es auf den Punkt: Die Krankenkassen erfüllen die gesetzlichen Informationspflichten nicht. Sie schaffen Barrieren statt Klarheit und gefährden damit das Vertrauen in ein potenziell sinnvolles digitales Gesundheitsinstrument. Verbraucherschützer fordern die strikte Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, damit alle Versicherten eine informierte Entscheidung treffen können.

Die Frage ist: Digitalisierung der sensibelsten Daten des Menschen um jeden Preis - oder eine Digitalisierung, die auf Freiwilligkeit und Transparenz setzt?

Kommentare

Milnik am 12.12.2024 um 17:46:24

Statt der Verbraucherschutz dazu beiträgt die Schwachstellen abzubauen hat man den eindruck er blockiert Fortschritt. So wie in Deutschland allgemein Datenschutz als Fortschrittsbremse. Ich sehe in der ePA einen Fortschritt und die Problemfelder sind dazu da, dass sie abgebaut werden und nicht als Verhinderer benutzt werden.